Landkreis Harburg
Was will die Curagita Holding AG aus Heidelberg mit dem Krankenhaus Salzhausen? Wem nützt dieser Schritt?
Insolvenzverwalter rät: Heidelberger Radiologie-Dienstleister soll die insolvente Klinik weiterführen / Gläubiger-Ausschuss lehnte ein Übernahme-Konzept der Kreiskrankenhäuser ab
(rs). Mit der Übernahme der inolventen Salzhäuser Klinik will die Heidelberger Curagita Holding AG nach eigenen Angaben zum ersten Mal ein Krankenhaus kaufen und auch betreiben. Warum? Gesundheitsexperten sagen: Das Unternehmen braucht für sein erklärtes Geschäftsziel, den Aufbau Medizinischer Versorgungszentren (MVZ), eine rechtliche Hülle.
Grund: 2012 ist das Versorgungsstrukturgesetz dahingehend verschärft worden, dass Aktien- und Kapitalgesellschaften Medizinische Versorgungszentren nicht mehr gründen dürfen. So sollte verhindert werden, dass Rendite vor Gesundheitsversorgung geht.
Die Curagita soll jetzt für drei Monate die Geschäftsführung des Krankenhauses Salzhausen übernehmen. Das hat am vergangenen Mittwoch der Gläubigerausschuss beschlossen. Die Curagita hat dafür zugesagt, das Krankenhaus zu betreiben und die rund 100 Mitarbeiter weiter zu beschäftigen. Nach Ablauf der Frist entscheidet die Gläubigerversammlung über den Zuschlag.
Curagita erbringt nach eigenen Angaben ihre Dienstleistungen bundesweit für ein Netzwerk von rund 100 Radiologie-Praxen und 70 Krankenhausabteilungen.
Mit der Entscheidung für den Heidelberger Konzern scheint ein Zukunftskonzept, das der Landkreis Harburg und die Krankenhäuser Buchholz und Winsen nicht zuletzt auf Wunsch des niedersächischen Sozialministeriums für das Krankenhaus Salzhausen entwickelt haben, vorerst vom Tisch.
Norbert Böttcher, Geschäftsführer der Krankenhäuser Buchholz und Winsen, wertet das als vertane Chance: „Unser Konzept sah nicht nur eine Leistungsverlagerung von Salzhausen nach Winsen und nach Buchholz vor, sondern auch eine erhebliche Leistungsverlagerung von Winsen und Buchholz nach Salzhausen.
Angedacht war ein modernes Gesundheitszentrum mit einem starken ambulanten OP-Zentrum. Entscheidendes Merkmal des Konzepts war eine Arbeitsplatzgarantie für die Mitarbeiter des Krankenhauses Salzhausen.“
Das Konzept sei bereits mit dem Land Niedersachsen und dem Landkreis Harburg abgestimmt gewesen. Und das Sozialministerium, so Böttcher, habe schon erste Kontakte zu den Landesverbänden der Krankenkassen aufgenommen.
Warum ist dann in Salzhausen die Entscheidung für einen Dienstleister für niedergelassene Radiologieärzte aus dem fernen Heidelberg gefallen? Und was bewegt Vorstand und Aufsichtsrat der Curagita Holding AG, in das kleine, marode Krankenhaus vor den Toren Hamburgs zu investieren?
Die Affinität zu Hamburg ist leicht erklärt. Medienberichten zufolge übernahm die Curagita 2013 die insolvente Hamburger Hanserad-Gruppe. Deren Gründer und Geschäftsführer soll sich 34 Millionen Euro erschlichen haben und inzwischen abgetaucht sein. Sieben Radiologie-Standorte in und um Hamburg und zwei in München gehören seither zur Curagita, die auch sämtliche Verbindlichkeiten übernommen haben soll. Auch als Ergänzung des Hamburg-Engagements der Curigita dürfte deshalb Salzhausen gut taugen.
Als Insolvenzverwalter agierte seinerzeit ein Anwalt aus der großen Kanzlei „JNP“. Dieser gehört auch Jan Ockelmann an, der gerade die Insolvenz des Krankenhauses Salzhausen abwickelt. Insider verwundert Ockelmanns Empfehlung für Curagita deshalb nicht.
Monopoly mit weißem Ritter
- ein Kommentar
Da ist er, der Weiße Ritter, der Deutschlands einziges, nur leider abgewirtschaftetes Genossenschaftskrankenhaus selbstlos in die Zukunft führt. Wirklich? Die Curagita-Manager nutzen - legal - eine Gesetzeslücke für einen wichtigen Geschäftszweig: die Einrichtung von Medizinischen Versorgungszentren (MVZ).
Sie brauchen ein Krankenhaus, weil der Gesetzgeber nicht will, dass Krankenversorgung zur reinen Renditewirtschaft verkommt. Mit der Klinik Salzhausen hätten die Heidelberger die rechtliche Voraussetzung, um Deutschland weit in MVZ investieren zu lassen - als Rendite-Objekte.
Ob die Strategieüberlegungen des Gesundheitskonzerns als Basis taugen, einem kleinen Krankenhaus eine Perspektive zu geben? Zweifel sind erlaubt.
Reinhard Schrader
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Redakteur:Reinhard Schrader aus Buchholz |
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