Holzmarkt ist eingebrochen
Borkenkäferbefall noch lange nicht vorbei: "Die Lage ist gruselig"

Keine Chance für den Baum: So sieht es aus, wenn der Borkenkäfer z. B. eine Fichte befällt | Foto: Niedersächsische Landesforsten
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  • Keine Chance für den Baum: So sieht es aus, wenn der Borkenkäfer z. B. eine Fichte befällt
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(os/jd). Die vergangenen Tage waren ganz nach dem Geschmack von Torben Homm. "Wenn es der Landwirtschaft zu nass ist, freuen wir uns über das Wetter", sagt der Förster von der Forstbetriebsgemeinschaft Forstverband Jesteburg. Seine Kollegen und er kämpfen immer noch mit den Folgen des Borkenkäferbefalls von Bäumen aus dem vergangenen Jahr. Da kommt das kalte Wetter gerade recht, denn gerade stehen die ersten Schwarmflüge der neuen Käfergeneration an, und Temperaturen unter 18 Grad sowie feuchtes Klima mögen die kleinen Schädlinge nicht. Homm betont allerdings, dass das Schlimmste noch lange nicht überstanden ist: "Die Situation in den Wäldern ist nach wie vor gruselig."

Bei Befall muss sofort gehandelt werden

Diverse Waldflächen in der Region müssen noch freigeräumt werden, u. a. in Helmstorf-Harmstorf, Klecken und Trelde (alle Landkreis Harburg). Zudem müsse man auf der Hut sein und den Befall neuer Waldflächen schnell entdecken, um sofort handeln zu können und die Ausbreitung weiterer Borkenkäferpopulationen zu verhindern. Besonders aufpassen müsse man derzeit auf die Sitka-Fichte, die zuletzt besonders stark befallen war, z. B. auf Flächen in der Rosengarten-Gemeinde Alvesen.
"Unsere Förster haben die Fichtenbestände genau im Blick und sind darin geschult, wo sie hinschauen müssen", sagt Landesforsten-Pressesprecher Knut Sierk. Ein Befall sei u.a. erkennbar an dem feinen Bohrmehl, dass auf die Rinde rieselt, oder an Harztropfen, die wie Perlen auf dem Stamm schimmern. Ein weiteres Zeichen seien die sogenannten Spechtabschläge. Diese entstehen, wenn ein Specht auf der Suche nach den leckeren Käfern die Baumrinde abhackt. "Derzeit werden die Bäume verstärkt in Augenschein genommen", so Sierk. Die neue Brutgeneration dürfe sich gar nicht erst verbreiten.

Waldbesitzer haben finanzielle Einbußen

Die Masse an Totholz als Folge des Borkenkäferbefalls - besonders betroffen sind Flächen im Harz, im Solling, in Hessen und in Bayern - hat für die Waldbesitzer mittlerweile erhebliche finanzielle Folgen. "Der Holzmarkt ist total verfallen", betont Norbert Leben, Präsident des Waldbesitzerverbands Niedersachsen. Er vertritt u. a. 3.200 Waldbesitzer im Landkreis Harburg und 400 im Landkreis Stade. Derzeit müssten die Besitzer eher Geld mitbringen, wenn sie sich um die Pflege ihrer Wälder kümmern, erklärt Leben. Erzielten die Besitzer früher je nach Stärke des Holzes 80 bis 95 Euro pro Festmeter, seien es derzeit nur 25 bis 33 Euro. Aber: Allein in die Aufbereitung des Holzes müssen die Waldbesitzer 20 bis 25 Euro investieren. Hinzu kämen Kosten, um neue Baumkulturen hochzuziehen. Norbert Leben schätzt den wirtschaftlichen Schaden im "deutlich zweistelligen" Millionen-Euro-Bereich.
Der massive Preisverfall beim Holz bereitet auch Dr. Hartmut Schröder, Geschäftsführer der Forstbetriebsgemeinschaft (FBG) Elbe-Weser, Kopfzerbrechen. In dieser Forstgemeinschaft sind rund 1.700 Eigentümer von Privatwäldern zwischen Elbe und Weser zusammengeschlossen, darunter viele Landwirte. Die FBG ist für rund 15.000 Hektar Wald zuständig und übernimmt auch die Vermarktung des Holzes - wenn es sich denn überhaupt verkaufen lässt.

Überangebot auf dem Holzmarkt

"Auf dem Markt besteht ein Überangebot an günstigem Fichtenholz. Die Preise für solches Industrieholz sind auf dem Tiefpunkt", berichtet Schröder. Der Preisverfall sei noch schlimmer als in den Vorjahren und wegen des Corona-bedingten Produktionsrückgangs in der holzverarbeitenden Industrie laufe der Absatz in diesem Jahr noch schleppender, so Schröder. Er bestätigt Lebens Einschätzung, dass viele Waldbesitzer nicht mehr kostendeckend wirtschaften können.
Die Waldbesitzer stünden gleichwohl zur Pflege des Waldes und damit zur Daseinsvorsorge für die gesamte Gesellschaft, betont Norbert Leben. Allerdings wolle man mehr mit klimastabileren Bäumen wie Douglasie, Japanlärche oder Roteiche anstatt Fichten arbeiten. "Leider stoßen wir dabei oft auf Widerstand der Klimaschützer", berichtet Leben. Die Waldbesitzer bräuchten eine Zukunftsperspektive. Derzeit sei es schwer, optimistisch zu bleiben: "Ich komme mir häufig wie ein Pastor vor, der Hoffnung verbreiten möchte."
Sorgen bereitet Leben, dass mittlerweile auch die robustere Kiefer immer häufiger befallen wird. Auch seine Hoffnung geht deshalb in Richtung Wettergott: "Ich würde mich über feuchtes und nicht zu heißes Wetter freuen." Das wäre für die Bäume wie eine gut tuende Massage.

Redakteur:

Oliver Sander aus Buchholz

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