Mit wem würden Sie einen Tag Ihr Handy tauschen?
Interview mit CDU-Landeschef Bernd Althusmann über Omikron, Mindestlohn, Friedrich Merz und einiges mehr

CDU-Landesvorsitzender Bernd Althusmann | Foto: Tobias Koch
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(ts). Unmittelbar nach einem Treffen mit einigen Wissenschaftlern des Corona-Expertenrats der Bundesregierung gab der niedersächsische stellvertretende Ministerpräsident, Wirtschaftsminister und CDU-Landesvorsitzende Bernd Althusmann dem WOCHENBLATT ein Interview. Bernd Althusmann spricht u.a. über sein persönliches Verhältnis zum designierten CDU-Bundesvorsitzenden Friedrich Merz, warnt vor der geplanten Erhöhung des Mindestlohns auf zwölf Euro - und verrät, mit wem er sein Handy tauschen würde.

WOCHENBLATT:
Die Landesregierung ändert die Corona-Vorschriften mittlerweile offenbar im Wochenrhythmus. Meinen Sie nicht, dass das Bevölkerung und Unternehmen überfordert?
Bernd Althusmann: Wir müssen sogar spätestens alle vier Wochen unsere Corona-Verordnungen seit Ausbruch der Pandemie im letzten Jahr auf Angemessenheit und Wirksamkeit hin überprüfen. Aber wir mussten in der Tat schon häufiger nachsteuern. Dennoch versuchen wir stets, der Lage angepasst und möglichst schnell zu reagieren - und die Lage ändert sich fast jede Woche. So fühlt es sich zurzeit jedenfalls für mich an. Glauben Sie mir: Wir haben keine Entscheidung leichtfertig gefällt. Jede Entscheidung bezieht die rechtlichen und infektiologischen Folgen mit ein. Wir waren jedoch überrascht von dem Beschluss des Oberverwaltungsgerichts Lüneburg, die 2G-Regel im Einzelhandel aufzuheben. In Schleswig-Holstein oder in Bayern haben die Gerichte das nicht beanstandet. Wir haben mit Respekt vor dem Richterspruch unseres Gerichts uns sofort an die Umsetzung gemacht und greifen dabei dessen Vorschlag auf, dass eine FFP2-Maskenpflicht in den Läden ausreichend Schutz biete. Interessant ist dabei der neueste Hinweis von Wissenschaftlern aus Göttingen, die den Grad der Wirksamkeit von FFP2-Masken unter anderem von der korrekten Trageweise abhängig betrachten. Im Vergleich mit medizinischen Masken sei das häufige "Lüften“ der FFP2-Masken ebenso zu betrachten. Kurzum: Das Urteil hat irritiert, aber vor Gericht und auf hoher See sind wir bekanntlich alle in Gottes Hand.

WOCHENBLATT: Die Menschen können nicht verstehen, dass die Impfzentren geschlossen wurden, um nur wenige Wochen später eine neue Struktur für Impfungen aufzubauen ...
Bernd Althusmann: Aus meiner Sicht war die Schließung der Impfzentren aus Kostengründen ein Fehler. Sowohl zum Impfen als auch unterstützend zum Testen hätten wir sie weiterhin vorhalten sollen. Die mobilen Impfteams und unsere Hausärzte haben das aber inzwischen ausgleichen können. Über drei Millionen Booster-Impfungen sprechen für sich. Wir standen damals unter dem Eindruck niedriger Inzidenzzahlen und einer Impfkampagne, die Schwung aufgenommen hatte. Ein weitaus größerer Fehler jetzt der Ampelkoalition im Bund aber war es, die Feststellung der epidemischen Lage von nationaler Tragweite Ende November aufzuheben. In den Bundesländern versuchen wir nun nach zahlreichen Gesetzesänderungen, diese Fehler auszugleichen. Wann, wenn nicht jetzt, befinden wir uns in einer pandemischen Lage nationalen Ausmaßes. Mit Blick auf die neue Omikron-Virusvariante kommt eine neue Dimension der Corona-Pandemie auf uns zu, und zwar sehr rasant. Das sagen uns leider alle namhaften Wissenschaftler des Corona-Expertenrats auch in Niedersachsen.
Was uns derzeit sehr umtreibt, ist die notwendige und frühzeitige Sicherung und Koordinierung der Einsatzfähigkeit unserer Hilfskräfte. Letzte Woche hat dazu der Katastrophenschutz-Beirat beim Innenministerium getagt. Es könnte eine Gefährdung der nationalen Infrastruktur unter anderem dadurch eintreten, dass Teile der geimpften Sicherheitskräfte, des Pflegepersonals oder der Hilfsorganisationen sich mit Omikron infizieren, was nicht zu stärkeren Erkrankungen führen muss. Wenn aber zum Beispiel Pfleger, Feuerwehrleute oder Lokführer in Quarantäne müssen, dann kommt da womöglich etwas auf uns zu. Wir werden auch diese Herausforderung beherrschen, aber letztlich war genau das der Grund für das Herunterfahren über die Feiertage und die neuen, noch strikteren Vorgaben seit dem 27. Dezember. Die Große Koalition in Niedersachsen wird hier weiter gut und verantwortungsvoll zusammenarbeiten, keine Frage.

Niedersachsens Wirtschaftsminister Bernd Althusmann verteidigt die Corona-Politik

WOCHENBLATT: Die Ampelkoalition im Bund plant, voraussichtlich im April oder Mai den Mindestlohn auf zwölf Euro zu erhöhen. Wie kontraproduktiv ist das für eine Wirtschaft, die weiterhin von der Corona-Krise betroffen ist?
Bernd Althusmann: Kurzfristig betroffene Beschäftigte werden den erhöhten Mindestlohn als Verbesserung wahrnehmen. Gesamtwirtschaftlich aber halte ich den Eingriff des Staates in die Tarifautonomie, die faire Lohnfindung zwischen Arbeitgebern und Arbeitnehmern, für falsch. Wozu wurde denn mit der SPD in der Bundesregierung seit immerhin acht Jahren im Jahr 2015 eine Findungskommission eingesetzt? Das war ein rein wahltaktisches Manöver, das noch teuer wird. Mit ihrem Vorhaben wird die Ampelkoalition eine Kostenlawine auslösen. Mich wundert insbesondere die Wendigkeit der FDP. Was nützt es dem Beschäftigten, wenn am Ende dem Betrieb die Puste ausgeht oder der Betrieb bankrott ist?

WOCHENBLATT: Die Niedersachsen wählen im nächsten Jahr am 9. Oktober ein neues Parlament. Sie möchten Ministerpräsident werden. Kann Ihnen der designierte CDU-Bundesvorsitzende Friedrich Merz im Niedersachsen-Wahlkampf helfen?
Bernd Althusmann: Friedrich Merz ist der Kandidat der Herzen der großen Mehrheit der CDU-Mitglieder. Ich habe zu ihm seit Jahren ein sehr gutes Verhältnis und teile die inhaltlichen Positionen und Werte, die er vertritt, zumindest die allermeisten seiner Aussagen. Er ist ein Mann des klaren Wortes, ein kluger Denker und Stratege. Friedrich Merz wird der CDU die notwendige Selbstachtung zurückgeben. Die CDU wird gebraucht als Korrektiv einer überwiegend linken Mehrheit im Bundestag. In wenigen Wochen wird es vielen Bürgern auffallen: Die neue Ampelkoalition im Bund misstraut der Polizei und den Sicherheitskräften und setzt falsche Signale bei Migration und Integration. Die Ampel führt letztlich zu einer ungesteuerten Zuwanderung in unsere Sozialsysteme und weicht unser Staatsangehörigkeitsrecht auf. Die neue Ampel will die Möglichkeiten der Bekämpfung von Clan-Kriminalität, zur Vorratsdatenspeicherung oder zur sogenannten Quellen-Telekommunikationsüberwachung, dem zum Auslesen verschlüsselter Nachrichten von Diensten wie Facebook oder WhatsApp einschränken oder nicht nutzen. Das sind keine guten Aussichten für die Sicherheit der Menschen in unserem Land. Und im Übrigen ist die neue Ampel die Koalition der urbanen Gutverdiener, gefangen im Großstadt-Denken. Der ländliche Raum kommt für die Ampel nahezu nicht vor, obwohl allein in Niedersachsen 60 Prozent der Menschen dort leben. Genau deshalb gehe ich davon aus, dass in Niedersachsen der Wahlkampf mit voller Leidenschaft geführt wird. Die Menschen wollen nicht überall Ampeln.

WOCHENBLATT: Apropos Kandidat der Herzen: Wer ist Ihr ganz persönlicher Held des Jahres 2021?
Bernd Althusmann: Meine jüngste Tochter. Sie hat sich einem medizinischen Eingriff unterziehen müssen und war dabei weniger aufgeregt als ich. Für eine Elfjährige blieb sie wirklich cool und das fand ich sehr mutig!

WOCHENBLATT: Und mit wem würden Sie einen Tag lang das Handy tauschen?
Bernd Althusmann: Mit meiner Frau! Aber wirklich nur einen Tag.

WOCHENBLATT: Herr Althusmann, vielen Dank für das Gespräch.

Redakteur:

Thomas Sulzyc aus Seevetal

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