Buxtehuder Musiklehrer schreibt an Merkel und Weil
Weiterbildung nicht auf dem Öffnungsfahrplan
sla. Buxtehude. Laut aktuellem Corona-Fahrplan dürfen Geschäfte, Friseure und einige andere Branchen wieder öffnen und bei Treffen sind auch mehr Kontaktpersonen erlaubt. Andere Zweige wie Gastronomie, Kultur und Hotels müssen weiterhin geschlossen bleiben. Die Weiterbildung hat die Politik überhaupt nicht auf dem Zettel. "Seit vier Monaten bin ich im Lockdown", beklagt Musiklehrer Robert Lindner, der seit rund 20 Jahren hauptberuflich als Musiklehrer in Buxtehude tätig ist und seit dem Lockdown 40 Schülerinnen und Schüler im Alter von fünf bis 80 Jahren per Handy in den Fächern Gitarre, Banjo, Klavier und Gesang unterrichtet. Auch seine Schüler nehmen größtenteils mit ihrem Handy am Unterricht teil. Oft sei der Empfang schlecht, Töne kämen zeitverzögert an, zudem sei es insbesondere bei den jüngeren Schülern schwierig, ihnen aus der Ferne alles genau zu erklären, schildert der Musiklehrer. "Wir sind alle genervt und die ersten Schüler haben sich bereits abgemeldet", beklagt er und beziffert den finanziellen Verlust auf bislang 150 Euro im Monat. Sein Musikunterricht findet grundsätzlich kontaktlos und als Einzel-Unterricht statt, die Anwesenheit werde durch feste Stundenpläne dokumentiert. Dennoch ist ihm der Präsenzunterricht untersagt.
Lindner ließ nichts unversucht, um herauszubekommen, wann private Weiterbildung wieder persönlich möglich ist. Er schrieb an den Landkreis Stade und erhielt als Antwort: ... Im Bereich der außerschulischen Bildung, vor allem in Volkshochschulen, Musikschulen und Einrichtungen der kulturellen Bildung ist der Präsenzunterricht sowie in diesem Bereich auch der aufsuchende Unterricht untersagt. Weiterhin zulässig sind lediglich die Durchführung von Prüfungen und die Bildungsberatung. "Ich kann mich mit Schülern treffen, das ist erlaubt, aber ich darf sie nicht am Instrument unterrichten", beklagt der 62-Jährige den Irrsinn der aktuellen Regeln.
Auch an das Büro von Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) schrieb Lindner, erhielt aber bislang noch keine Antwort. Dafür reagierte immerhin, aber mit einer Phrase, das Büro des niedersächsischen Ministerpräsidenten Stephan Weil (SPD) auf die Öffnungs-Frage: "Sehr geehrter Herr Lindner, das hängt vom Infektionsgeschehen und der darauf basierenden Entscheidung der politisch Verantwortlichen ab. Mit freundlichen Grüßen, Niedersächsisches Ministerium für Soziales, Gesundheit und Gleichstellung - Corona-Steuerung."
Eines wurde Robert Lindner durch diese Antworten immerhin klar, nämlich welchen Stellenwert die Weiterbildung bei Bundes- und Landesregierung hat. "Wir rangieren an allerletzter Stelle. Beschlüsse zum Öffnungsfahrplan werden hinter verschlossenen Türen verhandelt, sind schwer nachzuvollziehen, teilweise unlogisch und weltfremd - und werden nicht begründet." Das sei bürgerfern und ein Durchregieren nach Gutsherrenart, findet Lindner. "Ich fühle mich von der Landesregierung Weil, aber auch von der Bundesregierung nicht vertreten. Wir werden nicht gehört!" Für ihr Verhalten erhielten die Politiker in Hannover und Berlin daher folgendes Zeugnis von dem Musiklehrer: "Vorlaut, selten pünktlich, aber stets bemüht!"
Redakteur:Susanne Laudien aus Buxtehude |
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