Kein Rückbau der alten B75?
Unkalkulierbare Risiken in der Flüchtlingspolitik: Bürgermeister Jan-Hendrik Röhse schlägt Einsparungen beim Dorferneuerungsprogramm in Dibbersen vor
os. Buchholz. Buchholz' Bürgermeister Jan-Hendrik Röhse ist immer wieder für eine Überraschung gut. Vor gut einem Jahr schockte er die Buchholzer mit einer Erhöhung der Gewerbe- und Grundsteuern. Auf der jüngsten Ratssitzung sorgte Röhse erneut für Erstaunen: Er werde beantragen, die Umgestaltung der Ortsdurchfahrt in Dibbersen im Rahmen des Dorferneuerungsprogramms nicht durchzuführen und diese aus dem Haushalt herauszunehmen. Zudem sei der Rückbau der alten B75 "nicht zwingend notwendig, sondern eine reine Verschönerungsmaßnahme", erklärte Röhse den verdutzten Ratsmigliedern. Die Stadt spare so einige Hunderttausend Euro ein.
Röhses Vorstoß kommt just zu dem Zeitpunkt, da das Dorferneuerungsprogramm auf die Zielgerade einbiegt. Maßnahmen, die bis Februar 2016 nicht angemeldet sind, können in Dibbersen nicht mehr mit EU-Mitteln bezuschusst werden. Gerade hatte sich Anlieger Klaus Meyer-Greve die seiner Meinung nach mangelhafte Einbindung der Bürger kritisiert (das WOCHENBLATT berichtete).
Röhse begründete seinen Vorschlag mit den unkalkulierbaren finanziellen Herausforderungen in der Flüchtlingspolitik. Für die Unterbringung von Flüchtlingen sowie deren soziale Integration in Sprachkursen, Kita und Schulen seien erhebliche Mitteln bereitzustellen. "Die Lage ist verhältnismäßig angespannt", mahnte Röhse. Ein großes Problem sei, dass die Kommunen wegen des Schlingerkurses des Innenministeriums schwer kalkulieren könnten. Der Bürgermeister zitierte aus einem E-Mail-Schriftverkehr, der in der direkten Aufnahme der Flüchtlinge durch die Kommunen gipfelte. "Unsere Planungen werden durch solche 'Sonderaktionen' über den Haufen geworfen. All das bitte ich in den anstehenden Haushaltsberatungen zu berücksichtigen", appellierte Röhse an die Ratsmitglieder.
Wie bewerten die Lokalpolitiker den überraschenden Vorschlag des Bürgermeisters? Das WOCHENBLATT fragte nach. Hier ein Auszug der Antworten:
"Für uns kam die Streichung der Maßnahme einigermaßen überraschend", erklärt Grünen-Fraktionschef Joachim Zinnecker. Es zeige sich, dass Buchholz ein strukturelles Problem im Haushalt habe, sodass man Einschnitte vornehmen muss. "Wir werden z.B. die Forderungen nach weiteren Sportstätten sehr genau zu prüfen haben", so Zinnecker.
"Wir werden die geplante Maßnahme nicht losgelöst, sondern im Kontext des Gesamthaushaltes und unter Abwägung der Chancen und Risiken bewerten", erklärt Peter Eckhoff von der Buchholzer Liste. Vermutlich werde die Streichung der Maßnahme den Verzicht auf eine namhafte finanzielle Förderung bedeuten und eine spätere Realisierung deutlich teurer machen.
Auch wenn die Folgen der Flüchtlingsproblematik unüberschaubar seien, müssten Infrastrukturmaßnahmen vorangetrieben und zu Ende gebracht werden, sagt Heiner Hohls von der UWG. Große Einsparpotenziale im Haushalt sehe er derzeit nicht.
Die FDP habe den Rückbau der alten B75 schon immer abgelehnt, erklärt Fraktionsvorsitzender Arno Reglitzky. Deshalb könne er Röhses Vorstoß folgen. Reglitzky votiert zudem gegen den Kauf von 127 Sozialwohnungen an der Rütgersstraße und in der Straße "An der Schwellenfabrik" (das WOCHENBLATT berichtete). Das sei ein "riskantes Schulden-Abenteuer".
Der Beschluss zum Rückbau der alten B75 sei gut begründet gewesen, deshalb habe ihn Röhses Vorstoß überrascht, sagt Arne Ludwig (Piratenpartei). Das müsse er jetzt im Verlauf der Haushaltsberatungen neu bewerten.
Die Haushaltsberatungen in den kommenden Wochen werden spannend in Buchholz. Die Ergebnisse erfahren die Bürger in der Haushaltssitzung des Stadtrates am Freitag, 4. Dezember.
Redakteur:Oliver Sander aus Buchholz | |
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