Interview mit Peter Schmidt: Ein letztes Mal "Rock meets Classic"
Erst aufs Sofa und dann wieder auf die Bühne
tk. Buxtehude. Es braucht keinen Hellseher, um vorauszusagen: Der Vorverkauf für die Tickets für "Rock meets Classic" hat am Mittwoch um 10 Uhr begonnen und wird vermutlich schon um 10.30 Uhr beendet worden sein, weil alle Eintrittskarten für die drei Konzerte am 28. und 29. September weg sind. Das WOCHENBLATT hat vor dem Vorverkaufsstart mit Peter Schmidt, dem Macher und Motor von Buxtehudes erfolgsreichster Konzertreihe, gesprochen. Schmidt zieht sich nach dem zwölften Kult-Konzert zurück und plant neben dem Aufladen seines Akkus schon musikalisch Neues.
WOCHENBLATT: Warum hörst du auf - weil es gerade am schönsten ist?
Peter Schmidt: Eine meiner Lebensregeln lautet: Egal, wie eine Sache läuft, bring sie gut zu Ende! Oder in Anlehnung an eine alte Dakota-Indianer-Weisheit: Bevor du entdeckst, dass dein Pferd tot ist, steig ab!
WOCHENBLATT: Dieses Format war ein Traum von dir. Kam der Megaerfolg überraschend?
Peter Schmidt: Meine Ansicht ist: Den Riecher für erfolgreiche Sachen zu haben, kann man nicht lernen - den hat man oder nicht. In meiner Tonmeisterlaufbahn Hits schon im Demostadium zu erkennen, war schon immer meine Stärke. Ich bin da sicher und vertraue meinem angeborenen Gespür bei der Entscheidung, ob ein Titel bei Menschen ankommt oder nicht. Dieses emotionale Empfinden berücksichtigt dabei immer zwei Punkte: die künstlerische Qualität und das genial Banale - also das Kommerzielle - eines Titels. Natürlich kann man auch ganz einfach sagen, ich treffe den Geschmack vieler Menschen. Also, überrascht wurde ich nicht, wohl aber von der Nachhaltigkeit. Wir sind jetzt zwölf Jahre immer ausverkauft. Die Menschen lieben das Format. Ein großes demütiges "Danke"!
WOCHENBLATT: Woran liegt es, dass die Konzerte dermaßen erfolgreich sind?
Peter Schmidt: Vor 30 Jahren kam ich von Hamburg nach Buxtehude und hatte doppeltes Glück: einmal der Liebe wegen und dazu die wertvolle Erkenntnis, dass Buxtehude so großartige und menschliche Musiker wie die Buxtehuder Allstars beheimatet. Ich begann zügig mit den Vorbereitungen, meinen lang gehegten Traum auf die Bühne bringen: tolle Musik beider Genres zu verschmelzen, mit vielen Künstlern aus Buxtehude und Hamburg. Anfangs mit dem klassischen Buxtehuder Jugendorchester, heute mit den Likedeeler Sinfonikern unter der Leitung von Pascal F. Skuppe. Nicht zu vergessen die St. Pauls Gospel Voices, die Buxtehuder Stieglitze und die Ballett-Mäuse der Marta Oerding Ballettschule. Immer ergänzt durch Tenöre und Sopranistinnen und weitere wirklich herausragende Buxtehuder Solo-Künstler.
WOCHENBLATT: Welchen Song hast du bei "Rock meets Classic" nie gespielt, hättest ihn aber gerne auf die Bühne gebracht?
Peter Schmidt: Es ist kein Song, sondern eine Kunstform des Theaters: das Ballett. Leider gibt die Bühnengröße der HPS keine großen, Raum greifenden Tänze her. Aber zur letzten Aufführung habe ich wieder ein Kinderballett bei Marta Oerding „bestellt“. Ich freu mich jetzt schon drauf, die kleinen Elfen wiederzusehen.
WOCHENBLATT: Gibt es ein Lieblingsstück, dass du (fast) immer im Programm hast?
Peter Schmidt: Nein, ein Lieblingsstück habe ich nicht. Aber es gibt ein paar Stücke, bei denen meine Seele sehr bewegt wurde. Dazu gehören alle klassischen Arien und drei sehr besondere Beiträge: der Vortrag der Poetry-Slammerin Thea Laser mit „Wenn Instrumente sprechen könnten“. Dann Lavinia Husmann und Ilias Rafailidis mit ihrem unglaublichen Auftritt „The Girl From 14 G”, und die Welturaufführung des Dave-Brubeck-Titels „Take Five“ mixed mit einem Bach-Präludium, gespielt von Suren Anisonyan (Cello) und Alexey Lokhmachev (Fagott).
WOCHENBLATT: Gab es bei den Proben mal Momente wo du dachtest - "Shit, das wird nichts"?
Peter Schmidt: Nein, nicht wirklich. Natürlich gab es enttäuschende Momente, wenn mich unfassbare Verhaltensweisen von Menschen aus dem Ensemble umgehauen haben, z.B., wenn man plötzlich mitten in der Vorbereitung ohne Dirigenten dasteht. Aber ich habe ganz viel gelernt und meine zwei Lieblingssätze aus diesen Erfahrungen lauten: "Peter, du schaffst das!" und "Es gibt nicht nur die eine Wahrheit!"
WOCHENBLATT: Auf der Bühne erscheint ihr immer wie eine große, glückliche "Rock meets Classic"-Familie. Keine Eifersucht unter Künstlerinnen und Künstlern?
Peter Schmidt: Nein, wirklich nicht. Ich freu mich immer dermaßen über gelungene Darbietungen von Künstlern, mit denen ich auf der Bühne sein darf, dass das wohl ansteckend ist. Jedenfalls gibt jeder sein Bestes. Als erfahrener Tonmensch weiß ich sehr wohl, wie gut alle um mich herum sind. Der Gesang von Anja, Jasmin, Craig, Rico und Vlado hält selbst internationalen Vergleichen stand. Dass ich da mit meinem "Locomotive-Breath-Gesang" mitmachen darf, ist schon ein großzügiges Geschenk an mich. Das Verhältnis zu den Klassikern, allen voran dem Dirigenten Pascal F. Skuppe, könnte nicht besser sein. Klares Indiz: Das Orchester lacht beim Spielen viel häufiger als früher!
WOCHENBLATT: Was kommt jetzt? Wirst du Privatier?
Peter Schmidt: Zur ersten Hälfte der Frage: Ich plane für das nächste Jahr ein Open-Air-Konzert im Buxtehuder Stadtpark auf der Wiese vor dem Hallenbad der Buxtehuder Stadtwerke. Überschrift: GREEN, GREEN GRAS OF HOME! Das Besondere daran: Es soll ohne Eintritt ablaufen. Nur Unplugged-Gruppen wie "40 Love", "Die Mädels & ich", "Onkel Hanke" oder "Monsters Of Liedermaching" werden auftreten. Also nix Lautes, aber emotional und lustig zum Durchdrehen, auf einer Decke mit Rotwein und Käse, freilaufenden Babys und knutschenden Omas und Opas, Musik bei roter Abendsonne. Die notwendigen Gespräche mit Entscheidern und Sponsoren hab ich bereits begonnen.
Nun zur zweiten Hälfte der Frage: Ja, es geht mir gut. Diesen Zustand zu erhalten, ist aber mit zunehmendem Alter eine fragile Angelegenheit. Wer wie ich erfolgreiche Kunst produzieren möchte, der muss über einen gut gefüllten Lebens-Akku verfügen, denn zwölf Jahre kulturelle Höchstleistung mit großartigen Künstlern beider Musikwelten, mit drei charakterlich sehr authentischen Dirigenten, immer mit 600 erwartungsvollen und dann restlos begeisterten Menschen vor der Bühne, manchmal bis zu 90 Personen auf der Bühne, einige Male mit Kindern und Chören und jedes Mal mit einer lieben Frau daheim, die so manche Aufregung aufgefangen und weggezaubert hat. Das verbraucht eine Menge Energie. Aber das alles beinhaltet auch große Momente der Freude, Demut und Stolz. Daher bitte ich um Verständnis: Jetzt muss ich einfach mal ganz lange aufs Sofa! Und dann mach ich wieder Musik: mit "40 LOVE".
WOCHENBLATT: Bitte den Satz aus dem John-Miles-Song "Music was my first love" mit deinen Worten weiterführen.
Peter Schmidt: "Music was my first love" stimmt nicht für mich, denn ich wollte eigentlich immer Kapitän werden. Aber der Auftritt der ersten Beat Band, den ich am Athenaeum in Stade im Alter von elf Jahren erlebte, hat mich dann zur musikalischen Landratte werden lassen.
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