Betreuung droht nach anonymer Anzeige
Ein unglaublicher Fall: Leserin verteidigt ihre Schwester gegen fiese Attacke
tk. Buxtehude. Wer anderen anonym Böses will, hat viele Möglichkeiten für sein schändliches Tun. Dieser Weg ist jedoch besonders perfide: Ein anonymer Hinweis ans Gericht, dass Herr oder Frau X unter Betreuung gestellt werden müssen. Die Buxtehuder WOCHENBLATT-Leserin H.* verteidigt ihre Schwester bereits zum zweiten Mal gegen den ihrer Ansicht nach völlig ungerechtfertigten Vorwurf, sie könne ihr Leben und besonders ihre Finanzen nicht eigenständig regeln. "Es kann doch nicht sein, dass jeder jeden bei Gericht anschwärzen darf", sagt sie aufgebracht.
Darum geht es: Im Frühjahr 2015 wurde Hs. Schwester überraschend mitgeteilt, dass ein Betreuungsverfahren in Gang gesetzt wurde. Nach einem anonymen Hinweis. Die Frau wurde begutachtet und das zuständige Amtsgericht Tostedt kam zu dem Schluss: "Es besteht keine Notwendigkeit zur Bestellung eines Betreuers."
Seit wenigen Tagen läuft erneut ein Verfahren, "Wieder nach einer anonymen Anzeige", sagt H. Angeblich könne ihre Schwester nicht mit Geld umgehen. Weil sie in der Tat mit Überweisungen und ähnlichen Dinge Probleme hat, kümmert sich ihre Enkelin darum", sagt die WOCHENBLATT-Leserin.
Ansonsten führe ihre Schwester ein eigenständiges Leben mit eigener Wohnung, betreue die Kinder von Hs. Tochter und helfe einer älteren Dame in Garten und Haushalt. "Meine Schwester hat ihr Leben voll im Griff", betont H.
Wie das Verfahren dieses Mal ausgeht, steht in den Sternen. Die WOCHENBLATT-Leserin hofft auf ein zweites Happy-End und fragt sich, warum ein anonymer Hinweis auf angeblich notwendige Betreuung automatisch dazu führt, dass ein solches Verfahren tatsächlich beginnt.
"Es sind Ausnahmen, aber diese Fälle gibt es", sagt Buxtehudes Amtsgerichtsdirektor Dr. Norbert Aping über Betreuungsverfahren, die aus verleumderischen Gründen in Gang gesetzt werden. Eine WOCHENBLATT-Leserin verteidigt ihre Schwester bereits zum zweiten Mal gegen den Vorwurf, sie könne ihr Leben nicht alleine regeln. In beiden Fällen führte eine anonyme Anzeige dazu, dass ein solches Verfahren zustande kam.
"In der Regel werden wir von Angehörigen und seriösen Stellen informiert", so Aping. "Doch nichts, was gut und sinnvoll ist, kann nicht auch böswillig missbraucht werden", so der Richter. So gibt es einen Fall, bei dem ein Einzelner diverse Betreuungsverfahren angeregt hatte - allesamt gegen Menschen, die er nicht leiden konnte.
Die Betreuungsstelle des Gerichts, betont Norbert Aping, muss die Anregung zur Betreuung prüfen. Auch dann, wenn der Tippgeber anonym bleibt. Genauso ist das Gericht verpflichtet, ein medizinisches Gutachten in Auftrag zu geben, das die Grundlage der richterlichen Entscheidung bildet. "Ein Ermittlungsverfahren ist ein Muss."
Wenn es allerdings schon den offensichtlichen Verdacht auf einen verleumderischen Hintergrunde gebe, spreche der zuständige Richter in der Regel als erstes direkt mit den Betroffenen. Und dann müsse ein Verfahren nicht eingeleitet haben.
Der Amtsgerichtsdirektor rät allen, die eine Betreuung für notwendig halten, sich direkt an das Gericht zu wenden. "Es gibt eine Vielzahl von Fragen, die am besten im Gespräch geklärt werden können."
Für Opfer einer solch böswilligen Betreuungs-Attacke ist es schwierig, sich mit juristischen Mitteln zu wehren. Eine Beleidigung oder Herabwürdigung werde dann geahndet, wenn sie in der Öffentlichkeit stattfinde. "Der Betreuungsfall ist immer nicht-öffentlich und findet sozusagen nur in den Akten des Gerichts statt", sagt Amtsgerichtsdirektor Aping.
* Name der Redaktion bekannt
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