Kreistags-Sondersitzung zu Krankenhaus-Gesetz
Zukunft der Kliniken steht auf dem Spiel
In Berlin ist die rot-gelb-grüne Ampelkoalition seit dieser Woche Geschichte. Der Bundeskanzler hat den Finanzminister entlassen und will im Januar die Vertrauensfrage stellen. Während auf Bundesebene das blanke Regierungs-Chaos herrscht, ist bei den Politikern im Landkreis Harburg mehr denn je Geschlossenheit gefordert, wenn sie bei der Sondersitzung des Kreistages am Montag, 11. November, um 14 Uhr über eine landesweite Resolution gegen das vom Bund geplante Krankenhausversorgungs-Verbesserungsgesetz (KHVVG) abstimmen - und damit über den Erhalt der Kliniken in der Region.
Die Resolution wendet sich gegen die unzureichende Finanzierung der Kliniken durch Bund, Land und Krankenkassen. Gerade in Niedersachsen bringen immer mehr Landkreise Millionenbeträge auf, weil sie als Träger für Defizite aus dem laufenden Betrieb der Krankenhäuser aufkommen müssen.
Geschlossenheit der Politiker ist gefordert
Bei der vorherigen Sitzung des Kreistages sollte die Resolution bereits verabschiedet werden. Dies scheiterte am Veto der Grünen, die die Kurzfristigkeit der Abstimmung kritisierten. Daraufhin beantragte die Gruppe CDU/FDP eine Sondersitzung des Kreistages, auf der die Resolution nun verabschiedet werden soll, um damit der Landesregierung "Rückenwind" für die Ende des Monats stattfindenden Beratungen über das KHVVG im Bundesrat zu geben.
Mit der Resolution gegen das vom Bund geplante Krankenhausversorgungs-Verbesserungsgesetz (KHVVG), das nach dem Landkreis Stade auch der Kreistag des Landkreises Harburg in seiner Sondersitzung verabschieden will, protestiert er gegen die unzureichende Finanzierung der Kliniken. Immer mehr Landkreise müssen mit Millionenbeträgen die Defizite der Häuser ausgleichen, deren Existenz aufgrund von Kostensteigerungen und Inflation oft bedroht ist. Um die Notwendigkeit ihres Fortbestehens zu untermauern, haben die für die Schlaganfallversorgung im Kreis Harburg zuständigen Kliniken jetzt ein gemeinsames sektorüberübergreifendes Konzept erstellt.
Schlaganfall-Schulterschluss soll Klinikerhalt sichern
An dem Konzept beteiligt sind die Kreiskrankenhäuser in Buchholz und Winsen sowie die Waldklinik Jesteburg, die wiederum eng mit dem Rettungsdienst des Landkreises kooperieren.
"Der Landkreis Harburg hat circa 262.000 Einwohner, von denen etwa 40 Prozent älter als 55 Jahre sind. In Bezug auf Schlaganfall-#+erkrankungen ist somit mit einer Inzidenz von rund 350 bis 400 behandlungsbedürftigen Fällen pro Jahr zu rechnen", heißt es in der Präambel. Hinzu kämen Patienten mit akuten vorübergehenden Durchblutungsstörungen des Gehirns, die ebenfalls auf Schlaganfalleinheiten (Stroke-Unit) behandelt würden. Insgesamt kämen zu den Stroke-Units der Krankenhäuser Buchholz und Winsen etwa 900 bis 1.000 Patienten (Buchholz 700/Winsen 250) pro Jahr, von denen viele auf weitergehende Behandlungen angewiesen seien. Bei Schlaganfall-Notfällen komme es auf jede Sekunde an, da "durch den Gefäßverschluss Nervenzellen des Gehirns nicht ausreichend durchblutet werden und in der Folge untergehen". Schon nach kurzer Zeit würden Symptome wie Lähmungen oder Sprachstörungen irreversibel.
"Das Krankenhaus Buchholz hat eine neurologische Abteilung mit hoher Expertise in der Behandlung von Schlaganfällen", wird im Konzept betont. Das Winsener Krankenhaus besitze keine eigene Neurologie, die Unterstützung aus Buchholz und die internistische Abteilung in Winsen gewährleisteten jedoch eine "hochwertige Versorgung von Schlaganfällen". An die akut-stationäre Behandlung schließe sich die neurologische Frührehabilitation in der darauf spezialisierten Waldklinik Jesteburg an. So könnten die Patienten im Landkreis Harburg "inhaltlich optimal abgestimmt und mit kurzen Wegen behandelt werden".
Dank der Vernetzung der an der Schlaganfallbehandlung beteiligten Einrichtungen könne "der in einem Flächenlandkreis ansonsten kaum vermeidbare Konflikt zwischen ausreichender räumlicher und zeitlicher Erreichbarkeit der Angebote gelöst werden". Die Verfasser der Konzeption heben schließlich hervor, diese könne "mit Fug und Recht als modellhaft bezeichnet werden", denn: "Sie führt zu einer reduzierten Morbidität und Mortalität der betroffenen Patienten und hilft, Folgekosten zu reduzieren. Dies wird auch durch die Daten der Qualitätssicherung bestätigt. Es bleibt zu hoffen, dass dieses Modell auch unter einer zu erwartenden Gesundheitsreform weiter Bestand haben kann!"
• Kurz vor Redaktionsschluss stellten die Gruppe Grüne/Linke und die SPD-Fraktion des Kreistages folgenden gemeinsamen Antrag für dessen Sondersitzung: "Der Kreistag beauftragt den Landrat des Landkreises Harburg, die Niedersächsische Landesregierung aufzufordern, in Verhandlungen mit dem Bundesministerium für Gesundheit oder durch einen Bundesratsbeschluss eine gesetzliche Regelung zu erwirken, die die Basiskorrektur der Landesbasisfallwerte ab 2025 um die Kappungsbeträge der Jahre 2022-2024 in Höhe von 3,9 Prozent sicherstellt."
- Sozialpolitischer Sprecher der Landtags-CDU misstraut Gesundheitsminister
„Das Vertrauen in den Bundesgesundheitsminister ist erschüttert. Wichtige Versprechen wie die Überbrückungsfinanzierung wurden gestrichen, Mitspracherechte bei der Gesetzesgestaltung eingeschränkt und eine umfassende Auswirkungsanalyse zurückgehalten“, erklärte Eike Holsten, sozialpolitischer Sprecher der CDU-Fraktion, jetzt in der aktuellen Stunde im Landtag. Dies gefährde die Versorgungssicherheit in Niedersachsen.
Vor der anstehenden Sitzung des Bundesrats am 22. November fordert die CDU in Niedersachsen von der Landesregierung und vom zuständigen Minister, alle Erkenntnisse zur Reform den niedersächsischen Kliniken sowie den betroffenen Verbänden und Kassen offenzulegen. „Die Menschen haben ein Recht auf Klarheit, was diese Reform für die medizinische Versorgung bedeutet“, betonte Holsten.
Holsten mahnt, dass Niedersachsen als Flächenland auf ein maßgeschneidertes Krankenhausnetz angewiesen sei. „Wir brauchen eine Reform, die den Bedürfnissen unserer ländlichen Strukturen gerecht wird – aus Niedersachsen, für Niedersachsen. Nur hier vor Ort kann entschieden werden, welche Versorgung wo benötigt wird. Eine zentrale Planung würde unseren Kliniken die nötige unternehmerische Freiheit nehmen und könnte die Versorgungssicherheit gefährden.“
Zusätzlich fordert die CDU eine sofortige Überbrückungsfinanzierung, um Insolvenzen zu verhindern. „Es ist nicht hinnehmbar, dass die Kommunen sich für ihre Kliniken verschulden sollen, während der Bund die finanzielle Verantwortung auf Länder und Beitragszahler abwälzt“, kritisierte Holsten. Die Finanzierung des Transformationsfonds werde ausschließlich von gesetzlich Versicherten getragen, was zu einer weiteren Beitragserhöhung führen werde – eine Belastung, die angesichts der höchsten Sozialabgaben seit 20 Jahren nicht vertretbar sei.
„Wir fordern die Landesregierung auf, sich im Bundesrat entschieden für Korrekturen an dieser Reform einzusetzen und den Vermittlungsausschuss anzurufen“, appellierte Holsten abschließend. „Ein Eingriff in das Gesundheitswesen dieser Dimension darf nicht ohne umfassende Transparenz und Planungssicherheit erfolgen.“
Redakteur:Christoph Ehlermann aus Salzhausen |
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