Versammlungen an mehreren Orten
Landkreis Harburg: 700 Menschen protestieren gegen die Corona-Politik
(os/thl/ts/tw). Nach Polizeiangaben waren am vergangenen Montagabend insgesamt rund 700 Personen im Landkreis Harburg unterwegs, um gegen die Corona-Maßnahmen zu protestieren. Eine genaue Zahl lasse sich nicht nennen, da die "Spaziergänger", wie sich die Akteure nennen, meist nur in kleinen Gruppen unterwegs waren und ihre Kundgebungen auch nicht angezeigt hatten. "Außer in Hittfeld", betont Polizeisprecher Jan Krüger.
Bei den angemeldeten Gegendemonstrationen, die erstmals in Buchholz und Winsen stattfanden, zählten die Beamten zusammen rund 280 Teilnehmer. Krüger: "Insgesamt verliefen die Veranstaltungen friedlich. Es wurden sechs Personen ausgeschlossen, weil sie sich wiederholt weigerten, eine Maske aufzusetzen." Die Maskenpflicht bei Versammlungen unter freiem Himmel hatte der Landkreis Harburg per Allgemeinverfügung angeordnet.
In Buchholz fand eine angemeldete Kundgebung unter dem Motto "Gemeinsam gegen Wissenschaftsleugnung für Solidarität und Demokratie" statt. Die etwa 150 Teilnehmer bildeten mit Schals eine Reihe am Rathaus und machten mit Plakaten deutlich, dass Impfen Leben rettet. "Wir wollen der schweigenden Mehrheit in der Bevölkerung ein Gesicht geben", erklärte Mit-Initiator Manfred Ellenberger. Auch am kommenden Montag, 17. Januar, soll ab 19 Uhr vor dem Buchholzer Rathaus eine angemeldete Gegenveranstaltung zum "Spaziergang" stattfinden.
• In Winsen gab es einen kurzen Tumult, als ein Impfgegner sich unter die Gegendemonstranten mischte und versuchte, eine Kerze auf der Rathaustreppe zu entzünden. Er wurde aber schnell von der Polizei abgedrängt.
• In Hittfeld kamen rund 60 Menschen vor dem Rathaus (Eingang Kirchstraße) zu einer angemeldeten Versammlung zusammen, um gegen die Maßnahmen zur Eindämmung der Corona-Pandemie zu demonstrieren. Sprecher und Sprecherinnen aus dem Kreis der Teilnehmer brachten ihre Ablehnung der Maskenpflicht für Kinder in den Schulen zum Ausdruck und warnten vor den Corona-Impfstoffen. Eine Sprecherin rief dazu auf, den jeweiligen Bundestagsabgeordneten aus den Wahlkreisen zu schreiben. Sie selbst habe sich an die SPD-Bundestagsabgeordnete Svenja Stadler aus Seevetal gewandt. Menschen, die jetzt nicht aufstünden, machten sich mitschuldig, sagte eine andere Sprecherin. Die Kundgebung dauerte 52 Minuten. Zu Beginn und zum Ende der Versammlung sangen die Teilnehmer das Lied "Die Gedanken sind frei". Bis Ende Januar seien weitere Versammlungen jeweils am Montagabend vor dem Rathaus in Hittfeld genehmigt, sagte die Versammlungsleiterin.
• In Buchholz beteiligten sich nach WOCHENBLATT-Schätzungen etwa 260 Menschen an den "Spaziergängen" durch die Innenstadt, darunter die beiden AfD-Ratsmitglieder Marina Graul und Rainer Sekula. Aus den Reihen der Gegner der Corona-Maßnahmen waren Sprüche wie "Oh, wir werden alle sterben, weil wir keine Masken tragen" oder "Dann lasst euch doch weiter piksen" zu hören. Der "Spaziergang" blieb friedlich. Für den einzigen Aufreger sorgte ein offensichtlich verwirrter Mann, der auf dem Rathausplatz herumpöbelte und zwei Polizisten, die sich um ihn kümmerten, übel beleidigte.
• In Tostedt sind nach dem Aufruf der Tostedter Bürgermeisterin Nadja Weippert auf dem Töster Platz ca. 60 Menschen zusammengekommen. Unter dem Motto "gemeinsam gegen Wissenschaftsleugnung, für Solidarität und Demokratie" wurde ein Zeichen gegen die "Montagsspaziergänger" gesetzt und auch der an Corona verstorbenen Menschen in der Samtgemeinde Tostedt gedacht. Weitere Veranstaltungen sind in Planung.
Kommentar
Das muss die Demokratie aushalten
In der WOCHENBLATT-Redaktion gab es Diskussionen: Sollen wir über die "Spaziergänge" berichten? Machen wir die Teilnehmer damit nicht wichtiger, als sie tatsächlich sind? Sie vertreten immerhin eine Minderheitenmeinung. Wir haben uns dazu entschieden, zu berichten und die "Spaziergänge" in Hittfeld, Winsen und Buchholz zu begleiten.
Wir sehen es als Aufgabe des WOCHENBLATT an, über alle aktuellen Entwicklungen vor Ort zu berichten. Wir sind eben keine "Mainstream-Presse" und entscheiden selbst, über wen wir schreiben. Dass ich die Ansichten und Ängste der "Spaziergänger" nicht nachvollziehen kann, ist dabei völlig zweitrangig. Die Versammlungsfreiheit ist in Deutschland zu Recht ein hohes Gut, die Demokratie muss und kann (ver-)quere Gedanken aushalten.
Auch die "Spaziergänger" werden in ihrem tiefsten Herzen wissen, dass Deutschland nicht auf dem Weg in die Diktatur ist, wie sie oft propagieren. Ein Blick in autoritäre Staaten wie Kasachstan genügt. Dort würden die "Spaziergänger" im Gefängnis sitzen - oder gar erschossen worden sein. Oliver Sander
Redakteur:Thomas Sulzyc aus Seevetal | |
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