"Kein Platz für Parteitaktik"
Halbzeitbilanz: Buchholz' Bürgermeister Jan-Hendrik Röhse blickt auf dreieinhalb Jahre zurück
os. Buchholz. Sieben Jahre beträgt die Amtszeit von Jan-Hendrik Röhse (54), in dieser Woche war er seit genau dreieinhalb Jahren Bürgermeister der Stadt Buchholz. Grund genug für den Juristen, im Pressegespräch eine Halbzeitbilanz zu ziehen.
Der Start sei alles andere als einfach gewesen, erinnert sich Röhse, der sich in der Stichwahl im Sommer 2014 gegen seinen Kontrahenten Joachim Zinnecker (Grüne) durchgesetzt hatte. Gleich die erste Amtshandlung von Röhse war die Erhöhung der Steuern. "Wir hatten einen unausgeglichenen Haushalt, zudem hatte der Kreis angekündigt, dass die Kreisumlage um drei Prozentpunkte angehoben wird", erinnert sich der Bürgermeister. Da die Stadt schon zuvor die Kosten z.B. für die Straßenunterhaltung zurückgefahren hatte und ein riesiger Investitions- und Sanierungsstau herrschte, habe es keine Alternative zur Steuererhöhung gegeben. "Das hat auch in den eigenen Reihen für Unmut gesorgt", so Röhse. Die CDU stimmte gegen den Haushalt ihres Parteikollegen Röhse, auch die FDP votierte gegen den Etat. Eine Konstellation, die sich in den Folgejahren bei einigen Entscheidungen wiederholte. "Ich muss mich um alle politischen Richtungen kümmern und das Beste für Buchholz erreichen. Da ist manchmal kein Platz für Parteitaktik", erklärt Röhse.
Die Jahre 2015 und 2016 waren geprägt durch die Flüchtlingsproblematik. "Wir waren fast nur noch damit beschäftigt, wo wir die Flüchtlinge schnell unterbringen können", erinnert sich Röhse. In diese Zeit fiel auch die Entscheidung, die städtische Jordanfläche im Eiltempo zu verkaufen und dort durch Investor Holger Cassens eine Unterkunft für Flüchtlinge und Deutsche mit Wohnberechtigungsschein zu erbauen. "Im Nachhinein hätte man das Verfahren anders machen können. Die Fläche nicht öffentlich auszuschreiben, war ein Fehler", räumt Röhse ein. Damit hätte man den Eindruck vermeiden können, dass bei dem Deal nicht alles mit rechten Dingen zugeht.
Weitere wichtige Meilensteine in seiner Amtszeit seien die Planungen für den Neubau des Mühlentunnels, der Erweiterung der Grund- und Oberschule Waldschule sowie der Beitritt der Stadt Buchholz zur Kommunalen Wohnungsbaugesellschaft des Landkreises gewesen, erklärt Röhse. Seinen wichtigsten Erfolg habe er jedoch gerade in der vergangenen Woche erzielt: die breite Zustimmung des Stadtrates zum Projekt "Buchholz 2025 plus", das den Bau von bis zu 1.500 Wohneinheiten im Osten der Stadt und den Bau der Ostumfahrung umfasst (das WOCHENBLATT berichtete mehrfach). "Das hat mir richtig Lust gemacht, mich um die weitere Entwicklung von Buchholz zu kümmern", betont Röhse.
Nicht alles sei in den vergangenen dreieinhalb Jahren positiv gewesen. "Manchmal ist Politik ein Scheißgeschäft", sagt Röhse ehrlich und verweist auf den verbalen Angriff seines Parteikollegen und damaligen Ratsvorsitzenden Peter Noetzel. Dieser hatte Röhse im WOCHENBLATT vorgeworfen, sich nicht an der Meinungsbildung zu beteiligen und ihm eine "gewisse Führungsschwäche" attestiert. Auch der temporäre Personenschutz, den Röhse nach einer Drohung erhielt, sei eine schwierige Situation gewesen.
Wie geht es mit Röhse nach dem Ende seiner Amtszeit weiter? In Buchholz halten sich hartnäckig Gerüchte, das Stadtoberhaupt belasse es bei einer Amtszeit und kehre dann in seinen Beruf als Rechtsanwalt und Notar zurück. "Stand heute wüsste ich nicht, was gegen eine weitere Amtszeit spricht", sagt Röhse. Natürlich könne in den kommenden dreieinhalb Jahren viel passieren. Röhse: "Das Gute ist, dass ich von niemandem abhängig bin und selbst entscheiden kann, was ich in Zukunft machen möchte."
Auf ein Wort
Alles gut im Buchholzer Rathaus? Wohl kaum!
Mit der breiten Zustimmung des Stadtrates zum Projekt "Buchholz 2025 plus" ist Jan-Hendrik Röhse ein Husarenstück gelungen: die Befriedung nach jahrzehntelangem Ostring-Streit. Alles gut also in Buchholz unter Röhses Ägide? Wohl kaum.
Der Bürgermeister macht es der Politik nicht immer leicht mit seiner Art. Röhse ist durch und durch Jurist, der sich nicht in die Karten schauen lässt und oft klare Aussagen vermeidet. "Er merkelt", sagt ein Weggefährte.
In der Zeit von Doris Grondke hat es Röhse nicht geschafft, die Baudezernentin und ihre Bauverwaltung zu kontrollieren. Die Folge war ein Wust an Konzepten, der das Arbeiten nicht nur erleichtert. Was zudem auffällt: Themen, die Bürgermeister Röhse nicht angehen möchte, sitzt er schon mal aus. Dazu gehört eine Entscheidung, wie die Parkplatzprobleme am Buchholzer Krankenhaus gelöst werden können. Fazit: Es ist (noch) nicht alles Gold, was glänzt. Oliver Sander
Redakteur:Oliver Sander aus Buchholz | |
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