Richter sehen zahlreiche Mängel
A26-Zubringer Rübker Straße: Das sind die Fehler bei den Planungen
Seit Jahren wird wegen der Rübker Straße (Kreisstraße 40) in Buxtehude prozessiert. Es geht darum, ob die Straße als Zubringer zur bereits fertigen Autobahnanschlussstelle Buxtehude ausgebaut werden darf. In zweiter Instanz hat sich der 7. Senat des Oberverwaltungsgerichts (OVG) Lüneburg mit dem Thema befasst. Nachdem bereits Anfang Dezember der Urteilstenor bekannt gegeben wurde - demnach ist der Planfeststellungsbeschluss des Landkreises zum Ausbau der K40 ist "rechtswidrig und nicht vollziehbar" -, liegt jetzt die 49-seitige Urteilsbegründung vor. Darin ist aus Sicht des Landkreises ein wesentlicher Punkt erfreulich: Anders als in der ersten Instanz vor dem Verwaltungsgericht Stade wurden die Planungen nicht komplett aufgehoben. Das 2011 begonnene Planverfahren muss also nicht gänzlich neu aufgerollt werden.
Richter sehen zum Teil erhebliche Mängel bei den Planungen
Die Begeisterung im Stader Kreishaus dürfte sich aber in Grenzen halten. Das OVG hat einige erhebliche Mängel bei den Planungen ausgemacht. Dabei geht es um wesentliche Teilbereiche der Planungen, die u.a. einen Ausbau der Rübker Straße zu einer sieben Meter breiten Straße mit einer zweispurigen Fahrbahn vorsehen - flankiert von drei Meter hohen Lärmschutzwänden. Parallel zu diesen Wänden sind dahinter schmale Anliegerstraßen vorgesehen, über die die jeweiligen Grundstücke erreicht werden können. Zum Teil sollen dort Wendehämmer angelegt werden und auch der Rad- und Fußgängerverkehr soll über die Anliegerstraßen laufen. Dazu stellt der Lüneburger OVG-Senat fest: "Sowohl die Gestaltung der Rübker Straße selbst als auch die der Anliegerstraßen und Wendehämmer weicht aufgrund der gegebenen engen Platzverhältnisse in ihrer Dimensionierung und Ausführung in großen Teilen" von den Richtlinien für die Anlage von Stadtstraßen ab. Genau bei diesen Punkten sehen die Richter Probleme.
Alle Online-Artikel des WOCHENBLATT zum Thema Rübker StraßeDabei moniert das Oberverwaltungsgericht wie das Stader Verwaltungsgericht im ersten Verfahren im Jahr 2019 sogenannte Abwägungsmängel beim Planfeststellungsbeschluss. Bei der Planfeststellung seien die öffentlichen und privaten Belange abzuwägen. "Das ist nicht hinreichend geschehen", stellen die Richter fest. Sie bemängeln also, dass bei den Planungen Alternativen und Einwände von Anliegern nicht ausreichend berücksichtigt wurden. Man habe "insbesondere Mängel bei der Planung der vorgesehenen Anliegerstraßen, eine unzureichende Berücksichtigung der Lärmbelastung und der Vorhaben-bedingten Kosten sowie Fehler im Rahmen der Begutachtung der Variantenwahl durch die Behörde festgestellt", erklären die Lüneburger Richter.
Die Richter am Oberverwaltungsgericht Lüneburg haben in der Urteilsbegründung die aus ihrer Sicht wichtigsten Planungs- bzw. Abwägungsmängel benannt:
Zu klein dimensionierte Anwohnerstraßen: Laut Urteilsbegründung muss auch "ein hinter den Regelmaßen des geltenden technischen Regelwerks zurückbleibender Minderausbau die Erfordernisse der Verkehrssicherheit noch nachvollziehbar wahren". Dies sei bei den Planungen für die Rübker Straße nicht der Fall. Die technischen Richtlinien würden eine Mindestbreite von 4,50 Metern empfehlen, für die Anwohnerstraßen seien meist aber nur 4,10 Meter vorgesehen.
Fußgänger- und Radverkehr wurde nicht berücksichtigt: Die Richter kritisieren, dass bei den Planungen für die Anwohnerstraßen nur von einem "äußerst geringen Verkehrsaufkommen durch die Anlieger" ausgegangen worden ist. Doch auf diesen Straßen sollen auch alle Fußgänger und Radfahrer unterwegs sein. Eine "Berücksichtigung dieses zusätzlichen Nutzungsaufkommens" sei aber nicht erfolgt, was die Verkehrssicherheit zusätzlich gefährde.
Fehlende Wendehämmer: Dem OVG-Senat erschließt sich "nicht nachvollziehbar, wie der Kfz-Verkehr ein Wendemanöver vollziehen soll". In dem Planfeststellungsbeschluss werde von der falschen Annahme ausgegangen, dass Autofahrer für Wendemanöver Grundstückszufahrten sowie Geh- und Radwege nutzen dürfen. Das Befahren von Wegen mit Autos sei aber gar nicht erlaubt und auch Privatleute müssen es nicht dulden, dass Autos unerlaubt auf ihr Grundstück fahren.
Zu hohe Lärmbelastung: Sowohl der Verkehrslärm als auch der Baulärm sind nach Auffassung der Lüneburger Richter nicht ausreichend berücksichtigt worden. Laut schalltechnischem Gutachten werde hinsichtlich des Baustellenlärms beim Ausbau der K40 der Immissionsrichtwert "ganz erheblich überschritten". Das OVG bemängelt, dass im Planfeststellungsbeschluss keine konkreten Vorgaben gemacht werden, mit welchen Mitteln die Anwohner gegen Baulärm geschützt werden sollen. Ähnliches gilt dann für den Verkehrslärm: Die zu erwartende Lärmbelastung sei nicht richtig ermittelt worden. Die Berechnungen bezeichneten die Richter als fehlerhaft.
Fehlerhafte Abwägung bei den Varianten: Es gibt eine Vielzahl von Alternativtrassen, die im Planverfahren in Betrachtung gezogen worden sind. Vor allem die Variante 2 mit ihren verschiedenen Untervarianten, die sogenannte kleine Umgehung zum Kreisel Ostmoorweg, wurde geprüft. Doch auch hier sieht man in Lüneburg Abwägungsmängel. Bei der Abwägung mussten Kriterien wie Verkehrsfluss und Sparsamkeit, aber auch Auswirkungen auf die "Schutzgüter" Mensch, Tiere und Pflanzen oder Boden und Wasser herangezogen werden. Bei den Varianten geht es um ein Grundproblem: Die Trassen würden zu einem Teil durch ein Vogelschutzgebiet führen. Konkret könnte dies eine Einschränkung des Lebensraums des geschützten Wachtelkönigs bedeuten.
Das Gericht räumt ein, "dass der Flächenentzug durch die durch das Vogelschutzgebiet verlaufenden Varianten zu einer erheblichen Beeinträchtigung des Habitats des Wachtelkönigs (...) führen kann". Dennoch: Eine ausreichende Abwägung zwischen dem Schutz der Anwohner der Rübker Straße (etwa vor Lärm) und dem Schutz der Natur sei nicht erfolgt. Im Klartext: Die Frage, wer mehr Schutz verdient - Mensch oder Wachtelkönig - hätte ausführlicher erörtert werden müssen.
Chance zum Nachbessern besteht
Die festgestellten Mängel würden allerdings nicht zur Aufhebung des Planfeststellungsbeschlusses, sondern nur zur Feststellung der Rechtswidrigkeit und seiner Nichtvollziehbarkeit führen, so das OVG. Es sei nicht auszuschließen, "dass die aufgezeigten Mängel durch eine Planergänzung oder ein ergänzendes Verfahren behoben werden könnten". Das bedeutet: Der Landkreis hat jetzt die Chance, Korrekturen vorzunehmen und das Verfahren neu auf den Weg zu bringen. Erst danach lasse sich feststellen, so die Lüneburger Richter, ob "eine andere als die gewählte Trassenführung eindeutig (...) die bessere" sei. Buxtehude bleibt die Option einer Autobahnauffahrt also weiter erhalten. Wann diese realisiert werden kann, steht aber weiter in den Sternen. Es dürften erneut einige Jahre ins Land gehen. Wer sich keinen Illusionen hingeben will, sollte davon ausgehen, dass Buxtehude nicht mehr in diesem Jahrzehnt an die A26 angebunden wird.
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