Fleischer werben für angemessene Bezahlung für ihre qualitätsvollen Produkte
"Viele machen sich zu wenig Gedanken über die Preise"
(os). "Wenn Hackfleisch günstiger angeboten wird als Paprika, dann läuft irgendetwas falsch", kritisiert Raphael Cordes. Mit seinen Berufskollegen wirbt der Metzger der Landschlachterei Cordes aus Jesteburg für ein Umdenken bei den Verbrauchern und setzt sich für bessere Preise für Lebensmittel und mehr Wertschätzung für qualitätsvolle Produkte ein. Anlass ist der Gipfel, der in der vergangenen Woche in Berlin stattfand und bei dem Bundeskanzlerin Angela Merkel zusammen mit Bundeslandwirtschaftsministerin Julia Klöckner und Bundeswirtschaftsminister Peter Altmaier mit Vertretern des Einzelhandels und der Ernährungsindustrie über angemessene Preise für Lebensmittel diskutierte. Klöckner kündigte an, dass sie eine europäische Richtlinie zu unfairen Handelspraktiken zügig umsetzen wolle.
Viele Kunden machten sich zu wenig Gedanken über die Preise für Lebensmittel, erklärt Raphael Cordes. Er stimme Julia Klöckner zu, die einmal kritisierte, dass viele Kunden beim Kauf von Fleisch ein schizophrenes Verhalten zeigten: Allen liege das Tierwohl am Herzen, keiner wolle aber höhere Preise zahlen, damit dieses umgesetzt werden kann. Cordes verweist auf eine Statistik, nach der die Deutschen im Vergleich mit der Bevölkerung in anderen Industriestaaten wenig Geld in Lebensmittel investieren - nur elf Prozent inklusive Besuchen in Restaurants. Franzosen investierten z. B. 30 Prozent ihres Einkommens in ihre Verpflegung.
Eine weitere Zahl belegt die Verschiebung der Einkaufsgewohnheiten: Kauften die Deutschen vor 30 Jahren noch 49 Prozent ihres Fleischs in der Metzgerei, sind es heute nur noch rund 18 Prozent.
"Ich frage mich manchmal, warum der Handel Fleisch und andere Lebensmittel so günstig anbietet", erklärt Jens Harms, der in dritter Generation die 1938 gegründete Fleischerei Harms in Holm-Seppensen führt. Und liefert die Antwort gleich mit: "Der Handel arbeitet mit Mischkalkulationen, das können wir nicht machen." Anstatt rund 2.500 Artikel wie in Supermärkten sind es in den Metzgereien nur bis zu 200 Produkte. Eine interne Quersubventionierung ist da nicht drin.
Die Metzger setzen gegen den Trend, das Fleisch günstig einzukaufen, maximale Transparenz und hochwertige Ware. Jens Harms bietet Neuland-Qualitätsfleisch aus besonders artgerechter Haltung an. "Das ist ein Nischenprodukt, das bei den Kunden sehr gut ankommt", berichtet er. Die Nutztiere, z. B. das Bunte Bentheimer Schwein, werden nach besonders strengen Regeln artgerecht gehalten. "Das Konzept hat Hand und Fuß, viele Kunden wertschätzen das", betont Harms.
Harms ist optimistisch, das sich am Ende die hohe Qualität der Produkte in den Fachgeschäften durchsetzen wird. Natürlich habe die handwerkliche Arbeit ihren Preis. Harms: "Ich werbe dafür, lieber ein Stück Fleisch weniger zu essen, dafür aber mehr Geld für die hochwertige Qualität auszugeben."
Genau diese Entwicklung hat Steffen Bömmelburg von der Fleischerei Bömmelburg in Stade gerade bei jüngeren Kunden bemerkt. "Die 20- bis 30-Jährigen kaufen bewusster und hochwertiger", betont Bömmelburg. Er wirbt für die Qualität bei den Fleischereien: "Wir gehen mit dem Wertstoff Fleisch viel nachhaltiger um als die Fleischindustrie." Dort gehe es vor allem um hohe Stückzahlen. Es werde fortwährend geschlachtet, mitunter sei der Kunde für die Produkte noch gar nicht gefunden. "Es wird viel zu viel produziert, es gibt ein deutliches Überangebot", betont Bömmelburg. Die Fleischer vor Ort gingen sorgsam mit der Ressource Fleisch um: "Wir haben keinen Schwund, sondern kaufen nur das ein, was wir auch veredeln können. Wir leben ja schließlich nicht vom Wegschmeißen!"
Redakteur:Oliver Sander aus Buchholz | |
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