Deichverband II. Meilen Alten Landes: "Wir müssen auf die Menschen zugehen"
Eine neue Kultur beim Deichverband / Konkrete Projekte anpacken
tk. Landkreis. Die Aufgabe hat sich nicht verändert: Der Deichverband der II Meile Alten Landes schützt mehr als 50.000 Menschen an Elbe, Este und Lühe vor Hochwasser. Was seit geraumer Zeit aber anders ist: Das neue Führungsteam mit Oberdeichrichter Wilhelm Ulferts, seinen Stellvertretern Hans-Jürgen Bremer und Hans-Jürgen Linder sowie dem Diplom-Ingenieur Rolf Scheibel setzt auf Kommunikation und nicht mehr auf Konfrontation mit Bürgern oder Gemeinden im Verbandsgebiet. "Wir gehen aktiv auf die Menschen zu", sagt Ulferts.
Vor etwas mehr als 200 Tagen wurden die Deichrichter und Deichgeschworenen neu gewählt. Das neue Führungsteam hat Bilanz gezogen und festgestellt: In der Vergangenheit wurde zu wenig angepackt. Das Ziel: alle zwei bis drei Jahre ein neues Projekt umsetzen - Planfesstellungsreife samt Finanzierung inklusive. Die höchste Priorität hat dabei die Fortführung des Bullenbruch-Polders bei Horneburg.
Mit einer leicht veränderten Planung wird das Vorhaben im sechsstelligen Bereich günstiger. Eigentlich könnte der endgültige Planfeststellungsbeschluss gefasst werden. Stolperstein für den Deichverband: Im Schadensfall, also beim Vollaufen des Polders, entsteht - vor allem auf den landwirtschaftlichen Flächen - ein Maximalschaden von 400.000 Euro, der erstattet werden muss. Zuviel für die Kassen des Deichverbands. Der Wunsch nach einem Gespräch in Hannover wurde abgelehnt. "Wir wurden wieder ausgeladen", sagt Ulferts.
Möglich wäre eine Versicherung - Kosten: rund 25.000 Euro im Jahr. Doch auch die muss bezahlt werden. Zu teuer bei einem Beitragsvolumen der Mitglieder von 470.000 Euro. Der Deichverband wird mit Land und Kreis im Gespräch bleiben.
Zweite Priorität und eine langfristige Herkulesaufgabe: Die Höhe der Elbdeiche wird voraussichtlich um einen Meter erhöht werden. Die Länder Hamburg. Niedersachsen und Schleswig-Holstein legen das fest. "Wer konkret nachfragt, bekommt derzeit aber keine Antwort", so Ulferts.
Er rechnet mit einer 20-jähriogen Umsetzungsphase der neuen Bestickfestsetzung. Für das Alte Land ist das nicht unproblematisch: Wenn der Deich um einen Meter höher wird, dann wird er auch breiter. Und nicht überall ist dafür ausreichend Platz vorhanden.
Projekt drei ist der Lühe-Umdeich, der nach Fertigstellung des Bullenbruch Polders an einigen Stellen verbessert werden muss. "Es gibt Schwachstellen", sagt Hans-Jürgen Bremer.
Als vierte Priorität steht der Hochwasserschutz in Buxtehude an. Nach der umfassenden Betrachtung durch das "Klee"-Projekt (das WOCHENBLATT berichtete) zum ganzheitlichen Hochwasserschutz sei klar, dass Retention (also Zurückhaltung des Wassers) das Mittel der ersten Wahl sei. Für Ulferts und seine Kollegen ist "Klee" beispielgebend: Experten, die Landkreise Stade und Harburg und alle beteiligten Kommunen haben gemeinsam nach einer Lösung zum Hochwasserschutz an der Este gesucht. Der Oberdeichrichter macht keinen Hehl daraus, dass er von Spundwänden und Minideichen in Buxtehude wenig hält. Damit fließe kein einziger Kubikmeter Wasser weniger gen Estesperrwerk.
Ein liberale Haltung - solange der Hochwasserschutz gewährleistet ist - will der Deichverband bei den Baugenehmigungen einnehmen. "Wieso sollen wir grundsätzlich gegen die Bürger entscheiden", fragt Ulferts. Er und seine Kollegen gehen davon aus, dass Konflikte künftig vermieden werden, wenn der Deichverband "kommuniziert und erklärt".
Wovor das Führungsteam eindringlich warnt: Die Gefahren einer Sturmflut auszublenden. "Das nichts passieren kann, stimmt einfach nicht", sagen Ulferts, Bremer und Linder übereinstimmend. Daher ist auch ein sehr eindrucksvoller Film über die Sturmflut 1962 Teil der runderneuerten Seite des Deichverbands.
Weitere Infos: www.dv-zweite-meile.de
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