Asylbewerber Mohammad Saber: Mit Schleusern in die Freiheit
WOCHENBLATT-Serie über Asylbewerber: Mohammad Saber floh aus Afghanistan / "Die Taliban würden mich töten"
os. Buchholz. Ein Bett, eine Couch, ein Schrank, ein Fernseher, zwei Tische, zwei Stühle - das ist die karge Ausstattung im neuen Zuhause von Mohammad Samim Saber (20). Seit eineinhalb Monaten ist Saber in der Asylantenunterkunft in Buchholz untergebracht. Mohammad teilt sich das rund zehn Quadratmeter große Containerzimmer mit seinem afghanischen Landsmann Burhanuddin Ashrafi. Hinter Saber liegt eine abenteuerliche Flucht.
Im Oktober 2012 verließ er sein Heimatland. Er war vermutlich von Taliban mit einem Messer attackiert und an Bein und Rücken verletzt worden. "Mir wurde klar gemacht, dass ich als Verräter beim nächsten Mal nicht so glimpflich davonkomme", erklärt Mohammad. Er arbeitete als Übersetzer für die Bundeswehr in Kundus und Kabul, verdiente knapp 700 Dollar pro Monat. "Ich wusste sämtliche Geheimnisse in Kundus und war deshalb wichtig für die Taliban", sagt Mohammad Saber. Die einzige Möglichkeit zu überleben war für den jungen Mann die Flucht.
Diese war abenteuerlich: Mit Schleuserbanden, die er bezahlen musste, kam Mohammad Saber über Pakistan, Iran und die Türkei in Griechenland das erste Mal auf europäischen Boden. Beinahe hätte er es nicht erlebt, weil das Schlauchboot kurz vor dem Festland kenterte. Über Italien, Frankreich und Belgien reiste Mohammad weiter in die Niederlande. Bei der Einreise von dort nach Deutschland griffen Polizisten den Ex-Dolmetscher auf und transportierten ihn ins zentrale Aufnahmelager in Friedland. Von dort ging es nach Buchholz.
"Eigentlich wollte ich nach Nürnberg", berichtet Mohammad. Die Armee hatte ihm einen Zettel mit der Adresse des Bundesamtes für Migration mitgegeben, an das er sich wenden solle. Dort werde ihm geholfen. Stattdessen wartet er im fernen Buchholz auf Hilfe. "Viel mehr als warten kann ich derzeit nicht", sagt er. Asylbewerber Mohammad Saber wartet auf die Bestätigung, in Deutschland bleiben zu dürfen. Parallel lernt er Deutsch. Auch hier heißt es warten: Seinen Grundkursus hat er absolviert, der nächste Sprachkursus war schon voll. Mohammads Traum ist es, später wieder als Dolmetscher zu arbeiten. Wo das sein wird, weiß er noch nicht. Nur nach Afghanistan kann Mohammad Saber nicht zurück: "Dort würden mich die Taliban töten."
Am meisten vermisst Mohammad seine Familie. Seine Eltern, drei Brüder, zwei Schwestern, Neffe und Nichte wohnen noch in Kabul. Über das Internet halten sie Kontakt. "Ich fühle mich oft allein", sagt Mohammad.
In Buchholz fühlt sich Mohammad Saber gut aufgenommen: "Die Bürger hier sind sehr nett. Sie geben einem nicht das Gefühl, ein Fremder in ihrer Stadt zu sein." Das gelte vor allem für die, mit denen er Englisch sprechen kann. Auf bessere Deutsch-Kenntnisse muss Mohammad ja noch warten.
Redakteur:Oliver Sander aus Buchholz | |
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