In dieser Kirche ist (fast) alles verschiebbar
St. Paulus in Buxtehude: Bänke im Halbrund, das Kirchenschiff als Zelt und ein Altar, der beweglich ist
tk. Buxtehude. Mal rücken die Bänke ein Stück nach hinten, um vor dem Altar mehr Platz zu bekommen. Zu Weihnachten, werden sie nach vorne geschoben, um hinten noch mehr Sitzgelegenheiten zu schaffen. Und manchmal wird sogar der Altar zur Seite getragen. Etwa dann, wenn für einen besonderen Gottesdienst das Podest, auf dem er steht, zur Bühne wird. Fast nichts ist in der Buxtehuder Paulus-Kirche fest montiert. Das 1972 eingeweihte Gotteshaus ist anders als Kirchen, die seit Jahrhunderten stehen. "Die Vielfalt, diesen Raum zu nutzen, bildet für mich die Vielfalt des Lebens ab", sagt Pastor Lutz Tietje. Die Bänke etwa sind nicht in Reihen angeordnet, sondern stehen im Halbrund. Eine andere Kirchenarchitektur und -ausstattung verändert auch die Arbeit einer Pastorin oder eines Pastoren, sagt Lutz Tietje und fügt hinzu: "Ich finde das gut."
Bedeutung bekomme etwas nicht durch einen bestimmten Platz in der Kirche, meint der Pastor. Ein Altar sei nicht durch seinen definierten Platz der Ort, der das Zentrum von Gottes Gegenwart sei. "Eine Kirche wird durch Gottesdienste zum Haus Gottes und nicht durch seine Form", so Lutz Tieje.
Der Paulus-Pastor hat schon oft erlebt, dass Besucher, nachdem sie die Kirche zum ersten Mal betreten haben, hinterher sagen:"Von innen viel schöner, als ich es von außen angenommen habe." Die architektonische Grundidee von St. Paulus sei die eines Zeltes gewesen. "So wie eine biblische Gemeinde auf Reisen", sagt Lutz Tietje. Da ist natürlich konsequent, dass die "Reisenden" ihr Mobiliar variabel nutzen können.
Für einen Pastor stellen sich in einem halbrunden Gotteshaus mit verschiebbaren Elementen durchaus Fragen, die es für einen Kollegen an einer anderen, historischen Kirche nicht gibt. "Wo stehe ich bei der Predigt, von wo erteile ich den Segen", so Tietje. Vieles werde durch diese Form und die halbrunde Sitzanordnung "unmittelbarer", sagt der Pastor. Die Gottesdienstbesucher sind zum Beispiel sehr viel "dichter dran". Auf der anderen Seite, so Lutz Tietje, müsse der Pastor seine Blicke sehr viel bewusster über das Halbrund kreisen lasse, wenn er mit seiner Gemeinde in Augenkontakt treten wolle. "Ich wurde schon einmal nach einem Gottesdienst angesprochen, zu jemandem nicht hinübergeblickt zu haben", sagt er mit einem Schmunzeln.
So gerne die Menschen ihre St. Paulus-Kirche haben - wenn es ums Heiraten geht, zieht es manche Brautpaare in andere Kirchen. Für diesen besonderen Tag gibt es offenbar den Wunsch nach etwas üppigerer sakraler Pracht. Lutz Tieje bleibt vor dem Taufstein stehen. Der ist ausnahmsweise nicht verschiebbar und auch das hat seine Bedeutung: "Gottes Liebe zu den Menschen, die durch die Taufe symbolisiert wird, ist unverrückbar."
Kommentare
Sie möchten kommentieren?
Sie möchten zur Diskussion beitragen? Melden Sie sich an, um Kommentare zu verfassen.