Server für die QR-Codes brach zusammen
Der digitale Impfpass stolpert beim Start
(tk/sv). "Ich werde eine Nachtschicht einlegen", sagt Alexander Stüwe. Der Apotheker, dem die "Brücken Apotheke" in Buxtehude gehört und der gemeinsam mit dem Altstadtverein das Testzentrum im Stackmann Parkhaus betreibt, muss nach Geschäftsschluss die Daten eingeben, damit seine Kundinnen und Kunden den QR-Code erhalten, um ihren digitalen Impfausweis zu bekommen. Am Dienstag, berichtet Stüwe, ging der einzige Server, der dieses Codes generieren kann, deutschlandweit in die Knie. "Nichts geht mehr", so der Apotheker am Spätnachmittag.
Dass es am Montag zu einem ersten Ansturm kommt, sei zu erwarten gewesen. 230 Zertifikate habe er ausgegeben. Auch montags gab es technische Probleme und der Server des Robert-Koch-Instituts (RKI) war zeitweise vom Netz, lief dann aber wieder.
"Dass es viele Zugriffe gibt, kann doch niemanden überrascht haben", sagt Alexander Stüwe. Er übt Grundsatzkritik. Dass die digitalen Impfausweise auch über Apotheken ausgegeben werden, sei bekannt gewesen. "Dass es am Montag losgeht, habe ich abends in der Tagesschau erfahren." Mehr Vorlaufzeit wäre besser gewesen.
Punkt zwei seiner Kritik: Alexander Stüwe, der in hohem Maße technikaffin ist, wollte sich am Sonntag schon einmal das Portal des RKI anschauen. Das ging nicht. "Das wurde tatsächlich erst am Montag um kurz vor acht Uhr freigeschaltet." Zu spät, findet der Apotheker.
Er vermisst, "dass vorher mal jemand von oben draufguckt". Die technischen und organisatorischen Probleme seien schließlich nicht überraschend gekommen. Ein wenig tröstlich: Alexander Stüwe konnte bei der Dateneingabe-Nachtschicht nebenbei wenigstens die EM gucken.
Eine etwas andere Meinung vertritt Astrid Ellerbrock, Inhaberin der Auetal-Apotheke in Hanstedt (Landkreis Harburg). Für sie kam der plötzliche Start nicht überraschend: "Wir wissen mittlerweile aus Erfahrung, dass es sofort losgeht, wenn Herr Spahn etwas sagt." So schuf die Apothekerin schon vor einiger Zeit die nötigen technischen Voraussetzungen, um zum Beispiel auch mit E-Rezepten arbeiten zu können. Das Wissen um die dahintersteckende Technik habe es den Mitarbeitern ermöglicht, das erst am Montag zur Verfügung gestellte Portal für den digitalen Impfausweis nach der morgendlichen Serverschwäche schnell zu nutzen und der großen Nachfrage gerecht zu werden. Als die Server dann am Dienstag gänzlich ausfielen, wurden die Kundendaten aufgenommen und am Mittwochmorgen nachgetragen.
Ihre Kritik richtet sich eher gegen den Vorwurf, die Apotheken würden an dem Impfnachweis Geld verdienen. "Wir haben extra mehrere tausend Euro in unsere Infrastruktur investiert, damit jetzt alles läuft und wir helfen können", sagt Ellerbrock. "Wir arbeiten seit einem Jahr ohne Urlaub und ohne Pause durch. Die Corona-Tests, die ich für fünf Euro gekauft habe, verschenke ich inzwischen, damit ich sie loswerde. Für mich ist deshalb auch im Fall der Impfzertifikate die Hauptsache, dass es überhaupt losgeht und wir helfen können, die Pandemie in den Griff zu kriegen."
KOMMENTAR
Serverabsturz mit Ansage
Wenn die Welt von einem bislang unbekannten Virus überrollt wird, kann im Kampf gegen die Pandemie zwangsläufig nicht alles sofort klappen. Dass es aber jetzt, rund anderthalb Jahre nach Corona-Beginn, noch immer Probleme mit Ansage gibt - die vermeidbar wären - finde ich inakzeptabel.
Es war doch klar, dass es sofort in den Apotheken einen Ansturm auf die QR-Codes für den digitalen Impfausweis gibt. Warum ist die Technik nicht so robust ausgelegt, dass das auf Anhieb klappt? Warum gibt es (bislang) nur den einen Weg über das Robert-Koch Institut (RKI) Wir erinnern uns: Als die Seiten für die Vergabe der Impftermine freigeschaltet wurden, brachen sie häufiger zusammen und die Telefon-Hotline war überlastet.
Die Corona-Warn-App, die vollmundig als die Beste der Welt angekündigt wurde, funktionierte erst so richtig gut nach einigen Updates. Am Anfang lief sie beispielsweise nicht auf älteren Handys. Jetzt also der QR-Code-Systemabsturz. Hier gewinnt jeder den Eindruck, dass Deutschland ein digitales Entwicklungsland ist und forsche Ankündigungen aus der Politik nicht ohne Technikpannen umsetzbar sind. Gut, dass die Impfstoffentwicklung made in Germany so schnell geklappt hat. Wahrscheinlich hat Biontech Technik und Server, von denen das RKI noch träumt. Nicht zu vergessen: Selbst die digitale Anbindung aller deutschen Gesundheitsämter ist noch nicht komplett. Das hat nichts mit der Pandemie zu tun, sondern ist schlichtweg Versagen.
Tom Kreib
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