Diplom-Önologe Stefan Schmidt glaubt an norddeutsche Weine
Wein aus dem Alten Land? "Das funktioniert"
(tk). Schloss Rattey in Mecklenburg-Vorpommern ist mit derzeit fünf Hektar - Tendenz deutlich steigend - das derzeit größte Weingut in Norddeutschland. Der Diplom-Önologe Stefan Schmidt führt dort die Regie und ist überzeugt: "Der Anbau von Wein im Norden wird spürbar zunehmen." Am Anfang seien sie von Winzern aus dem Süden der Republik als "Hobbywinzer" belächelt worden. Inzwischen und nach 22 gewonnenen Medaillen für die Mecklenburger Landweine ist klar: Wein aus Norddeutschland ist konkurrenzfähig. Wäre das auch eine Möglichkeit im Alten Land?, wollte das WOCHENBLATT vom Experten wissen. Seine Antwort: ein eindeutiges Ja.
Dabei sei der Klimawandel nur einer von mehreren Faktoren, die dem Weinanbau im Norden Vorschub leisten. Dass im Süden die Sonne mehr scheint, sei zum Beispiel ein Irrglauben. "Im Norden haben wir im Sommer eine Stunde mehr Tageslicht als in München", erklärt Stefan Schmidt. Der entscheidende Unterscheid zwischen Süden und Norden seien die kürzeren Vegetationsperioden in Norddeutschland. "Der Frühling kommt später, dafür der Herbst früher", sagt Schmidt. Dem könne man aber mit dafür passenden Rebsorten begegnen. "Wir bauen etwa Solaris an", erklärt der Önologe. Die früheste Ernte dieser Trauben in Mecklenburg-Vorpommern habe er am 31. August mitgemacht. Das Ergebnis sei, je nach Ausbau, ein fruchtig, aromatischer Weißwein mit Noten von Pfirsich und Melone.
Obstbauern im Alten Land haben zudem Technik, die etwa auf Schloss Rattey und auch andernorts fehlt: Beregnungsanlagen, die die Blüten vor Frost schützen. "Das funktioniert bei Reben genauso wie im Obstbau", sagt Schmidt. Wenn auf seinem Weingut Nachtfröste drohen, werden Frostkerzen angezündet. Aufwändig und teuer sei das.
"Der Weinbau im Norden kommt voran", ist Stefan Schmidt überzeugt. Auf Schloss Rattey und anderswo sei Pionierarbeit geleistet worden - auch gegen Widerstände. Inzwischen seien Profis dabei, die genau wissen was sie tun und wo sie hinwollen. "Das freut mich", sagt Schmidt, dem die Expansion gen Norden eine Herzensangelegenheit ist.
Ein Qualitätswein aus dem Alten Land, davon ist er überzeugt, würde seine Käufer finden. Weil der Önologe auch etwas vom Marketing versteht, denkt er gleich einen Schritt weiter. "Im Urlaub will eigentlich jeder Produkte aus der Region probieren", sagt er. Das passt: Die Tourismus-Dachmarke heißt "Altes Land am Elbstrom". Wenn Obstbauern auf der Suche nach einer neuen vielversprechenden Nische über Solaris und Co. nachdenken - "Einfach mal auf Schloss Rattey vorbeischauen. "Ich helfe gerne", sagt Stefan Schmidt.
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