Sie büffelt für ihren großen Traum
bc. Jork. Ihr Traum ist eine Festanstellung in einer Kindertagesstätte. Doch das ist für Susanne Schlichting ohne Ausbildung zur Sozialassistentin oder Erzieherin unmöglich. Selbst zu Zeiten großer Personalnot in Kitas (das WOCHENBLATT berichtete) mag der Gesetzgeber auf dem sensiblen Gebiet der Kinderbetreuung keine Ausnahme machen. Nur was tun? „Der Traum ist da“, seufzt sie. Immerhin könnte Susanne Schlichting ein winziges Mosaiksteinchen im riesigen Puzzle des Fachkräftebedarfs sein.
Für die 38-Jährige würde das bedeuten: Minimum zwei Jahre die Schulbank drücken, ohne Geld zu verdienen. Nicht zu machen für die alleinerziehende Mutter dreier Töchter. Lesen Sie mal die Geschichte einer Frau, die vom Ehrgeiz getrieben doch irgendwie ihren Traum wahrmachen möchte.
Die Geschichte beginnt im Jahr 2005. Die gelernte Köchin muss ihre Umschulung zur Heilerziehungspflegerin abbrechen. „Mit der Ausbildung hätte ich in einer Kita arbeiten können“, sagt Susanne Schlichting. Doch ihr erstes Kind ist auf dem Weg. Kurz darauf folgt Tochter Nummer zwei. Ihr Ziel, mit Kleinkindern pädagogisch zu arbeiten, verliert sie trotzdem nie aus den Augen.
Per Fernstudium lässt sie sich nebenbei zur Erziehungsberaterin ausbilden, absolviert diverse Fort- und Weiterbildungen, was sie mehrere tausend Euro kostet. Susanne Schlichting sammelt in all den Jahren unterschiedliche Erfahrungen. So arbeitet sie als Aushilfe in einem Hort in Hollern-Twielenfleth, in der Hausaufgabenbetreuung an einer Buxtehuder Schule sowie zu Hause halbtags als Tagesmutter. An der Volkshochschule lässt sie sich zur Fachkraft in Kleinstkindpädagogik ausbilden. Dann kommt 2014 Kind Nummer drei zur Welt.
Wieder rückt ihr Traum in weite Ferne. Immerhin hat sie die Chance, als Mini-Jobberin in einem Kindergarten in Jork vertretungsweise einzuspringen. Das Geld braucht sie, denn Stütze vom Staat erhält sie aufgrund der Unterhaltszahlungen nicht. Die Festanstellung geht ihr aber nicht aus dem Kopf.
Da hört Susanne Schlichting von der sogenannten Nichtschülerprüfung zur Sozialassistentin. Dabei muss sie sich den Schulstoff der zweijährigen Ausbildung zu Hause selbst aneignen. Sie stellt erfolgreich einen Antrag bei der Landesschulbehörde. Die Hürden liegen hoch. Unter anderem muss sie 6.000 Arbeitsstunden in einer Kita nachweisen.
Jetzt büffelt Susanne Schlichting, was das Zeug hält. Im April wird es ernst. Dann ist mündliche Prüfung an der Stader Jobelmannschule, im Mai schriftliche und im Juni die Praktische. Geht alles gut, wäre sie am Ziel ihrer Träume. „Zu schön, um wahr zu sein“, sagt die Frau.
Denn als fertige Sozialassistentin einen Job zu finden, ist angesichts des Fachkräftemangels in den Kitas derzeit kaum ein Problem. Trotz der durchaus sinnvollen Einstellungsvoraussetzungen in Kitas ist es Susanne Schlichting wichtig zu betonen, dass es möglich sein muss, gut ausgebildeten Quereinsteigerin eine Chance zu geben: „Man kann nicht alle Bewerber über einen Kamm scheren.“
Redakteur:Björn Carstens aus Buxtehude |
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