Migrant wurde vor 30 Jahren erstochen
Erinnerung an Kolong Jamba
In Kürze jährt sich ein Ereignis zum 30. Mal, das aus der öffentlichen Wahrnehmung in Buchholz weitgehend verschwunden ist: Am 7. Dezember 1993 wurde Kolong Jamba, ein 19-jähriger Flüchtling aus dem afrikanischen Staat Gambia, im Eilzug von Hamburg nach Buchholz kurz vor dem Erreichen des Bahnhofs der Nordheidestadt von dem Buchholzer Wilfried S. (54) niedergestochen. Kolong Jamba, der eigentlich Bakery Singateh hieß, verstarb wenig später im Buchholzer Krankenhaus. Anlässlich des 30. Todestages von Kolong Jamba organisieren die Verantwortlichen der antifaschistischen Begegnungs- und Bildungsstätte Heideruh Erinnerungswochen: Vom 6. bis 21. Dezember wird in der Buchholzer Stadtbücherei (Kirchenstr. 6) die Ausstellung "Erinnern heißt kämpfen! Zwischen Anerkennung und Vergessen. Todesopfer rechter Gewalt in Niedersachsen seit 1990" gezeigt. Für Bea Trampenau von der Heideruh steht fest: "Tat und Gerichtsverfahren waren rassistisch."
Im ersten Verfahren sprach das Landgericht Stade den Täter im März 1997 frei. Im Revisionsverfahren wurde S. zu zwei Jahren Haft auf Bewährung verurteilt, das Urteil ist seit dem 22. August 1997 rechtskräftig. Eine Neubewertung der Tat wird es auch nicht geben. Das geht aus der Antwort der damaligen Landesregierung auf eine Anfrage der Grünen-Landtagsabgeordneten Julia Willie Hamburg (Grüne), heute Kultusministerin, aus dem Dezember 2018 hervor. Demnach war S. in seiner Persönlichkeit "durch zwanghafte und schizoide Anteile gestört". Nach den rechtsgültigen Feststellungen des Landgerichts Stade sei ein vom Täter wie dem Opfer "zur Eskalation gebrachter Streit um ein geöffnetes Fenster" in dem Tod von Kolong Jamba gegipfelt.
In Buchholz war Jamba vor Kurzem Thema der politischen Diskussion: Die SPD hatte eine von der Heideruh ins Spiel gebrachte Umbenennung des südlichen Bahnhofsvorplatzes in Kolong-Jamba-Platz beantragt. Der Fachausschuss empfahl stattdessen einen Änderungsantrag der Buchholzer Liste: Demnach soll anstelle einer Platzumbenennung eine ausführliche Dokumentation der Tat und ihres Hintergrundes sowie ihrer strafrechtlichen Verfolgung im Buchholzer Stadtarchiv erfolgen. Die Dokumentation soll der Öffentlichkeit sowohl digital als auch in gedruckter Form zur Verfügung gestellt werden. Zwar sei das Tötungsdelikt eine besonders verabscheuungswürdige Tat gewesen, erklärte die Buchholzer Liste in ihrem Änderungsantrag. Allerdings gebe es keine Gründe, an der Urteilsbegründung des Stader Gerichts zu zweifeln. Auch sei der geäußerte Vorwurf, die Tat sei jahrzehntelang in Buchholz totgeschwiegen wurde, unbegründet.
Weitere Termine der Erinnerungswochen an Kolong Jamba finden sich auf www.heideruh.de. (os).
Redakteur:Oliver Sander aus Buchholz | |
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