Stadtrat Buchholz
Ein minikleiner Schritt in Richtung Ostumfahrung

Der nördliche Teil der Vorzugsvariante der Ostumfahrung. Diese soll als Grundlage für weitere Planungsschritte genommen werden  | Foto: Grafik: MSR
  • Der nördliche Teil der Vorzugsvariante der Ostumfahrung. Diese soll als Grundlage für weitere Planungsschritte genommen werden
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os. Buchholz. Der Buchholzer Stadtrat hat den Weg für weitere Planungen für die Ostumfahrung freigemacht: Mit 23:12 Stimmen nahmen die Lokalpolitiker am Dienstagabend die vom Planungsbüro IGBV erarbeitete Vorzugsvariante zur Kenntnis. Gleichzeitig wurde Bürgermeister Jan-Hendrik Röhse aufgefordert, mit dem Landkreis Harburg Gespräche über die Aufteilung der Kosten und die Durchführung eines dann anstehenden Planfeststellungsverfahrens aufzunehmen. Für die Vorlage stimmten CDU, FDP, AfD und Teile der SPD, dagegen Buchholzer Liste, Grüne und Linke. Ebenfalls mehrheitlich beschlossen wurde der SPD-Antrag, vor der endgültigen Entscheidung für den Bau der Straße dem Rat die Gesamtvariante, deren Kosten sowie die Finanzierung zum Beschluss vorzulegen.
Bei der Debatte im Stadtrat wurde deutlich: Bis zur Umsetzung der im Rahmen des Stadtentwicklungsprojekts "Buchholz 2025plus" geplanten umstrittenen Straße wird noch einige Zeit vergehen. Und: Wer geglaubt hatte, dass die jahrzehntelange Debatte um die Straße, früher Ostring genannt, durch die Verquickung des Straßenneubaus und der Schaffung von (bezahlbarem) Wohnraum beendet ist, wurde eines Besseren belehrt. Die Gräben sind längst wieder aufgerissen, auch im Wahlkampf für die anstehende Kommunalwahl am 12. September wird die Ostumfahrung eine zentrale Rolle spielen.
Die Ostumfahrung sei "überflüssig wie ein Kropf" und widerspreche den Zielen des Klimaschutzes, betonte Christoph Selke, Fraktionsvorsitzender der Buchholzer Liste. Der bei "Buchholz 2025plus" geplante soziale Wohnungsbau sei in Wirklichkeit ein "trojanisches Pferd, in dem sich die Ostumfahrung verbirgt", sagte Udo Antons (Die Linke). Gudrun Eschment-Reichert (SPD) erklärte, dass man lieber in ein autoarmes Wohnquartier auf der Rütgersfläche in Bahnhofsnähe sowie in den Stadtumbau West - die Umgestaltung des Bahnhofsumfeldes - investieren und den ÖPNV stärken solle. Joachim Zinnecker (Grüne) drohte indirekt mit einer Klage - wie damals schon gegen den Ostring. "In zehn bis 15 Jahren werden wir wieder eine Entscheidung des Oberverwaltungsgerichts gegen eine Straße haben und wieder bei null stehen", sagte Zinnecker.
Gerade durch die geplanten Neubauprojekte wie auf der Rütgersfläche und anderen Vorhaben im Süden der Stadt sei die Ostumfahrung wichtiger denn je, entgegnete CDU-Ratsherr Jan Bauer. SPD-Fraktionsvorsitzender Frank Piwecki warb um ein gemeinsames Vorgehen: "Wir tun uns keinen Gefallen damit, wenn wir die Stadtgesellschaft weiter auseinanderdividieren." Klar sei, dass man den bei "Buchholz 2025plus" geplanten neuen Wohnraum benötige, und ebenso klar sei, dass das mit einer Erschließungsstraße einhergehen müsse. Es bedürfe einer "durchdachten Planung", um den Flächenverbrauch für die Umgehungsstraße so gering wie möglich zu halten.
"Ich halte es für falsch, den Ausbau der Infrastruktur gegen den Klimaschutz auszuspielen", betonte Bürgermeister Jan-Hendrik Röhse. "Buchholz 2025plus" sei ein Gesamtkonstrukt, das für die kommenden Jahrzehnte angelegt sei. Er ging mit den Kritikern hart ins Gericht. Es sei ein Glücksfall, dass ein Investor die Rütgersfläche entwickeln wolle. Dort auf ein autoarmes Gebiet zu setzen, sei aber lebensfremd, sagte Röhse in Richtung der Sozialdemokratin Eschment-Reichert. "Es gehört zur Lebenswirklichkeit, dass für viele Menschen das Auto im Alltag unverzichtbar ist." Man könne den Menschen nicht zumuten, die Rütgersfläche zu entwickeln, ohne das Verkehrsproblem in Buchholz gelöst zu haben. Wenn man die Stärkung des ÖPNV z. B. für die Pendler nach Hamburg fordere, müsse man auch sagen, dass dafür der Bau mindestens eines weiteren Gleises notwendig sei. "Wissen Sie, wie viel Boden man dafür versiegeln und wie viele Bäume dafür gefällt werden müssten?", fragte Röhse.

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Moment mal

[/b](K)ein Platz für Besserwisserei - warum Besuche des Buchholzer Stadtrats derzeit keinen Spaß machen

Demokratie zu leben, heißt in der Lokalpolitik, um das für die Kommune beste Ergebnis zu ringen. Dazu gehört, dem anderen zuzuhören, seine Argumente aufzunehmen und am Ende einen Kompromiss zu finden. So ist der Idealzustand. In Buchholz hat man derzeit das Gefühl, dass Lokalpolitik mit Besserwisserei und Egotrips verwechselt wird, frei nach dem Motto: "Ich erkläre dir jetzt mal die Welt, und wenn du nicht meiner Meinung bist, dann bist du ein schlechter Mensch." Diesen Diskussionen beiwohnen zu müssen, macht keinen Spaß und ist eine Zumutung für die Zuhörer.
Bestes Beispiel war die Diskussion im Stadtrat um einen interfraktionellen Antrag von SPD, Bündnis 90/Grüne, Buchholzer Liste, AfD, Linke und dem fraktionslosen Ratsherrn Hans-Wilhelm Stehnken, unverzüglich einen Klimaaktionsplan aufzustellen, dessen Umsetzung die Stadt Buchholz bis spätestens zum Jahr 2035 klimaneutral macht. CDU und FDP stellten den Änderungsantrag, das Jahr 2050 in den Antrag hineinzuschreiben, so wie es die niedersächsische SPD/CDU-Landesregierung als Ziel formuliert hat. Dass ein Klimaaktionsplan erstellt werden soll, in dem Klimaschutzprojekte vor Ort benannt werden, war also Konsens. Eine gute Voraussetzung, einen Kompromiss zu suchen, sollte man meinen. Tatsächlich wurde verbal auf den jeweils Andersdenkenden eingedroschen oder Redebeiträge aus der letzten Reihe durch kontinuierliches Gebrabbel kommentiert. Von fehlendem Ehrgeiz war die Rede, von mangelhaftem Engagement, von Lüge und bösartigen Unterstellungen. Was war das Ende vom Lied? Der Antrag wurde so umformuliert, dass der Klimaaktionsplan erstellt werden soll. In ihm soll benannt werden, unter welchen Umständen Buchholz bis zum Jahr 2035 klimaneutral werden könnte und unter welchen Umständen bis zum Jahr 2050. Ein klassischer Kompromiss also!
Warum nicht gleich so?, fragt man sich als Außenstehender. Warum den anderen niederputzen, anstatt direkt nach einer Lösung zu suchen? Liegt es am beginnenden Wahlkampf? Ich vermisse die Buchholzer Liste der vergangenen Ratsperiode. Die Ratsherren Karsten Müller und Peter Eckhoff waren damals eine ausgleichende Kraft, denen die Suche nach einem Kompromiss wichtig war und die zwischen den politischen Lagern vermittelten. Mittlerweile ist die Buchholzer Liste zu einer monothematischen Gruppierung - es zählt nur noch der Klimaschutz - geworden. Und der Duktus ist nicht mehr vermittelnd, sondern: "Ich erkläre dir jetzt mal die Welt ..." Oliver Sander

Redakteur:

Oliver Sander aus Buchholz

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