"Wir wollen Ärger produzieren"
Protest gegen Mehrbelastung der Lehrer: Gymnasialleiter verteidigen Aussetzung der Klassenfahrten
(os). Dass die Siebt- und Neuntklässler des Buchholzer Gymnasiums am Kattenberge (GAK) gerade ihre Klassenfahrten gemacht haben, ist der Tatsache geschuldet, dass die Reisen schon langfristig gebucht waren. Niemand war bereit, etwaige Stornogebühren zu tragen. Die Personalversammlung des GAK hat beschlossen, alle weiteren Klassenfahrten in diesem Schuljahr auszusetzen. "Wir haben die Entscheidung nach drei kontroversen Diskussionsrunden gefällt", erklärt Lehrerin Claudia Hilbert, Mitglied des GAK-Personalrates. "Uns ist die Entscheidung nicht leicht gefallen."
Wie die meisten Gymnasien in Niedersachsen hat das GAK freiwillige Leistungen wie die Klassenfahrten gestrichen, um Lehrer zu entlasten. Die Maßnahme ist eine Gegenreaktion auf den Beschluss von Landes-Kultusministerin Frauke Heiligenstadt (SPD), Gymnasiallehrer eine Stunde länger pro Woche arbeiten zu lassen. Gleichzeitig wurde die zugesagte Regelung gekippt, Lehrer ab 55 Jahren eine Wochenstunde zu erlassen. Lehrer ab 60 Jahren werden statt um zwei Stunden nur um eine Wochenstunde entlastet.
Das WOCHENBLATT hat bei Gymnasialleitern in der Region nachgefragt: Wie gehen sie mit der Extra-Belastung für die Lehrer um?
Ruprecht Eysholdt, Gymnasium Süd Buxtehude: "Die Personalversammlung hat empfohlen, Klassenfahrten unbefristet auszusetzen." Ausgenommen seien die Austauschfahrten nach Frankreich, Polen und China. Die beamtenrechtliche Situation lasse keine andere Wahl, als indirekt Druck aufzubauen. Für die zusätzliche Lehrerstunde gebe es keine Notwendigkeit, sagt Eysholdt. Für die Schüler tue ihm der Wegfall der Schüler Leid. Man arbeite an Ersatzleistungen für Klassenfahrten, z.B. eintägige Exkursionen.
Michael Kiselowa, Luhe-Gymnasium Winsen: "Wir haben die Klassenfahrten und auch die Skifreizeit der neunten Klassen befristet eingestellt." In der Lehrerschaft bestehe aber die Bereitschaft, die Angebote wieder aufzunehmen, sobald von der Landesregierung ein Ausgleich für die Mehrarbeit formuliert werde. Er finde es nicht gut, das zusätzliche Mittel für die Ausstattung von Gesamtschulen und Kitas einseitig von Gymnasien wieder eingetrieben werden. Er überlege, die Lehrer zu entlasten, indem er Sonderveranstaltungen aus dem Nachmittag in den Vormittag ziehe, so Kiselowa.
Dieter Offermann, stv. Leiter des Atheneums Stade: "Wir haben alle Klassenfahrten gestrichen, die mit Übernachtungen verbunden sind." Tagesfahrten würden wie gehabt stattfinden. Man habe sich für die Aussetzung der Klassenfahrten entschieden, weil man hier die besten Aussichten sehe, Wirkung bei der Landesregierung zu erzielen. Die Entscheidung gelte zunächst nur für das laufende Schuljahr, so Offermann.
Hans-Ludwig Hennig, Albert-Einstein-Gymnasium Buchholz: "Wir lassen in diesem Schuljahr die Klassenfahrten der siebten Klassen und die Kennenlerntage der fünften Klasse ausfallen." Nur über Absagen könne man Druck aufbauen. "Wir wollen Ärger produzieren", gibt Hennig zu. Er wolle die Lehrer entlasten, indem er Dienstversammlungen an vier Nachmittagen am Vormittag stattfinden lässt. Er habe die Hoffnung, dass im kommenden Schuljahr das Fahrtenkonzept der Schule wieder umgesetzt werden könne, so Hennig.
Die Schulleiter setzen ihre Hoffnung in einer Klage des Philologenverbandes gegen die Entscheidung der Landesregierung, die Extra-Unterrichtsstunde nur für die Gymnasiallehrer festzusetzen. Damit würden diese unverhältnismäßig belastet. Mit einer Entscheidung wird im Frühjahr 2015 gerechnet.
Redakteur:Oliver Sander aus Buchholz | |
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