Überraschung vor Prozessbeginn: Neue Sicht im Fall Gooßen
tk. Stade. Eine faustdicke Überraschung noch vor der möglichen Gerichtsverhandlung gegen Rigo Gooßen und drei weitere Beschuldigte wegen Betrugs. In einem Schreiben der Ersten Großen Strafkammer am Landgericht Stade an alle Prozessbeteiligten monieren die Richter die Höhe der im Vorfeld beschlagnahmten Summe. 700.000 Euro hatte die Staatsanwaltschaft Stade sichergestellt. Der Schaden sei sehr viel niedriger, konstatieren die Richter. Wenn diese Aussage in einen Beschluss mündet, könnte das weitreichende Konsequenzen haben.
Das ist der Hintergrund der Anklage: Gooßen und die anderen Beschuldigten sollen ein Scheingeschäft eingefädelt haben. Ein Strohmann hatte ein Haus auf Krautsand gekauft, dessen Grundstück zum Bau des "Elbstrand Ressorts" notwendig war. Der Käufer hatte wegen Eigenbedarf geklagt, der Mieter zog aus und bekam auf Vorschlag des Amtsgerichts Stade 30.000 Euro als Vergleich. Daraufhin verkaufte der bei Gooßen beschäftigte Strohmann die Immobilie sofort wieder an die Hotel-Entwickler.
Das Gericht sieht in dem gekündigten Mieter das wesentliche Opfer des Scheingeschäftes. Doch der Schaden sei gering, weil schließlich die 30.0000 Euro gezahlt wurden.
Die Staatsanwaltschaft argumentiert anders: Die Beschuldigten hätten nur mithilfe des Strohmann-Geschäfts, was Prozessbetrug mit der falschen Eigenbedarfskündigung sei, einen wirtschaftlichen Vorteil erlangt. Nämlich der schnellere Bau des "Elbstrand Ressorts". Folglich wurden die 700.000 Euro als rechnerischer Gewinn eingefroren.
"Wir bleiben bei unserer Sichtweise und sind von deren Richtigkeit nach wie vor überzeugt", sagt Oberstaatsanwalt Kai Thomas Breas, Sprecher der Staatsanwaltschaft Stade. Zum Schreiben der Strafkammer werden jetzt alle Beteiligten Stellung beziehen. Sollte die Sicht der Kammer in einen Beschluss münden, könnte die Staatsanwaltschaft die Entscheidung vom Oberlandesgericht in Celle überprüfen lassen.
Theoretisch möglich: Das Landgericht gibt die Verhandlung an die niedrigere Instanz Amtsgericht, weil weniger Schaden auch weniger Strafe bedeutet. Damit rehcnet Breas aber nicht. Die Staatsanwaltschaft hatte wegen der Prominenz Gooßens und der überregionalen Bedeutung des Hotelprojekts die Verhandlung am Landgericht beantragt.
Was im Prozess eine für Laien durchaus kuriose Rolle spielen könnte: Ist ein Opfer überhaupt ein Opfer, wenn es weiß, dass es betrogen wird? Nach WOCHENBLATT-Informationen hatte der Anwalt des Mieters an den Strohman-Käufer geschrieben und ihm mitgeteilt, dass der Eigenbedarf vorgeschoben sei und die entsprechende Klage wegen Eigenbedarfs daher Betrug wäre.
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