Schließfachraub bei der Sparkasse
"Ich verlor den Boden unter den Füßen"
Unterschiedlicher können die Meinungen kaum sein: Während die einen Kunden nach dem spektakulären Schließfachraub bei der Sparkasse Harburg-Buxthehude in Buchholz bereits finanziell entschädigt wurden und offensichtlich zufrieden sind, drohen andere Kunden über ihren Buchholzer Anwalt Jürgen Hennemann juristische Auseinandersetzungen an. Hennemann vertritt einen Mandanten, dem ein Schaden in Höhe von 650.000 Euro entstanden sein soll.
mum. Buchholz. "Als ich von der Sparkasse informiert wurde, dass ich betroffen bin, fühlte es sich an, als ob mir jemand den Boden unter den Füßen wegzieht". Peter K. ist einer der 75 Kunden, deren Schließfach bei dem spektakulären Raub Anfang Juli in Buchholz geplündert wurde (das WOCHENBLATT berichtete). K. möchte seine Erlebnisse schildern, seinen Namen aber nicht der Öffentlichkeit preisgeben. "Natürlich war ich richtig sauer - auch auf die Sparkasse", erinnert sich K. Doch ihm sei bewusst geworden, dass die Mitarbeiter nicht an dem Einbruch die Schuld tragen. "Sie sind selbst Opfer", sagt K. Er habe fast ausschließlich Bargeld in dem Schließfach verwahrt. "Und das ganze Geld war auch weg", sagt der Mann. Die genaue Summe möchte K. nicht verraten. Der Verlust sei nicht existenzbedrohend gewesen. "Aber er hätte große Einschnitte bedeutet, denn es waren unsere Ersparnisse." Unter anderem hatte er das Geld aus einem Pkw-Verkauf im Schließfach deponiert.
Bereits kurz nach dem Raub wurde K. von der Sparkasse zu einem Gespräch gebeten. "Ich sollte Belege mitbringen, um den Schaden zu dokumentieren", so K. Auf der einen Seite habe sich das seltsam angefühlt. "Jetzt muss ich auch beweisen, dass mir mein Geld gestohlen wurde", so K. Auf der anderen Seite habe er jedoch Verständnis für die Sparkasse. "Ich kann mir vorstellen, dass es Leute gibt, die die Gunst der Stunde nutzen und den Schaden höher angeben, als er war."
Vorige Woche wurde K. erneut von der Sparkasse zu einem Gespräch eingeladen. Dort sei ihm dann ein Angebot vorgelegt worden. "Ich bekomme zwar nicht meinen gesamten Schaden ersetzt, aber ich kann mit der Lösung sehr zufrieden sein", so K., der sich insgesamt von den Mitarbeitern sehr gut betreut fühlte. Laut K. sei das Geld inzwischen auf seinem Konto eingetroffen. "Ich habe weiterhin Vertrauen zur Sparkasse und werde auch mein Schließfach weiter nutzen." Allerdings hofft er dass die Sicherheitsvorkehrungen verbessert werden.
650.000 Euro gestohlen
Während Peter K. die Abwicklung seines Schadens positiv beschreibt, gibt es auch deutliche Kritik. Als "grob fahrlässig" bezeichnet etwa der Buchholzer Anwalt Jürgen Hennemann das Verhalten der Sparkasse. In einem Schreiben, das der WOCHENBLATT-Redaktion vorliegt, zitiert Hennemann das Landeskriminalamt (LKA). Demnach sei das Sicherheitssystem der Sparkasse "simpel und primitiv" gewesen. Laut eigenen Angaben vertritt der Fachanwalt für Versicherungsrecht einige der Geschädigten. Er selbst ist auch betroffen. Hennemann sieht die Sparkasse in der Pflicht, den entstandenen Schaden zu ersetzen - "schnell und unbürokratisch". Unter anderem vertritt der Anwalt einen Mandaten, dem - laut Hennemann - ein Schaden in Höhe von 650.000 Euro entstanden sei. "Mein Mandant hat grundlegende Zweifel daran, dass es diese schnelle und unbürokratische Schadensregulierung gibt", so Hennemann, der von systematischen und durchgängigen formalen Hürden im Hinblick auf die vermeintliche Darlegung und den Beweis der eingetretenen Schäden spricht. Zudem kritisiert der Anwalt, dass die Beweisforderungen nicht angemessen seien.
Hennemann fordert die Sparkasse auf, einen Abschlag in Höhe von mindestens 75.000 Euro auf das Konto zu überweisen. Sollte die Sparkasse dem nicht nachkommen, kündigt der Anwalt an, die Forderungen gerichtlich durchzusetzen.
Die Polizei sucht weiterhin Zeugen
Wie berichtete, hatten Unbekannte am 5. und 6. Juli 80 Schließfächer in der Filiale an der Poststraße in Buchholz aufgebrochen und Diebesgut (Schmuck, Geld, Silber und Gold) im Wert von mehreren Millionen Euro erbeutet. Während der Tatausführung liefen die Männer den ganzen Samstag über mehrfach durch die SB-Bereiche und wurden dabei gefilmt. Um nicht aufzufallen, wechselten die Täter mehrfach die Bekleidung. Insgesamt konnten die Ermittler 16 Aufnahmen der Beschuldigten mit jeweils abweichender Kleidung sichern. Die Polizei geht davon aus, dass die Täter unweit der Sparkasse ein Fahrzeug aufsuchten, um die Beute zu deponieren und die Kleidung zu wechseln. Auf der Internetseite der Polizeiinspektion Harburg (www.pd-lg.polizei-nds.de) sind die Bilder zu sehen, die die Täter bei der Tat zeigen.
• Zeugen, die Hinweise auf die Täter geben können, werden gebeten, sich bei der Polizei unter 04181 - 2850 zu melden.
"Herrn Hennemann war unser System sicher genug"
WOCHENBLATT-Redakteur Sascha Mummenhoff sprach mit Sparkassen-Sprecher Carsten Schmuckall über die Vorwürfe von Anwalt Jürgen Hennemann.
WOCHENBLATT: Gab es Gespräche zwischen der Sparkasse und dem Mandanten von Herrn Hennemann?
Carsten Schmuckall: Wir sind mit nahezu allen unseren Kunden in guten Gesprächen zu einer angemessenen Regulierung. Doch schon im August hatten wir uns gewundert, dass wir an eine Handvoll Kunden trotz mehrfacher Versuche auf verschiedenen Wegen einfach nicht herankommen. Da gab es keine Gesprächsbereitschaft. Erst am 2. September - nachdem wir alle geschädigten Kunden noch einmal angeschrieben haben - hat uns die Kanzlei telefonisch die Vertretung von fünf Kunden angezeigt.
WOCHENBLATT: Wie gehen Sie mit dem Schreiben von Herrn Hennemann um?
Schmuckall: Jeder Schadensfall wird von uns sorgfältig und gewissenhaft bearbeitet - unabhängig davon, ob eine anwaltliche Vertretung besteht. So auch hier. Der von Herrn Hennemann gewählte sehr späte Zeitpunkt und der Kommunikationsweg sind ungewöhnlich und haben bereits jetzt zu einer Verzögerung zu Lasten dieser Kunden geführt. Dies bedauern wir sehr und ist nicht in unserem Interesse.
WOCHENBLATT: Wie bewerten Sie den Vorwurf von Jürgen Hennemann, "grob fahrlässig" gehandelt zu haben? Hennemann spricht sogar von "indirektem Vorsatz". Ist es richtig, dass das LKA Ihr System als "simpel und primitiv" bezeichnet hat?
Schmuckall: Das Schließfachsystem ist nach unseren Erkenntnissen in Deutschland über 2.000 mal im Einsatz. In diesem Zusammenhang von indirektem Vorsatz zu sprechen, ist reiner Populismus. Immerhin erschien das System Herrn Hennemann so sicher, dass er selbst Nutzer gewesen ist, wie dem WOCHENBLATT zu entnehmen war. Dahingehende Aussagen des LKA wurden uns gegenüber nicht getätigt.
WOCHENBLATT: Wie ist der Stand der Gespräche mit den übrigen Betroffenen? Wurden bereits Entschädigungszahlungen getätigt? An wie viele Personen?
Schmuckall: Mehr als 30 Kunden wurden bereits abschließend reguliert. Mit nahezu allen weiteren Kunden haben wir fest vereinbarte Termine. Klar, das sind nicht immer einfache Gespräche. Zumal wir den emotionalen oder ideellen Schaden gar nicht ersetzen können. Die Sparkasse wird ihrem Versprechen jedoch gerecht, im Rahmen ihrer Verantwortung die nachgewiesenen Schäden schnell und unkompliziert zu regulieren.
WOCHENBLATT: In welcher Höhe bewegt sich der Schaden? Wer zahlt - eine Versicherung oder die Sparkasse?
Schmuckall: Zu der Schadenshöhe werden wir unverändert keine Angaben machen. Wichtig ist uns an dieser Stelle jedoch nochmals zu betonen, dass wir als Sparkasse gegenüber dem Kunden regulieren. Ob und in welchem Umfang wir wiederum von unseren Versicherern Erstattungen erhalten, soll und wird unsere Kunden in keiner Weise berühren.
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Redakteur:Sascha Mummenhoff aus Jesteburg |
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