"Macht unser Trinkwasser nicht zur Kapitalanlage!"
Grundwasserschützer aus der >Nordheide protestieren gegen EU-Pläne zur Wasserprivatisierung
rs. Landkreis. Es geht um ein Milliardengeschäft! Scheinbar unbeeindruckt von massiver Kritik - vor allem aus Deutschland - treibt die EU die Privatisierung der Wasserversorgung voran. Offenbar unter dem Druck der Lobbyisten weltweit operierender Wasserkonzerne hat die EU-Kommission 2003 Wasser als "Handelsware" deklariert. Eine entsprechende Richtlinie steht in Brüssel seither auf der Tagesordnung. Durch die Privatisierung kommunaler Aufgaben in Griechenland hat die Debatte einen neuen Schub erlangt. In Deutschland wächst der Widerstand. Auch in unserer Region.
"Trinkwasser ist keine Ware. Die Wasserversorgung ist eine Aufgabe der kommunalen Daseinsvorsorge und daher vor Ort in kommunaler Hand, wahrgenommen durch eigenständige Wasserwerke und durch kommunale Wasserbeschaffungsverbände, optimal aufgehoben", sagt Karl Hermann Ott, Vorsitzender der Interessengemeinschaft Grundwasserschutz Nordheide (IGN), die sich im Lauf ihres langen Kampfes für die Grundwassersicherung in der Heide ein hohes Fachwissen erworben hat.
Die hervorragende Qualität und Verfügbarkeit des Lebensmittels Nr. 1 in der Region und im gesamten Bundesgebiet zeige, dass diese Form der Trinkwasserversorgung nicht in Gefahr gebracht werden darf, stellt die IGN fest. Ott: "Europaweite Ausschreibungen von Wasserförderungslizenzen und damit einhergehende Privatisierungen der Wasserversorgung würden das Allgemeingut Trinkwasser endgültig zur Handelsware degradieren und gravierende ökonomische und ökologische Probleme verursachen."
Das Trinkwasser-Idyll in Deutschland wird derzeit noch durch Paragraphen geschützt: Die Wasserversorgung ist bei uns alleinige Sache der Städte und Gemeinden - sie gehört zum kommunalen Recht auf Selbstverwaltung, das in Artikel 28 des Grundgesetzes verankert ist. Daher kommt die Kleinteiligkeit des Wassermarktes in der Bundesrepublik, den sich rund 6.700 kommunale Versorger teilen die über gesetzlich geschützte "Gebietsmonopole" verfügen. Der Paragraph 103 im Gesetz gegen Wettbewerbsbeschränkungen stellt die Wasserversorgung ausdrücklich vom Kartellrecht frei. Künftig soll nach dem Willen der EU-Bürokraten der Markt den Wasserpreis regeln. Ähnlich wie bei Energie und Telekommunikation soll sich der Staat aus der Trinkwasserversorgung raushalten.
Eine fatale Weichenstellung, sagt Karl Hermann Ott. Seine IGN fürchtet, dass in diesem Fall
- die Wasserförderung weiter zentralisiert wird und Grundwasserentnahmegebiete wie die Nordheide mit noch höheren Wasserentnahmen (und den Folgen von Grundwasserabsenkungen) zu kämpfen hätte,
- Überregional tätige, private Unternehmen in Konkurrenz zur örtlichen Landwirtschaft und zu örtlichen Wasserwerken Wasserentnahmerechte beantragen und damit die Eigenversorgung im Landkreis gefährden.
- Weitere Fernwasserleitungen gebaut würden, die dazu führen, dass große Wassermengen nicht vor Ort als gereinigtes Abwasser verbleiben, sondern in völlig andere Gebiete abtransportiert werden.
- Wasserpreise für den Verbraucher durch die Gewinnorientierung privater Unternehmen steigen werden.
- Umwelt- und Naturschutzbelange bei der Grundwasserförderung als „Kostenfaktor“ nicht ausreichend berücksichtigt werden.
Derzeit läuft eine europaweite Petition gegen die Richtlinienvorschläge. Weit über 800.000 Menschen haben bereits unterschrieben, eine Million müssen es bis Herbst sein. Dannmuss sich das EU-Parlament mit dem Thema auseinandersetzen. Das Bürgerbegehren ist im Internet zu finden unter <a href="http://www.right2water.eu." target="_blank">www.right2water.eu.</a>
Redakteur:Reinhard Schrader aus Buchholz |
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