Waldbesitzer-Ehrenpräsident im Interview
Großer Import-Mangel auf dem Holzmarkt
Der Ukraine-Krieg und der Corona-Lockdown in China wirken sich massiver auf den deutschen Holzmarkt aus, als man auf den ersten Blick vermuten mag. Über die Hintergründe und über die Bedeutung ausländischer Holzarten für den deutschen Wald sprach WOCHENBLATT-Redakteur Christoph Ehlermann im "Interview der Woche" mit Norbert Leben (75) aus Schätzendorf, Ehrenpräsident des Waldbesitzerverbandes Niedersachsen und Geschäftsführer der Forstwirtschaftlichen Vereinigung Nordheide-Harburg.
WOCHENBLATT: Herr Leben, welche Auswirkungen haben der Krieg in der Ukraine und der chinesische Corona-Lockdown konkret auf den Holzmarkt in Deutschland?
Norbert Leben: Es fehlen fünf Millionen Festmeter Importholz aus Russland und Belarus, weil der europäische Markt kein Holz aus Krisen- bzw. Kriegsgebieten kauft. Der Absatz nach China läuft nach wie vor gut. Die Nordheide exportiert nicht unwesentliche Mengen nach China. Dieser Markt stützt auch den derzeit guten Preis.
WOCHENBLATT: Als Kriegssanktionen gegen Russland und Weißrussland darf von dort kein Rundholz nach Deutschland importiert werden. Wie wirkt sich das auf die Rundholzpreise in Deutschland aus?
Leben: Die Rohstoffversorgung in Niedersachsen ist gut. Die heimischen Märkte sind ordentlich versorgt. Das in den Export abfließende Holz schränkt die heimische Versorgung nicht ein. Trotzdem bleibt unser Grundsatz: Wir wollen Holz der kurzen Wege.
WOCHENBLATT: In einem Fachmagazin war zu lesen, dass die Nadelschnittholz-Preise (Fichten, Tannen) steigen. Worauf ist diese Entwicklung zurückzuführen?
Leben: Die Preise hängen immer ein Stück weit vom Marktgeschehen und der Nachfrage ab. Die derzeitigen Preise sind auf einem guten Niveau. Die Preise für Fichten und Borkenkäferfichten von vor zwei Jahren waren viel zu gering. Insoweit hat es sich ein wenig normalisiert.
WOCHENBLATT: Bei den Unwettern im Februar fielen deutschlandweit bis zu sieben Millionen Festmeter Windschäden an. Haben Sie mit solch einer Masse gerechnet?
Leben: Die Unwetter im Februar hätten wir weiß Gott nicht gebraucht. Der Schadanfall liegt bei uns in der Nordheide bei dem etwa 1,5-Fachen eines normalen Jahreseinschlags.
WOCHENBLATT: Für welche Industriezweige wird derzeit am meisten Holz verwendet?
Leben: Derzeit wird viel Holz für Zellstoff- und Plattenindustrie (OSB und Span) sowie für Paletten und längere Sägeabschnitte geliefert. Das macht etwa 70 bis 80 Prozent des Aufkommens aus.
WOCHENBLATT: Stimmt der Eindruck, dass aufgrund der kriegsbedingten Energiekrise immer mehr Menschen auf Kaminholz zurückgreifen, statt die Heizung aufzudrehen?
Leben: Wenn man von Energiekrise redet und dabei Holz als Energieträger außen vor lässt, wäre das fatal. Holz zu nutzen ist sinnvoll und entlastet zugleich Gas und Öl. Es wäre eine vertane Chance, wenn man dies nicht nutzen würde.
WOCHENBLATT: Führt der allgemeine Pflanzungstrend im Wald tatsächlich weg vom Nadelwald und hin zu Misch- und Laubwald?
Leben: Seit vielen Jahren betreiben Waldbesitzer - gerade auch in der Nordheide - einen Waldumbau. Reine Nadelholzbestände machen wir schon seit 40 und mehr Jahren nicht mehr. Die Waldbesitzer setzen auf Laub- und Mischwaldbestände. Gerade im Landkreis Harburg praktizieren wir das mit gutem Erfolg.
WOCHENBLATT: Soll man auch ausländische Holzarten wie Douglasien anpflanzen statt nur auf einheimische Holzarten zu setzen?
Leben: Ja, auf jeden Fall. Bei der Klimaveränderung werden wir auf Hölzer aus Fremdländern nicht verzichten können. Gerade sie können sich auf die veränderten Wetterbedingungen besser einstellen und sorgen so dafür, dass wir unsere Wälder entsprechend stabilisieren können. Die Douglasie mit etwa acht bis zehn Prozent Baumarten-Anteil ist im Landkreis Harburg ein Beleg dafür, wie so eine Baumart eingebracht werden kann. Wir vertun eine Chance, wenn wir beispielsweise auf die Douglasie oder die Roteiche verzichten.
WOCHENBLATT: Herr Leben, vielen Dank für das Gespräch.
Redakteur:Christoph Ehlermann aus Salzhausen |
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