Staatsanwaltschaft ermittelt wegen Anfangsverdacht
Betrug in Buxtehuder Corona-Testzentrum?
Ein Corona-Testzentrum in Buxtehude steht in Verdacht, mehr Tests abgerechnet als durchgeführt zu haben. Das hat ein Rechercheverbund aus NDR, WDR und "Süddeutscher Zeitung" herausgefunden. Zuerst hat Panorama 3 am Dienstabend darüber gerichtet. "Die Vorwürfe werden überprüft", sagt Oberstaatsanwalt Kai Thomas Breas, Sprecher der Staatsanwaltschaft Stade.
Die beiden Sender und die Zeitung haben berichtet, dass in dem Testzentrum neben der Petri-Kirche durchschnittlich 400 Corona-Test am Tag gemacht worden sein sollen. Laut deren Recherche sei das nicht als hoch aufgefallen und die Kassenärztliche Vereinigung (KV), die für die Abrechnungen verantwortlich ist, habe die Kosten übernommen.
NDR, WDR und "Süddeutscher Zeitung berichten zudem, dass die Betreiber des Testzentrums schon einmal ins Visier der KV geraten sein sollen .Demzufolge die Zahlungen der KV an das Testzentrum gestoppt worden sein, das kurze Zeit später ein paar Meter versetzt erneut öffnete.
Diesem Vorwurf tritt der Betreiber des Testzentrums entgegen: Es habe keinen Stopp von Zahlungen der KV gegeben. Der Umzug der Teststation sei erfolgt, weil sie am neuen Standort eine bessere Sichtbarkeit habe.
Weitere Auffälligkeit laut Rechercheverbund: Nur 0,6 Prozent der Corona-Tests dieser Stelle seien positiv gewesen. Im Kreisdurchschnitt waren es jedoch 3,3 Prozent aller Corona-Tests. Die niedrige Zahl der positiven Testes sei aus Landkreis-Sicht kein zwangsläufiges Indiz für Auffälligkeiten. Es habe sich überwiegend um anlasslose Tests, etwa fürs Freizeitvergnügen gehandelt, bei dem kein konkreter Verdacht auf COVID-19 vorgelegen habe.
"Das Buxtehuder Testzentrum ist mehrfach kontrolliert worden", sagt Daniel Beneke.
Die Autorinnen und Autoren des Beitrags üben anhand des Buxtehuder Beispiels grundsätzliche Kritik: Die Überwachung der Testzentren und deren Abrechnungen sei mangelhaft. Es fehle eine gute Zusammenarbeit zwischen KV und den Gesundheitsämtern. Verantwortung werde abgeschoben. Der Betreiber des Buxtehuder Testzentrums hat in diesem Zusammenhang den Eindruck, dass er ungerechtfertigt als Beispiel für die grundsätzliche Kritik habe herhalten müssen.
Kreis-Sprecher Daniel Beneke betont auf WOCHENBLATT-Nachfrage, dass die Prüfung der Abrechnungen der Testzentren Aufgabe der KV sei. Die Testzentren selbst, ihr Personal und die fachgerechte Durchführung der Tests werde vom Gesundheitsamt überwacht. Es gebe regelmäßige auch verdachtsunabhängige Kontrollen. "Wir zeigen Flagge", so Daniel Beneke.
"Ich will kein Schwarzes-Peter-Spiel", sagt Detlef Haffke, Sprecher der Kassenärztlichen Vereinigung Niedersachsen (KVN). Die Gesundheitsämter und die Kassenärztlichen Vereinigungen würden einen guten Job machen. "Schwarze Schafe gibt es natürlich immer", sagt Haffke. Wenn es Abrechnungen gebe, die nicht plausibel seien, dann werde überprüft. "Das tun wir bestmöglich."
Haffke verweist darauf, dass die Politik im vergangenen Jahr den KVs die Überprüfung der Abrechnungen übertragen habe, als massenhaft getestet wurde und in Folge die Zahl der Betrügereien angestiegen sei. Das sei, trotz finanzieller Unterstützung durch den Bund, im politischen Raum nicht "zu Ende gedacht worden". Die erhebliche Mehrarbeit müsse schließlich auch erledigt werden können.
Ob der Beitrag von NDR, WDR und "Süddeutscher Zeitung" juristische Konsequenzen haben wird, steht derzeit nicht fest. Außer einem Anfangsverdacht, der sich offenbar auf ein anonymes Schreiben aus dem Gesundheitsamt Stade gründet, hat die Ermittlungsbehörde nichts konkretes in der Hand. Ohne Zahlen, die nach WOCHENBLATT-Informationen von der KV kommen müssten, werde es wohl keine großen Ermittlungen geben. Für weiterreichende Maßnahmen, wie etwa eine Durchsuchung, soll es derzeit keine Grundlage geben.
Ein Beschuldigter wird vom Buxtehuder Strafverteidiger Lorenz Hünnemeyer vertreten: Im Namen seines Mandanten weist er jegliche Betrugsvorwürfe zurück. "Mein Mandant wird an der Aufklärung der grundlosen Beschuldigung mitarbeiten", sagt der Anwalt. Der Betreiber der Teststation erklärt mit Nachdruck gegenüber dem WOCHENBLATT: "Ich habe nichts zu verbergen." Er fühle sich durch den Beitrag "unfair behandelt". Er werde alles offenlegen, was diese aus seiner Sicht ungerechtfertigten Vorwürfe entkräftet.
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