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Corona-Rückblick: Steuergeldverschwendung bei niedersächsischen Impfzentren

Grundsatzfrage missverständlich formuliert
Mitgliederbefragung zur Pflegekammer Niedersachsen als Mogelpackung

Sozialministerin Carola Reimann hält die
Formulierung der Grundsatzfrage für eindeutig | Foto: kb
  • Sozialministerin Carola Reimann hält die
    Formulierung der Grundsatzfrage für eindeutig
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(bim). Seit die Pflegekammer Niedersachsen Ende 2018 die ersten Beitragsbescheide verschickte, gibt es Querelen um die politisch forcierte Interessenvertretung der Pflegefachkräfte. Nach vielfacher Kritik an der Zwangsmitgliedschaft stellte die Landesregierung die Pflegekammer beitragsfrei. Im Februar trat die erste Präsidentin Sandra Mehmecke zurück. Jetzt musste auch noch die Befragung der Mitglieder, die u.a. über die Zukunft der Kammer entscheiden sollten, abgebrochen werden.

Grund dafür sind laut der Firma Kienbaum Consultants, die vom Sozialministerium mit der Evaluation der Pflegekammer beauftragt wurde, Hinweise auf unerlaubte Zugriffe auf das Onlineportal, über das die Befragung abgewickelt wird. Es sei nicht auszuschließen, dass es bei der Befragung zu Manipulationsversuchen durch Dritte gekommen sei.

Kienbaum arbeite gemeinsam mit seinem technischen Dienstleister mit Hochdruck an der Aufklärung des Manipulationsverdachtes sowie der Ermittlung und Lösung der technischen Probleme, die die Manipulation erst ermöglicht haben könnten.

Für die Mitgliederbefragung sind 100.000 Euro im Haushalt des Sozialministeriums eingestellt. Ob die Kosten wegen der Panne nun höher ausfallen, könne noch nicht gesagt werden, sagt Oliver Grimm, stv. Pressesprecher des Ministeriums.

Rückblick: Etliche der rund 80.000 niedersächsischen Pflegefachkräfte haben die Sinnhaftigkeit der Pflegekammer von Beginn an angezweifelt. Unter dem Motto „Nein zur Pflegekammer - Ja zur Vollbefragung“ gab es landesweite Proteste der Pflegefachkräfte. Anfang Juni war nun die Befragung gestartet. Laut Ministerium hatten vom 3. bis 8. Juni ca. 7.000 Mitglieder einen Fragebogen ausgefüllt. Die Befragung sollte am 5. Juli enden. Ergebnisse waren für den August erwartet worden.

Dabei gibt es aber noch ein anderes Problem: Ausgerechnet die Grundsatzfrage, mit der über den Fortbestand der Kammer entschieden werden soll, war missverständlich formuliert, sie lautet: "Wünschen Sie sich für die Zukunft eine beitragsfreie Pflegekammer in Niedersachsen?"

Laut Pflegekammer könne ein "Nein" entweder als Plädoyer für eine beitragsfinanzierte Kammer oder als grundsätzliche Ablehnung der Kammer verstanden werden. Kammergegner befürchteten, dass ihr "Nein" zu einer beitragsfreien Kammer als Votum für eine beitragspflichtige Kammer interpretiert werden könne.

Sozialministerin Carola Reimann (52, SPD) sieht die Formulierung hingegen eindeutig: Da sie in einer Pressemitteilung Anfang Juni klar gesagt habe, dass es keine beitragsfinanzierte Pflegekammer mehr für Niedersachsen geben werde, bedeute ein "Nein" die Ablehnung der Kammer. Reimann: „Wir wollen, dass die Pflegekräfte unabhängig und eigenständig über die Zukunft der Pflegekammer in Niedersachsen entscheiden können und darüber, ob sie eine beitragsfreie Kammer als berufsständische Vertretung erhalten wollen oder ob die Kammer in dieser Form abgeschafft werden soll.“

Sollte nicht zweifelsfrei auszuschließen sein, dass Fragebögen manipuliert wurden, werde es einen Neustart der Befragung geben, sagt der Ministeriums-Sprecher. "Die Frage, ob es in diesem Fall auch Anpassungen am Fragebogen geben wird, können wir heute noch nicht abschließend beantworten. Auch zu dieser Frage wird es in den nächsten Tage weitere Beratungen geben."

Pflegekräfte warten auf Rückzahlungen

Nachdem die Landesregierung im November 2019 angekündigt hatte, dass die Pflegekammer dank einer nachträglichen Anschubfinanzierung in Höhe von sechs Millionen Euro beitragsfrei werden soll, warten die Zwangsmitglieder auf Rückzahlung bereits erbrachter Beiträge. "Aktuell schafft die Pflegekammer Niedersachsen die rechtlichen und technischen Voraussetzungen, um die Mitgliedsbeiträge zurückzuerstatten. Die aktuelle Beitragsordnung ist noch in Kraft und sieht das Erheben von Beiträgen vor. Sie muss geändert werden, damit eine Rückerstattung rechtlich überhaupt möglich ist", teilt die Pressestelle der Kammer auf WOCHENBLATT-Anfrage mit. Auch stehe die nachträgliche Anschubfinanzierung des Landes noch nicht zur Verfügung. "Die Finanzierung durch das Land ist eine wichtige Voraussetzung für die Beitragsfreiheit."
• Aktuelle Infos zur Rückerstattung finden Mitglieder unter www.pflegekammer-nds.de (> Mitglieder > Beiträge - Wie geht's weiter?).

Redakteur:

Bianca Marquardt aus Tostedt

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