Pella Sietas: Eine Werft erfindet sich neu

Pella Sietas hat eine neue separate Abteilung für den Stahl-Rohrleitungsbau gegründet | Foto: www.luftbild.fotograf.de
  • Pella Sietas hat eine neue separate Abteilung für den Stahl-Rohrleitungsbau gegründet
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bc. Neuenfelde. Vor zweieinhalb Jahren übernahm der russische Konzern „Pella Shipyard“ die insolvente Traditionswerft Sietas an der Este-Mündung in Neuenfelde. Von nun an sollte es aufwärts gehen. Ging es auch. Aber irgendwie scheint die Entwicklung zu stocken. Zumindest für den außenstehenden Betrachter. Noch immer hat die Werftführung keinen Neubau-Auftrag verkünden können - trotz mehrmaliger Ankündigungen, dass es bald soweit wäre. Das WOCHENBLATT wollte von Direktorin Natallia Dean wissen: „Wie lange kann eine Werft überleben, ohne ein neues Schiff zu bauen?“
Die Frage muss erlaubt sein, lautete der ursprünglich kommunizierte Plan doch, bis Ende 2016 drei neue Schiffe bauen zu wollen: einen Schlepper, ein Rettungsschiff und ein Eisbrecher im Auftrag für das russische Mutterunternehmen. Passiert ist bis dato nichts. Gemäß Plan sollten zum gegenwärtigen Zeitpunkt wieder 400 Menschen
bei Pella Sietas arbeiten, derzeit sind es ca. 200.
„Wir haben erkannt, dass ein Schiffbau-Betrieb mit seiner Lage und seinen technischen Einrichtungen nicht unbedingt nur Schiffe bauen muss“, erklärt Natallia Dean. Soll heißen: Auf der Werft in Neuenfelde dreht sich längst nicht mehr alles nur um große Frachter und Spezialschiffe. „Grundsätzlich sind wir für all diejenigen Kunden interessant, die schwere und großvolumige Bauteile herstellen, montieren und transportieren müssen“, so Dean.
Pella Sietas will also seine Einrichtungen und Kompetenzen aus dem Stahl- und Anlagenbau nutzen, um Geschäfte mit schiffahrtsfremden Industriezweigen einzufädeln. Aus diesem Grund hat die Leitung vor ca. einem halben Jahr eine separate Abteilung ins Leben gerufen, die sich explizit mit Stahl-Rohrleitungsbau beschäftigt.
Dean stellt auf WOCHENBLATT-Anfrage klar, dass eine Werft auch ohne Schiffsneubau wirtschaftlich überleben kann. Wichtig sei, dass es überhaupt Arbeit gebe: „In dieser Hinsicht stehen wir gut da.“ Und gänzlich ohne Neubau-Auftrag sei die Werft auch nicht. Pella Sietas arbeite derzeit an einer Fähre für einen öffentlichen Investor. „Auf Wunsch des Auftraggebers werden wir Einzelheiten erst nach Fertigstellung Anfang des nächsten Jahres bekannt geben“, so Dean, die einräumt, dass das dahinter stehende Volumen eher klein sei.
Neben dem Fährbau arbeitet Pella Sietas noch an weiteren Projekten, wie der Herstellung von Stahlblöcken und Schiffssektionen für Kreuzfahrtschiffe der Meyer Werft und einem Mast und einem Ausleger für einen Offshore-Kran. „Aktuell reicht unser Auftragsbuch bis ins erste Quartal 2020“, so Dean.
Das klingt angesichts der Unsicherheiten wegen der europäischen Wirtschaftssanktionen gegen Russland ein wenig überraschend, unter denen in Deutschland insbesondere auch Tochterunternehmen von russischen Mutterkonzernen zu leiden haben. Jedes Exportgeschäft mit der russischen Föderation muss vom Bundesamt für Wirtschaft und Ausfuhrkontrolle (BAFA) abgesegnet werden. Nicht nur fertige Erzeugnisse, auch Konstruktionspläne müssen genehmigt werden.
Die gute Nachricht: Das BAFA hat Pella Sietas bereits bei einem möglichen Neubau grünes Licht für eine Ausfuhr gegeben - für ein sogenanntes Lifting and Mooring Vessels (LAMV), einem Mehrzweck-Arbeitsschiff. Dean: „Das ist das zurzeit erfolgversprechendste russische Projekt.“ Der gesamte Bauprozess - Konstruktion und Produktion - würde ca. 30 Monate dauern.
Aber Pella Sietas braucht das Startsignal vom Mutterunternehmen, bzw. vom russischen Auftraggeber. Zuverlässige Vorhersagen sind derzeit unmöglich. „Es kann jeden Tag losgehen, oder aber noch Monate dauern. Wir haben lange realisiert, dass wir auf eigenen Füßen stehen müssen und uns auf einen Auftragseingang aus Russland nicht verlassen können“, stellt Dean klar.
In den nächsten Monaten soll das neue Bauprogramm 2017 bis 2020 festgezurrt werden. Erst dann sind weitere Festanstellungen vorgesehen.

Redakteur:

Björn Carstens aus Buxtehude

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