Buchholz
So sehen die Politiker den Klimaaktionsplan
Das Repowering von vorhandenen Windenergieanlagen, die weitere Umrüstung von Straßenbeleuchtung auf LED und das Erstellen eines Solarkatasters sind nur einige Maßnahmen, die in der Prioritätenliste des Klimaaktionsplans in Buchholz stehen (das WOCHENBLATT berichtete). Wie sieht die Politik das Projekt? Das WOCHENBLATT fragte bei den Ratsfraktionen nach: Wie bewerten Sie den Klimaaktionsplan? Welche Maßnahme sollte aus Ihrer Sicht als Erstes umgesetzt werden?
Dr. Jan Christian Dammann, Fraktionsvorsitzender der SPD: 1. Die SPD-Fraktion bewertet den Klimaaktionsplan sehr positiv, weil er neben bereits vorhandenen Konzepten auch mehrere neue Impulse jeweils mit einer fachlich fundierten Priorisierung in die Diskussion einbringt. Das schafft Orientierung für die kommenden Haushaltsberatungen und die Bearbeitungsreihenfolge der Konzepte in Projektform.
2. Der Klimaaktionsplan empfiehlt im Wesentlichen den Ausbau von Photovoltaikanlagen, die Umstellung der Energieträger bei Heizanlagen im Bestand, sowie die Stärkung des Umweltverbundes und den Wechsel auf batterieelektrische Fahrzeuge. Wir sehen pro Handlungsfeld unterschiedliche Maßnahmen als jeweils ersten Schritt.
Im Handlungsfeld Verkehr liegen mit dem Radverkehrskonzept Fahrradmobilität 2030 und der Neugestaltung des Bahnhofsumfeldes um Rahmen des Programms „Wachstum und nachhaltige Erneuerung" (ehem.
"Stadtumbau West") ausgearbeitete Konzepte auf dem Tisch. Wir fordern als erstes das Umsetzungstempo beim Radverkehrskonzept deutlich zu erhöhen und umgehend erste nächste Schritte zur Neugestaltung des Bahnhofsumfeldes zu gehen. Desweiteren drängen wir auf die Weiterentwicklung der operativen Projektsteuerung in der Verwaltung, damit mehr Transparenz über den Stand der Umsetzung und der nächsten Schritte gegeben ist.
Für den Ausbau der Photovoltaik müssen stadtweit geeignete Dächer und Freiflächen gesucht und strukturiert werden. Als erstes fordern wir in Übereinstimmung mit dem Klimaaktionsplan den Aufbau eines Solarkatasters und die Durchführung einer Freiflächenanalyse für PV. Uns erscheint dies als eine sinnvolle Erweiterung des bereits von den Stadtwerken erstellten digitalen Zwillings. Dieses digitale Modell wollen wir für Potentialanalysen sukzessive um weitere Daten ergänzen lassen, z.B. Thermographie-Daten.
Zur Umstellung der Energieträger fordern wir, dass die Gebäudetypen in Buchholz mit dem größten Einsparpotential ermittelt und für diese Typen eine möglichst mehrfach anwendbare Sanierungsstrategie entwickelt wird. Wir werden uns dafür einsetzen, dass unsere Stadtwerke beim Ausbau der Photovoltaik und der Umstellung von Energieträgern eine tragende Rolle einnehmen.
Grit Weiland, stv. Fraktionsvorsitzende der Buchholzer Liste: 1. Der vom Hamburg Institut vorgelegte Klimaaktionsplan ist ein mit vielen Menschen für Buchholz entwickeltes Gemeinschaftswerk. Mit über 60 Maßnahmen weist es der Stadt Buchholz einen fachlich-fundierten Weg in Richtung Klimaneutralität im Jahr 2035. Für die Jahre 2023 und 2024 schlägt die Verwaltung daraus Maßnahmen aus den Handlungsfeldern Strom, Verkehr und Wärme zur Umsetzung vor. Das ist gut so. Schließlich entstehen dort rund 80% aller Buchholzer CO2-Emissionen. Pläne und Konzepte gab es allerdings schon früher. Ob der Klimaaktionsplan tatsächlich Geld und Mühe wert war, bringen erst die baldigen Haushaltsverhandlungen ans Licht. Der Klimakrise überparteilich etwas entgegenzusetzen bedeutet, Buchholz langfristig ökologisch, sozial und wirtschaftlich wetterfest zu machen. Der Klimaaktionsplan eröffnet dazu eine große Chance. Packen wir sie gemeinsam an!
2. Wir sind spät dran! Inzwischen müssen wir für rechtzeitige Klimaneutralität in wenigen Jahren sehr viel gleichzeitig anfassen. Für die Buchholzer Liste stehen die Projekte „Stadtumbau West“ und das „Radfahrkonzept 2030“ oben auf der Agenda. Sie erleichtern die Wege aller Verkehrsbeteiligten und verschönern die Stadt. Buchholzer Dächer und Freiflächen müssen uns Sonnenenergie liefern. Der Austausch von Öl- und Gaskesseln muss zügig angeschoben werden. Eine städtische Stelle zur Akquise von Fördergeldern und zum Lotsen der Bürgerinnen und Bürger durch den Förderdschungel hatte die Buchholzer Liste schon vor Jahren vorgeschlagen. Für all das brauchen wir in Sachen Klimaschutz überzeugende Öffentlichkeitsarbeit. Und zwar sofort.
Max Müller, CDU-Ratsherr: 1. Der vom Hamburg Institut vorgeschlagene Klimaaktionsplan mit den entsprechend vorgeschlagenen Umsetzungsmaßnahmen hat sich im Workshop bewährt. Er zeigt uns auf, dass wir jetzt in die aktive Umsetzungsphase kommen müssen und legt dafür eine sehr gute Grundlage. Wir als Fraktion sind sehr motiviert und gleichzeitig dankbar für die uns aufgezeigten Potentiale.
2. Das Aufsetzen einer Kommunikationsstrategie in allen Bereichen sollte oberste Priorität haben. Nur gemeinsam mit den Bürgerinnen und Bürgern der Stadt Buchholz können wir das uns vom Hamburg Institut aufgezeigte Potential ausschöpfen.
Frerk Meyer, Fraktionsvorsitzender der Grünen: 1. Der Klimaaktionsplan an sich ist gut, aber die Verwaltung macht schon jetzt klar, dass sie kein Interesse an einer ausreichenden Umsetzung hat, weil sie ihn massiv unterfinanziert. Im Einzelnen:
1. stellt die Verwaltung die Planungskosten von 430.000€/Jahr für die östliche Umfahrung sicher, und lobt sich, diese aus laufenden Haushaltsüberschüssen bezahlen zu können.
Sie sichert damit die Finanzierung einer Maßnahme, die nicht dem Klimaschutz dient, sondern der Förderung des Autoverkehrs (MIV), und nimmt sie aus jeglicher Haushaltsdiskussion aus. Autoverkehr ist damit Prio 1.
2. veranstaltet die Verwaltung eine (freiwillige) Haushaltsklausur, stellt alle zukünftigen Großprojekte vor, und schließt mit dem Fazit, dass nicht genug Geld für alle geplanten Projekte da ist. Andere Großprojekte sind also Prio 2.
3. veranstaltet die Verwaltung einen Workshop zum Klimaaktionsplan. Der Bürgermeister eröffnet ihn und antwortet auf eine Nachfrage, warum in der Übersicht hinter keiner Maßnahme die erforderlichen Finanzmittel stehen, dass für die Maßnahmen die Kosten noch nicht genau bekannt seinen und im Grunde genommen gar kein Geld dafür da ist! Dann verabschiedet er sich in die Ukraine. Klimaschutz ist damit offiziell Prio 3. Er darf also nichts kosten, auf keinen Fall größeren Beträge. Und damit wird das Ziel der Klimaneutralität von Buchholz bis 2035 garantiert auch nicht im Ansatz erreicht, für das sich der Bürgermeister bei jeder Gelegenheit lobt.
Wie ernst es dem Bürgermeister und der Verwaltung mit dem Klimaaktionsplan wirklich ist, wird sich im Haushaltsentwurf zeigen. Die beschriebene Vorgeschichte stimmt uns pessimistisch. Die wenigen, freien Haushaltsüberschüsse werden in den MIV investiert. Um die verbliebenen Krümel dürfen sich die verbliebenen Projekte inklusive Klimaaktionsplan streiten. Diese Diskussion im Klein-Klein lenkt von der falschen Weichenstellung für ein klimaschädliches und teures Großprojekt ab.
2. Wir sind realistisch und wissen, dass die Haushaltsmittel begrenzt und knapp sind. Deshalb wäre die wichtigste Maßnahme der Verzicht auf die Planung der östlichen Umgehung. Das würde ein klimaschädliches Großprojekt verhindern und Finanzmittel für Maßnahmen des Klimaaktionsplans wie Förderung umweltfreundlicher Verkehrsmittel und -konzepte freimachen. Aber das steht leider nicht zur Disposition.
Ansonsten kann man den Klimaaktionsplan mit dutzenden Maßnahmen nicht auf eine Maßnahme reduzieren.
Das Hamburg Institut schlägt vor: Maßnahmen vorziehen, die großen Einfluss auf das Klima haben, mit denen sofort losgelegt werden kann, und die finanziert sind und eventuell gefördert werden (können).
Dazu gehört z.B. der Radverkehrskonzept 2030, welches umfassend konzipiert ist, sich schon in Bearbeitung befindet und immer wieder Fördermittel einwerben konnte und kann.
Der Workshop hat aber über alle Maßnahmen hinweg drei Prioritäten gebracht, über die Konsens bestand:
1. Besser Kommunikation mit den BürgerInnen
Die Kommunikation der Stadt zum Klimaschutz muss erheblich verbessert werden. Klimaschutzmaßnahmen müssen besser "verkauft" werden, d.h. die Vorteile für die Bürger beworben werden. Und Klimaschutzmaßnahmen, die die BürgerInnen selber umsetzen können, müssen viel besser, d.h. durch Profis mit Kampagnen kommuniziert werden.
2. Vorbildfunktion der Stadt (und der Stadtwerke)
Auch wenn die Stadt selber "das Klima nicht retten kann", so muss sie doch mit guten Beispiel voran gehen, um BürgerInnen zur Nachahmung zu animieren. Um glaubhaft für Klimaschutz zu werben, muss man öffentlichkeitswirksam aktiv werden. Das betrifft z.B. LED-Lampen, Car-Sharing und PV-Anlagen auf öffentlichen Gebäuden.
3. Großprojekte mit Klimaschutz kombinieren
Großprojekte, die sowieso geplant sind, mit einem potentiellen Beitrag für den Klimaschutz, sollten priorisiert werden. Bei allen Großprojekten sollte auf einen möglichst großen Beitrag zum Klimaschutz geachtet werden, gerade angesichts knapper Kassen. Ein Beispiel ist der Stadtumbau West mit seinem Beitrag zur Verbesserung des Umweltverbunds (Verkehr).
Das ist nun leider doch etwas ausführlicher geworden. Wenn Sie kürzen müssen, dann vertraue ich darauf, das sie das sinngemäß hinkriegen, auch wenn wir zur östlichen Umfahrung unterschiedlicher Meinung sind.
Wilhelm Pape, Fraktionsvorsitzender der FDP: 1. Die FDP-Fraktion begrüßt, dass der vom Hamburg Institut erstellte Klimaaktionsplan endlich vorliegt und von den politischen Gremien beraten werden kann. Der Klimaaktionsplan fasst erforderliche Maßnahmen zur Erreichung der Klimaneutralität in Buchholz zusammen. Eine Erkenntnis, die sich aus dem Gutachten ergibt ist, dass wenige konkrete Maßnahmen von der Politik selbst veranlasst werden können. Bei Photovoltaik, Wärmenetzen, Ernährung oder dem Radverkehr liegt es weitgehend in der Hand der Bürgerinnen und Bürger, ihr eigenes Verhalten zu ändern und mehr Klimaschutz umzusetzen.
2. Vorrangig ist es, Beratungs-, Fortbildungs- und auch Qualifizierungsangebot für Handwerksbetriebe aktiv zu unterstützen. Positiv ist die Initiative der Stadtwerke, mit dem digitalen Zwilling eine solide Planungsgrundlage zu schaffen. So können konkrete Maßnahmen faktisch begründet, gezielt vorgeschlagen und politisch umgesetzt werden. Auch den Buchholzer Neubürgern ein dreimonatiges kostenloses ÖPNV-Ticket anzubieten, wäre eine gute Idee.
Wir sehen Buchholz auf einem guten Weg, die Klimaneutralität bis zum Jahr 2035 anzustreben. Es geht nun darum, mit der Umsetzung der vorgeschlagenen Maßnahmen zu beginnen. Mit einer professionellen Kommunikationsstrategie gilt es, die Buchholzer Bürgerinnen und Bürger einzubeziehen. Für die Liberalen ist bei alldem die Abwägung von Aufwand und Ertrag wichtig. Bürger und Wirtschaft dürfen nicht überfordert werden.
Rainer Sekula, Fraktionsvorsitzender der AfD: Ich fand die Informationsveranstaltung interessant. Umgesetzt werden sollte als erstes das, was die Menschen selbst beeinflussen können. Umweltschutz beginnt immer bei jedem selbst. (os).
Redakteur:Oliver Sander aus Buchholz | |
Webseite von Oliver Sander | |
Oliver Sander auf Facebook | |
Oliver Sander auf YouTube |
Kommentare
Sie möchten kommentieren?
Sie möchten zur Diskussion beitragen? Melden Sie sich an, um Kommentare zu verfassen.