Vom Maurer zum Vollzugsbeamten
Spannender Lebenskreis schließt in Buxtehude

Ludwig Stölting mit einem Bild von seinem Elternhaus in Altkloster
  • Ludwig Stölting mit einem Bild von seinem Elternhaus in Altkloster
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Als wäre es gestern: Wenn Ludwig Stölting (79) aus Hollenstedt-Emmen die Hansestadt Buxtehude besucht, steigen zahlreiche Erinnerungen in ihm hoch. Anfang der 1960er Jahre hat der gebürtige Altklosteraner hier bei einem großen Bauunternehmen an der Estetalstraße seine Ausbildung zum Maurer absolviert und war bei etlichen Grundsteinlegungen mit dabei. Und trotz eines sehr spannenden Lebens, Stölting hat nach seiner Handwerkerausbildung die Branche gewechselt und war u.a. Vollzugsbeamter im Hochsicherheitsgefängnis in Celle, erinnert er sich immer wieder gerne an die Ausbildung in Buxtehude.

Rund 20 Häuser in Buxtehude mit gebaut

Rund 20 Gebäude kann er ad hoc aufzählen, an denen er in den drei Jahren Lehrzeit mit gebaut hat. Darunter z.B. das Gebäude der Post, am Kopf der Gründahl-Mühle, am Birkelgelände, an einem Uhrmachergeschäft Zwischen den Brücken, am heutigen Gebäude von Möbel Dreyer sowie zahlreichen Mehrfamilienhäusern und Villen. "Wenn ich durch die Straßen gehe, sehe ich meine ehemaligen Kollegen wieder vor mir und erinnere mich an viele lustige Situationen", erzählt der Pensionär. "Ich weiß noch, dass ich als Lehrling für das Team eingekauft habe, dass der erste Putzer Geige gespielt und gerne italienischen Wein getrunken hat." Auch an die Skepsis der Maurer, wenn statt Putz- und Teeranstrichen andere Materialien gegen Feuchtigkeit im Keller verwendet werden sollten, erinnert er sich noch wie heute.

Zwei Geiselnamen und Zwangsernährung

Dass er nach seiner Ausbildung nicht weiter als Maurer gearbeitet habe, sei nicht geplant gewesen. Im Jahr 1964 wurde er zum Wehrdienst eingezogen und entschied sich, zum Bundesgrenzschutz zu gehen. Als die Zeit dort nach 18 Monaten mitten im Winter vorbei war, wollte Stölting nicht in der kalten Jahreszeit auf die Baustelle zurückkehren, sondern eigentlich nur noch beim Bundesgrenzschutz "überwintern". "Doch dann bin ich dort geblieben und war zunächst in Warschau für die Überwachung der Handelsvertretung abgeordnet." 1972 suchte die Justiz Leute für den gehobenen Verwaltungsdienst. Stölting bewarb sich, absolvierte dort die Ausbildung für den Vollzugs- und Verwaltungsdienst. Die zugewiesene Anstalt war Celle, die Anstalt mit dem höchsten Sicherheitsgrad in Niedersachsen. Aus Gründen der Geheinhaltung darf Stölting aus dieser Zeit nicht viel erzählen. Doch als Vollzugsbeamter hat er u.a. zwei Geiselnahmen und die Hochzeit der Terroristen miterlebt und sich - als diese im Gefängnis in den Hungerstreik traten und sich über die Prozedur der Zwangsernährung beschwerten -, selbst einer Zwangsernährung unterzogen. Er ließ sich, auf einem speziellen Stuhl angeschnallt, Astronautennahrung über einen in die Speiseröhre eingeführten Schlauch einflößen. "Die von den Terroristen geschilderten Symptome wie Übelkeit und Erbrechen trafen tatsächlich zu", sagt Stölting. "Sie waren nicht schön, aber auch nicht so unerträglich wie geschildert."

In den 1990 Jahren zog es ihn zurück in die Nähe seiner Eltern. Diese lebten inzwischen in Hollenstedt in dem Haus, in dem auch Ludwig Stöltling heute lebt. Um seine Eltern besser unterstützen zu können, ließ er sich 1990 nach Hamburg versetzten, und tat zunächst Dienst in der Justizianstalt Neuengamme, in der der Justlzvollzugsanstalt Hamburg-Fuhlsbüttel und schließlich von 1993 bis 2003 in der Jugendvollzugsanstalt Hahnöfersand versetzt. "Das war ein ganz anderes Arbeiten", erinnert er sich. Er habe bei den Jugendlichen viel stärker als bei den Erwachsenen darauf achten müssen, dass sie sich zum einen nicht gegenseitig quälen und zum anderen, dass sie sich selbst nichts antun.

Seit 20 Jahren ist Ludwig Stölting Pensionär und wenn er zum Einkaufen oder zur Post nach Buxtehude kommt und die von ihm selbst gemauerten Gebäudewände sieht, schließt sich der Kreis. Denn hier ist er, bildlich gesprochen, wieder auf dem Fundament seines Lebens angekommen.

Redakteur:

Nicola Dultz aus Buxtehude

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