Überalterung und Zeitmangel: Immer mehr Vereine lösen sich auf oder stehen vor dem Aus
Vereinssterben nimmt zu
sla. Buxtehude. Nicht erst seit der Corona-Pandemie steigt bundesweit die Zahl der Vereinsauflösungen. Knapp 16.000 Auflösungen in den letzten zehn Jahren zeugen von einem tendenziellen Aussterben der Vereinskultur. Insbesondere viele Sportvereine retten sich durch den Zusammenschluss mit anderen Vereinen. Größte Ursache für das Vereinssterben: Die steigende Zahl der Vollbeschäftigten und die Ganztagsangebote für Schüler nehmen einem großen Teil der Bevölkerung die zeitliche Flexibilität für ein Ehrenamt.
Andere und häufig langjährige Vereine, etwa im kulturellen Bereich, kämpfen aktuell ums Überleben wie etwa das Buxtehuder Kulturforum. Bei der kürzlich abgehaltenen Jahreshauptversammlung konnte hier mangels Bewerber und aufgrund finanzieller Ungereimtheiten der alte Vorstand nicht entlastet werden. Im Vorwege waren durch finanzielle Probleme potentielle Vorstands-Kandidatinnen und -Kandidaten abgesprungen. Innerhalb der nächsten Wochen wird entschieden, wie und ob der Verein weitergeführt bzw. aufgelöst wird oder sich eventuell eine ganz neue Lösung mit einem Neubeginn findet (das WOCHENBLATT wird weiter berichten). Problem u.a. auch hier wie bei vielen anderen Vereinen: Es mangelt an jungem Nachwuchs.
Auch der Soroptimist International Club Buxtehude, der Serviceclub zur Unterstützung von Mädchen und Frauen, der u.a. durch sein jährlich stattfindendes MINT-Camp für Mädchen bekannt ist, will aufgrund der Altersstruktur für frischen Wind und junge Mitglieder sorgen.
Beim Trachtenverein Neukloster, der 1989 von Beate Schlesselmann und zwölf Frauen aus Neukloster und Umgebung gegründet wurde, herrschte zuletzt ebenfalls eine Überalterung. Ziel des einstigen Vereins: Die Erhaltung und Förderung alten Brauchtums, insbesondere der Trachten aus dem Kirchspiel Neukloster, u.a. auch mit Trachtentänzen sowie der Gestaltung und Ausrichtung des jährlichen Erntedankfestes gemeinsam mit der Kirchengemeinde Neukloster. Dort wurde im eigenen Holzbackofen Brot und Butterkuchen gebacken. Außerdem bot der Verein Führungen durch den Neukloster Forst und die Kirche an. "Junge Leute konnten wir dafür leider nicht begeistern", erzählt Beate Schlesselmann. Die 76-jährige Vorsitzende war stets der treibende Motor und die sogenannte "Ziehmutter". Zuletzt zählte der Verein noch 35 aktive Mitglieder - das älteste war 82, das jüngste Mitglied 70 Jahre alt. Schweren Herzens entschloss sich der Vorstand deshalb im August zur Vereinsauflösung.
Die Mitglieder des Trachtenvereins Neukloster hatten zuvor zwei Jahre intensiv nach einer Lösung gesucht - und sie nun gefunden. Als WhatsApp-Gruppe verabreden sich die Trachtenfreunde jetzt ganz zwanglos zu Treffen, mal im privaten Rahmen und mal offiziell wie etwa kürzlich am 3. Oktober beim jährlichen Erntefest mit der Begrüßung der neuen Vikarin Anna-Lena Schlichtmann in der St. Marien Kirchengemeinde in Neukloster.
Und dazu ziehen alle ehemaligen Vereinsmitglieder selbstverständlich gerne wieder ihre traditionellen Trachten an.
Sind Sie auch von der Problematik des Vereinssterbens betroffen oder haben womöglich eine Lösung parat, wie man Mitglieder bindet oder findet? Schreiben Sie uns Ihre Erfahrungen aus dem Vereinsleben an: susanne.laudien@kreiszeitung.net. Schreiben Sie uns Ihre Erfahrungen
Redakteur:Susanne Laudien aus Buxtehude |
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