Buxtehude: "Schreiben ist meine größte Waffe"
"Depressionist" Markus Bock liest beim Selbsthilfetag am 2. Juni aus seinem Werk
ab. Buxtehude. Markus Bock (36) geht offen mit seiner Depression um. Seit fünf Jahren schreibt er seinen Blog "Herr Bock" (www.verbocktde). Aus seinem Buch "Die Depression hat mich bestimmt. Jetzt bin ich dran. Vielleicht ..." liest er anlässlich des Selbsthilfetages in Buxtehude am Samstag, 2. Juni, um 11.30 Uhr im Kulturforum am Hafen (Hafenbrücke 1). Interessierte sind zu allen Veranstaltungen willkommen.
Deutlich beschreibt Markus Bock, wie es sich anfühlt, wenn etwas nicht stimmt. Vor 15 Jahren sei ihm bewusst geworden, dass "es nicht so ist, wie es sein sollte, nicht so, wie es bei anderen war", sagt der Harsumer aus dem Landkreis Hildesheim. Das Gefühl, nicht dazuzugehören, sich zu isolieren, habe sich neben anderen Gefühlen immer mehr verstärkt. Als sein Chef den gelernten Bürokaufmann eines Tages zur Seite nahm und nach einem langen Gespräch zu seinem Hausarzt schickte, bekamen die "Gefühle" einen Namen: Depression.
"Es hat einige Therapien und viel Arbeit an mir selbst gebraucht, bis ich ,daraufschauen' konnte", erinnert sich Markus Bock. Nach Jahren habe er für sich Wege gefunden, damit umzugehen. "Schreiben ist meine größte Waffe - ich kann mich mitteilen, beschreiben, was in meinem Kopf vorgeht." Das zweite Ventil sei Sport: Fahrradfahren, Schwimmen, Walken und Joggen, sagt Markus Bock. Dabei dürfe er nicht übertreiben, sondern achtsam und vernünftig mit sich umgehen, was er auch versuche.
Ein Blick in seine Kindheit lässt vermuten, wie qualvoll diese verlaufen sein muss. Seine Eltern seien beide Alkoholiker, schon früh habe er gelernt zu lügen. Das Ringen um ihre Anerkennung war sein dauerhafter Begleiter, später sei er "gefangen in einer Wut" auf seine Eltern, die ihm immer die Schuld an allem gegeben hätten. Auch an ihrem eigenen Versagen.
Zu ihnen habe er heute keinen Kontakt mehr, sagt Markus Bock. Das sei eine Befreiung gewesen, und das, obwohl seine Mutter den Kontakt abgebrochen habe. Seine Eltern möchten sich nicht mit seiner Krankheit auseinandersetzen.
Wer vermutet, einen depressiven Menschen zu kennen, dem empfiehlt der Autor. "Sich Zeit nehmen für diesen Menschen, anbieten, gemeinsame Wege zu gehen, reden, da sein. Und respektieren, dass dieser Mensch ein Betroffener ist." Markus Bock selbst lebt in einer festen Beziehung und hat ein Kind. Was ihm wichtig ist: "Eltern sollten mit ihren Kindern über das Thema sprechen. Und ich möchte mehr mit Schülern und Studenten arbeiten. Vor allem junge Menschen sollten wissen, dass sie nicht für das Leben ihrer Eltern verantwortlich sind."
• 15 weitere Selbsthilfegruppen nehmen von 10 bis 19 Uhr unter dem Motto "Zusammen bist du weniger allein" an der Veranstaltung im Kulturforum teil. Neben Lesungen und Gesprächen gibt es ein vielfältiges Bühnenprogramm. Außer dem Thema Depression gibt es Beiträge, Gespräche und Podiumsdiskussionen zu Themen wie Sucht, Krebs oder Alkoholismus. Selbsthilfegruppen und die Selbsthilfekontaktstelle im Landkreis Stade, KIBIS des Paritätischen, haben den Selbsthilfetag auf die Beine gestellt. Einen zweiten Selbsthilfetag gibt es am Samstag, 18. August, im Kehdinger Bürgerhaus in Drochtersen, einen dritten am Samstag, 29. September, in Stade (neues Rathaus und Seminarturnhalle). Mehr: www.kibis-stade.de.
Redakteur:Alexandra Bisping |
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