Landkreis Stade
Betrugsvorwurf: Anklage gegen Rigo Gooßen und drei weitere Beschuldigte

Dieses Hotel konnte nur gebaut werden, weil ein Haus dafür weichen musste. Den Angeklagten wird Prozessbetrug vorgeworfen. Sie sollen es über einen Strohmann gekauft haben, der Eigenbedarf nur vorgab | Foto: ig
  • Dieses Hotel konnte nur gebaut werden, weil ein Haus dafür weichen musste. Den Angeklagten wird Prozessbetrug vorgeworfen. Sie sollen es über einen Strohmann gekauft haben, der Eigenbedarf nur vorgab
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tk. Stade. Die Staatsanwaltschaft Stade hat Anklage vor der Großen Strafkammer des Landgerichts Stade gegen vier Männer wegen Betrugs erhoben. Einer der Beschuldigten ist der bekannte Unternehmer, Sportvereinschef und Steuerberater Rigo Gooßen (56) aus Drochtersen. Mit ihm sollen der Geschäftsführer (41) der Grundstücksgesellschaft "Elbstrand Ressort", ein Mitarbeiter (29) aus Gooßens Steuerberaterkanzlei und Kicker bei Drochtersen/Assel (D/A), sowie ein Anwalt (38) auf der Anklagebank sitzen. Das ist ein Fall, der in der Öffentlichkeit viel Aufmerksamkeit findet, und bei dem es für einige der Beteiligten um mehr als eine mögliche Strafe geht. Für Gooßen und den Anwalt steht die berufliche Zukunft auf dem Spiel.

Das ist der Hintergrund: Rigo Gooßen ist der federführende Investor des "Elbstrand Ressorts" auf Krautsand. Duplizität der Ereignisse: das Hotel wird am Wochenende eingeweiht. Um das Projekt realisieren zu können, musste ein Haus weichen, doch die Mieter wollten nicht ausziehen.

Nach Überzeugung der Ermittlungsbehörden haben die vier Beschuldigten daraufhin folgendes getan: Der Fußballer hat das Haus als Strohmann gekauft und wegen Eigenbedarfs gekündigt. Nach einer erfolgreichen Räumungsklage zog der Mieter aus. Der Käufer soll die Immobilie aber sofort an die Grundstücksgesellschaft zurückverkauft haben. Jetzt war der Weg für den Hotelbau frei.

Weil von vornherein klar gewesen sei, dass der Käufer das Haus nie selbst nutzen wollte, lautet die Anklage auf Prozessbetrug. Daher ist auch der Anwalt angeklagt worden, der den Kicker bei der Räumungsklage vertrat.

"Die Beweislage ist erstklassig", erklärt Kai Thomas Breas, Sprecher der Staatsanwaltschaft Stade. Unter anderem gab es im November Hausdurchsuchungen. Gooßen ist für die Ermittler der Geldgeber und Hauptverantwortliche.

Neben nachvollziehbaren Geldbewegungen soll es nach unbestätigten Angaben auch ein Schriftstück geben, in dem festgehalten worden sei, wer wann was unternimmt, um den Hauskauf über die Bühne zu bringen.
Gooßens Anwalt, der Hamburger Strafverteidiger Otmar Kury, setzt der Anklageerhebung eine scharfe Erwiderung entgegen: "Die Behauptungen sind unbewiesen und treffen nicht zu", schreibt Kury in einer Presseerklärung. Die Staatsanwaltschaft verstoße mit ihrer Erklärung zur Anklageerhebung gegen die Unschuldsvermutung und bediene sich "reißerischer Überschriften". Die Erklärung der Staatsanwaltschaft war mit "Betrug im Zusammenhang mit Hotelbau in Krautsand - Anklage gegen vier Beschuldigte" überschrieben.

Es wird, noch bevor das Hauptverfahren eröffnet worden ist, mit harten Bandagen gekämpft.

Die Anklage weist einige Besonderheiten auf. Nicht nur, weil Gooßen eine bekannte Unternehmerpersönlichkeit ist und das Hotelprojekt "Elbstrand Ressort" eine mehr als nur lokale Relevanz hat.

Die Verhandlung soll vor dem Landgericht Stade stattfinden. "Der Fall hat eine besondere Bedeutung", sagt Oberstaatsanwalt Kai Thomas Breas. Bekannte Persönlichkeiten, eine renommierte Stader Anwaltskanzlei, ein großes Investitionsprojekt - und damit viel Geld - sowie das öffentliche Interesse, so begründet Breas den Gang zum Landgericht.

Nebeneffekt: Eine Berufungsverhandlung, wie nach einem Amtsgerichtsprozess, ist damit vor dem Landgericht nicht möglich. Nur der Gang zum Bundesgerichtshof (BGH) bleibt. Der hebt ein Urteil aber nur dann auf, wenn er Fehler feststellt.
Die Folge: Von Beginn an kommt mehr Druck auf. Eine Verständigung der Prozessbeteiligten ist damit eine von mehreren denkbaren Varianten zu Prozessbeginn.

Mit der jetzt erhobenen Anklage ist im Übrigen noch nicht Schluss: Gooßens Anwalt Otmar Kury kritisiert in einer Presseerklärung, dass ein wichtiger Zeuge von den Ermittlungsbehörden nicht vernommen wurde. Dabei handelt es sich um einen Stader Anwalt, in dessen Kanzlei der jetzt angeklagte 38-jährige Jurist gearbeitet hat. Laut Staatsanwaltschaft wird gegen diesen Stader Anwalt mittlerweile ebenfalls ermittelt. Er sei damit Beschuldigter und nicht Zeuge.

Was bislang offen ist: Die vier Beschuldigten haben vier Anwälte. Gehen die einen gemeinsamen Weg? Neben Kury und zwei weiteren Hamburger Juristen, sitzt der Buxtehuder Strafverteidiger Lorenz Hünnemeyer mit im Boot. Er vertritt den 38-jährigen Kollegen.

Nach WOCHENBLATT-Informationen sollen die Hamburger Verteidiger als Reaktion auf die Vorwürfe der Anklagebehörde einen sogenannten Verbotsirrtum ins Spiel gebracht haben. Das heißt vereinfacht formuliert: Ihre Mandaten hätten zwar Unrecht getan, aber das im guten Glauben darauf, anwaltlichem Rat zu folgen. Das wiederum könnte bedeuten, dass der mitangeklagte Jurist während Verhandlung den Schwarzen Peter zugespielt bekommt.

Für ihn und für den Anwalt, gegen den noch ermittelt wird, sowie Steuerberater Gooßen geht es auch um die berufliche Zukunft: Sowohl Rechtsanwälte als auch Steuerberater können ihre Zulassung verlieren, wenn sie rechtskräftig verurteilt worden sind.

Zudem geht es um sehr viel Geld: 700.000 Euro hat die Staatsanwaltschaft bereits sichergestellt. Geld oder ein Vermögensvorteil, das durch eine Straftat erwirtschaftet wurde, wird im Fall einer Verurteilung einkassiert.

Redakteur:

Tom Kreib aus Buxtehude

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