IVD Nord zur Baukrise
Einschnitte beim Mietrecht kontraproduktiv
Jan Mettenbrink, stellvertretender Vorsitzender des Immobilienverbandes Deutschland Nord (IVD) für Niedersachsen und freier Sachverständiger für Immobilienbewertung, informiert über die Aktivitäten des IVD, die sich mit der aktuellen Politik auseinandersetzt.
Carl-Christian Franzen, stellvertretender Vorsitzender des IVD Nord in Hamburg: „Teile der Politik scheinen die Funktion des (Wohn-)Immobilienmarktes immer noch nicht verstanden zu haben. Selbst gutgemeinte regulative Eingriffe haben noch nie mehr Wohnraum geschaffen. Und dieser ist dringend nötig. Bauen ist und bleibt die beste Mietpreisbremse. Wir brauchen beispielsweise Anreize zur Eigentumsbildung, um den Mietmarkt zu entspannen. Deswegen begrüßen wir den Vorstoß, der beim Wohnungsbaugipfel gemacht wurde, bei dem die Anhebung der Einkommensgrenzen beim Wohneigentums-Förderprogramm für Familien angekündigt wurde. Aber auch das große Potenzial der Grunderwerbsteuer als wohnungsbau- und klimapolitisches Instrument muss genutzt werden. Zudem regen wir eine Mehrwertsteuersenkung für Heiz- und Betriebskosten sowie Bauleistungen an, die auch zeitlich befristet sein könnte.“
Hamburger Bündnis für das Wohnen
Das Hamburger Bündnis für das Wohnen hat sich dazu in einem Schreiben vom 21. September an Bundesministerin Klara Geywitz und den Bundeskanzler in Kopie gewandt: „Der Hamburger Bündnisgipfel hat im Juni eine Reihe von Forderungen formuliert, einige davon richten sich an die Bundesebene.
1. Insbesondere in den Quartieren besteht weiter hoher Neubaubedarf auch im frei finanzierten Segment. Eine neue Bundesförderung kann hier helfen, angemessenen Neubau in bestehenden Quartieren zu initiieren und würde neue Impulse setzen. So könnten mit energieeffizientem und Kohlendioxid-reduziertem Neubau gezielt Wohnbedarfe älterer und kleiner werdender Haushalte standortnah bedient und gleichzeitig die notwendigen Umzugsketten durch freiwerdende größere Bestandswohnungen für Familien nachhaltig initiiert werden.
Neubauförderung mit Breitenwirkung
Der Bund leistet mit der Förderung der Bestände und für den öffentlich geförderten Wohnungsbau wichtige Beiträge. Zusätzlich wäre eine gezielte Neubauförderung mit Breitenwirkung und machbaren Anforderungen erforderlich, die insbesondere den demografiefesten und klimagerechten Neubau für kleine Haushalte mit geringen Einkommen voranbringt. Der altersgerechte Neubau ohne Sozialbindungen unterstützt dann ältere Haushalte, die sich verkleinern möchten, und schafft langfristig geeigneten Wohnraum für die Wohnbedürfnisse im demografischen Wandel. Die durch dieses neue Angebot im Quartier freiwerdenden Bestandswohnungen werden modernisierungsfähig, so dass sie insbesondere energetisch ertüchtigt werden können, ggfls. im Quartiersverbund, um sodann neuen Bevölkerungsgruppen zur Verfügung gestellt werden zu können. Eine derartige Förderung aus Ihrem Hause könnte langfristig viele Synergieeffekte heben und einen wertvollen Beitrag vor Ort leisten.
Umsetzbare Standards
2. Umsetzbare und verlässliche Standards sind im Wohnungsbau elementar und in der jetzigen Krise unabdingbar. Eine Weiterentwicklung sollte aber mit Augenmaß geschehen. Aktuell sollte es keine Anhebung insbesondere auch der energetischen Standards für Neubau und Modernisierung geben. Zudem brauchen wir planbare und auskömmliche Fördermittel. Daher bitten wir Sie, sich für ein Moratorium und anschließend für langfristig gültige Bau- und Energiestandards und eine verlässliche Förderkulisse in diesem Sinne einzusetzen.
3. Die Klimaziele im Bereich der Wohngebäude können nur mithilfe wirksamer ganzheitlicher Lösungen erreicht werden. Dazu bedarf es neuer gesetzlicher Regelungen für einen klimagerechten Quartiers- und Flottenverbrauchsansatz, der eine Gesamtbetrachtung und -bilanzierung von Gebäudeeffizienz, Anlagentechnik und Energieversorgung ermöglicht. Die Ziele der Gebäudeeffizienz bzw. des Primärenergieverbrauchs müssen zeitnah durch die THG-Emissionen als Ziel- und Steuerungsgröße ergänzt werden.
Steuerliche Anreize
4. Der Bündnisgipfel hat sich auch für neue und weitergehende steuerliche Anreize ausgesprochen. Mit der degressiven AfA wurden diese – nicht zuletzt durch Ihren Einsatz - zum Teil im Wachstumschancengesetz aufgegriffen, dafür danken wir Ihnen. Wir halten es jedoch für angezeigt, eine entsprechende Steuerbegünstigung zumindest zeitlich befristet auch für selbstnutzende Haushalte zu ermöglichen. Eine befristete Senkung der Umsatzsteuersätze hat 2020 ebenfalls nachweislich positive Auswirkungen auf die Baukosten in Hamburg gezeigt. Das hat das letzte Baukostengutachten der ARGE e.V. (Bauforschungsbericht Nr. 85 der ARGE e.V.) verdeutlicht. Wir bitten sie daher, sich für eine befristete Mehrwertsteuersenkung für Bauleistungen einzusetzen.“
Anika Schönfeldt-Schulz, Vorsitzende des IVD Nord: „Bei der Grunderwerbsteuer muss zudem endlich das Kompetenz-Gerangel zwischen Bund und Ländern aufhören. Den Länderfinanzministern muss klar sein, dass bei einem weiteren Einbruch der Neubau- und Transaktionszahlen das Grunderwerbsteueraufkommen weit stärker sinken wird als durch eine Reduzierung der Grunderwerbsteuersätze oder der Gewährung von Freibeträgen. Mit einer Klimakomponente bei der Grunderwerbsteuer, die reduziert wird, wenn niedrigschwellige energetische Sanierungsmaßnahmen durchgeführt werden, hätte man sogar einen energiepolitischen Hebel. Zudem ist die Grunderwerbssteuer nicht nur der höchste Kostenpunkt beim Ankauf einer Immobilie, sondern erfolgt ohne unmittelbare Gegenleistung. Anders als beispielsweise für Maklervermittlungen oder Notar- und Gerichtskosten. Dieses Geld wird gerade jetzt dringend für den Eigenkapitalanteil einer Finanzierung benötigt.“
Für das Vorhaben, verpflichtende Sanierungen auf Ebene einzelner Gebäude durch die geplante Europäische Gebäuderichtlinie auszuschließen, hat der Bundeskanzler die volle Rückendeckung der Immobilienwirtschaft. „Sonst käme nach Beschluss des Gebäudeenergiegesetzes der eigentliche Kostenhammer für Immobilieneigentümer durch die europäische Hintertür“, so Schönfeldt-Schulz abschließend.
Über den IVD:
Der IVD ist die Berufsorganisation und Interessensvertretung der Beratungs- und Dienstleistungsberufe in der Immobilienwirtschaft. Der IVD ist bundesweit mit circa 6.000 Mitgliedsunternehmen der zahlenmäßig stärkste Unternehmensverband der Immobilienwirtschaft. Der IVD Nord ist einer der großen regionalen Verbände im IVD und setzt sich aus den Mitgliedern der fünf Bundesländer Bremen, Hamburg, Mecklenburg-Vorpommern, Niedersachsen und Schleswig-Holstein zusammen. Derzeit sind in ihm rund 1.500 Mitglieder organisiert. IVD Nord-Mitglieder verwalten rund 650.000 Einheiten, davon 500.000 Wohneinheiten, vermarkten im jährlichen Durchschnitt über 30.000 Immobilien im Verkauf und knapp 60.000 Immobilien zur Vermietung und stehen für rund 14.000 Arbeitsplätze. Zu den Mitgliedsunternehmen zählen Immobilienberater, Immobilienmakler, Bauträger, Immobilienverwalter, Finanzdienstleister und Bewertungs-Sachverständige und viele weitere Berufsgruppen der Immobilienwirtschaft. Die Aufnahme in den IVD erfolgt nach Abschluss einer umfassenden Sach- und Fachkundeprüfung und gegen Nachweis des Abschlusses einer Vermögensschaden-Haftpflichtversicherung. Der IVD ist im Jahr 2004 als Zusammenschluss aus den bis dahin selbständigen Traditionsverbänden Ring Deutscher Makler (RDM) und Verband Deutscher Makler (VDM) entstanden.
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