Buxtehuder Apothekerin erklärt
Fiebersaft-Mangel: Produktion in Apotheken ist aufwändig
Der fehlende Fiebersaft für Kinder ist zum Symbol für den aktuellen Mangel an Arzneimitteln geworden. Gestörte Lieferketten, nur wenige Wirkstoff-Produzenten weltweit, vor allem in China und Indien, führen dazu, dass Medikamente in Deutschland knapp werden. Warum stellen Apothekerinnen und Apotheker die fehlenden Mittel nicht einfach selber her? Im Pharmaziestudium ist das schließlich ein wichtiger Bestandteil der akademischen Ausbildung. Das WOCHENBLATT hat bei Elisabeth Betzler von der "Has' & Igel Apotheke" in Buxtehude nachgefragt. "Natürlich haben wir das gelernt. Die Herstellung ist aber aufwändig und der selbst hergestellte Fiebersaft für Kinder wäre deutlich teurer", erklärt die Apothekerin.
Um es salopp auszudrücken: Ein paar Wirkstoffe zu mixen und fertig ist der Fiebersaft für die Jüngsten - das geht nicht. "Wir sind auf Anleitungen angewiesen, die sicherstellen, das nichts enthalten ist, was schadet", sagt Elisabeth Betzler. Und die natürlich auch garantieren, dass genau der Wirkstoff mit dem gewünschten Effekt in der exakt richtigen Konzentration enthalten ist. Dennoch wäre es mit diesen Anleitungen, die es in jeder Apotheke gibt, für die Expertinnen und Experten möglich, den Kinder-Fiebersaft zu produzieren. Vorausgesetzt natürlich, dass die einzelnen Bestandteile ein Qualitätssiegel haben. "Im Alltag kommt so etwas aber kaum noch vor", sagt die Apothekerin.Der Aufwand ist sehr hoch
Wenn Elisabeth Betzler und ihre Kolleginnen sich entschließen würden, in die Fiebersaft-Produktion einzusteigen, wäre das trotz der aktuellen Knappheit kein Garant für reißenden Absatz. "Der Zeitaufwand ist groß", sagt die Apothekerin und die bürokratischen Anforderungen seien hoch. Es müsse sehr viel dokumentiert werden, um die Qualität des jeweiligen Produktes zu gewährleisten. So müsse für die Rezeptur eine Plausibilitätsprüfung, eine Herstellungsanweisung sowie ein Herstellungsprotokoll geschrieben werden.
Das alles führe zu deutlich höheren Kosten als bei Medikamenten aus der industriellen Produktion. Pro Fläschchen Fiebersaft liegt zum Beispiel der feste Gebührensatz für den zeitlichen Aufwand bei 8,35 Euro. Werden alle Bestandteile der Arznei addiert, kostet die Medizin rund 20 Euro, hat die Apothekerin berechnet. 20 Euro statt Rezept ohne Zuzahlung - das ist vielen Eltern zu teuer. Besonders dann, wenn sie sich nur bevorraten wollen. Ein weiterer Stolperstein, der zudem Hamsterkäufe ausbremst: Die Haltbarkeit beträgt nur rund vier Wochen. Und die Krankenkassen übernehmen nur dann die Kosten für die "Handmade"-Arznei, wenn sie vom Arzt oder der Ärztin verordnet wurde.Knappe Medizin kranken Kindern lassen
"Das Herstellen von Arzneimitteln hat mir im Studium großen Spaß gemacht", sagt Elisabeth Betzler. Sie hat das Wissen, um Fiebersaft und Co. in der "Has' & Igel Apotheke" herzustellen. Dass sie es nicht tut, liegt am Zeitaufwand und den hohen Preisen. Stattdessen appellieren sie und ihre Kolleginnen an Eltern, keine Vorratskäufe zu tätigen, sondern die knappen Produkte denen zu überlassen, die sie wirklich brauchen: kranken Kindern.
Was allerdings demnächst hergestellt wird: Paracetamol-Fieberzäpfchen für Kinder, denn auch die werden allmählich knapp. Der Aufwand sei zwar höher als bei der Produktion von Fiebersaft, so die Apothekerin. Der Vorteil der Zäpfchen sei jedoch, dass sie länger, nämlich sechs bis zwölf Monate, haltbar sind. Die Zäpfchen für Erwachsene werden - vereinfacht ausgedrückt - eingeschmolzen und der Wirkstoff auf die Kinderdosis reduziert. "Die Zäpfchenformen haben wir bestellt."
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