"Kultur erhält die Lebensfreude"
Wie der neue Vorstand das Kulturforum auf Kurs brachte

Sybille Winter (li) und Dr. Maren Köster-Hetzendorf haben 2021 die Leitung des Kulturforums übernommen. Drei Jahre später ziehen sie Bilanz: mit feinem Gespür für Erfolg und Möglichkeit zu Wachsen | Foto: pau
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  • Sybille Winter (li) und Dr. Maren Köster-Hetzendorf haben 2021 die Leitung des Kulturforums übernommen. Drei Jahre später ziehen sie Bilanz: mit feinem Gespür für Erfolg und Möglichkeit zu Wachsen
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Als das Kulturforum 2021 in seiner misslichen finanziellen Lage in die Hände eines neuen Vorstands gegeben wurde, übernahm Dr. Maren Köster-Hetzendorf die Präsidentschaft. Sybille Winter ist seitdem Vizepräsidentin. Die Altländerin Köster-Hetzendorf, erfahrene Osteuropa-Expertin, frühere Bürgermeisterin von Grünendeich und ehemals Kulturmanagerin bei WISOKU7, sowie die engagierte Buxtehuder Lehrerin Winter, bekannt durch ihre langjährige Arbeit bei der "Kommunale Initiative Kino" (KIK), blicken nun nach über drei Jahren als ehrenamtliche Spitze des neuen Vorstands im Kulturforum zurück. Wie hat sich die Einrichtung seitdem entwickelt, und was gibt es noch zu tun? Ein Gespräch über Herausforderungen, Erfolge und die Zukunft eines kulturellen Herzstücks der Stadt Buxtehude.

WOCHENBLATT: Sie sind seit 2021 an Bord des Kulturforums. Gibt es etwas, was Sie besonders an der Arbeit hier genießen – oder auch etwas, was Ihnen manchmal schlaflose Nächte bereitet?

SW: Besonders bei der Arbeit im Ehrenamt entwickelt man ein großes Interesse daran, dass hier alles klappt. Bei jedem Stolperstein, der auftritt, ist man geneigt, sich darum zu kümmern. Und immer, wenn jemand in der Stadt mal was zum Kulturforum sagt, dann gehen mir immer sofort die Ohren auf.

MKH: Das Schöne an dieser Arbeit ist, dass wir hier eine sehr gute Kommunikation miteinander haben. Und was den Vorstand angeht: Wir sprechen uns sehr gut ab, und dadurch treffen wir unsere Entscheidungen immer mit Achtsamkeit und Bedacht. Das ist eine wichtige Voraussetzung für eine gute Amtsführung. Wir sind im Vorstand ein wirklich gutes Team. Jeder bringt seine Fachkompetenz mit und darüber hinaus seine eigene Lebenserfahrung. Natürlich ist das auch eine Herausforderung. Aber Hürden haben wir hier nie gesehen. Eine "Hürde" bedeutet immer, dass man etwas überwinden muss. Wir sehen es einfach sportlich. Wir wollen die Herausforderungen annehmen.

WOCHENBLATT:Es ist immer wieder die Rede davon, dass kulturelle Einrichtungen mit dem Aussterben kämpfen. Jüngst trennte sich die Stader Seminarturnhalle von seinem langjährigen Geschäftsführer und künstlerischen Leiter Peter Kühn. Vor welchen Herausforderungen sehen Sie das Kulturforum zurzeit?

MKH: Es ist sicherlich eine echte Herausforderung, sich mit unserem Veranstaltungsprogramm gegenüber der Stadt zu behaupten. Die Stadt hat deutlich mehr finanzielle Mittel und veranstaltet viele Stadtfeste. Da wird Kultur zum Nulltarif angeboten. Mit dieser Situation müssen wir umgehen. Das tun wir zum Beispiel durch eine spezielle Programmplanung. Dabei ist uns wichtig, dass wir uns nicht als Konkurrenz sehen. Wir haben von Anfang an auf Kooperation gesetzt und sind im engen Austausch. Das bedingt, dass man nicht abgehängt wird.

SW: Wir machen uns nicht gegenseitig das Leben schwer, sondern arbeiten eng zusammen. Das Kulturforum hat einen ganz eigenen Stil. Wir machen klein und fein. Mehr als hundert Leute können in unserem Saal nicht sitzen. Dadurch scheiden Veranstaltungen mit den ganz großen Namen schon aus. Das Programm ist also eher etwas für Kenner, die ganz bestimmte Dinge suchen. 

Trotzdem verzeichnen wir seit einem Dreivierteljahr stabile Besucherzahlen. Es gibt kaum Veranstaltungen, die leer bleiben. In der Regel ist es voll bei uns im Saal. Und das erhöht natürlich die Freude immens, auch für die Künstler. Es geht wieder aufwärts. Die Menschen kommen auch wieder spontan an die Abendkasse.

WOCHENBLATT:Wie schaffen Sie den Balanceakt, sowohl Ihre treuen Fans zu begeistern als auch ein neues Publikum anzusprechen?

SW: Das läuft bei uns unter dem Thema Verjüngung. Für die älteren Menschen in Buxtehude ist das Kulturprogramm besonders wichtig, weil sie selten nach Hamburg fahren können. Da füllen wir eine Lücke, indem wir Kultur in der Nähe anbieten. Die Dankbarkeit kommt auch zurück.

Jüngere Menschen informieren sich vor allem über Instagram und TikTok, Plattformen, die wir bisher noch nicht nutzen. Wenn wir jemanden hätten, der sich für die neuen Medien begeistert, könnten wir wahrscheinlich viel jüngeres Publikum ansprechen. Da arbeiten wir noch dran. Wir sehen auch, dass da noch ein Defizit bei uns besteht. Aber es ist zäh. Der Spalt zwischen den alten und den neuen Medien ist einzementiert.

MKH: Was unser Publikum aber verändert, sind die Ausstellungen. Da sind wir schon ein Stück weiter gekommen. Das Konzept haben wir erneuert und gehen da unter frischeren, modernen Gesichtspunkten heran. Wir legen auch Wert darauf, dass junge Leute hier ausstellen können. Da merken wir, dass es uns gelingt, den Nerv der Buxtehuderinnen und Buxtehuder zu treffen.

WOCHENBLATT: Was erwartet uns im nächsten Jahr im Kulturforum?

MKH: Das Programm ist wie immer vielfältig, doch wir haben auch einige größere Veranstaltungen geplant. Wir sind zum Beispiel beim Steampunk-Festival dabei. Im Haus werden Ausstellungen stattfinden, und auf dem Parkplatz wird viel los sein. Wir selber werden auch mitmachen und uns verkleiden. Dann haben wir eine weitere Veranstaltung zum zweiten Mal hier im Haus: Im September gibt es eine große Lego-Veranstaltung zum Tag des offenen Denkmals und natürlich das Matjesfest, das jedes Jahr stattfindet. Und die große Zeit der Konzerte im Brauhaus lebt auf, wenn die bekannten Bands jener Tage vom 25. Januar bis 22. März bei uns in der Konzertreihe „Brauhaus Nächte“ auftreten.

Damit zeigen wir, dass wir da sind: wir zeigen Eigeninitiative für eine lebendige Kultur in der Stadt, die nicht ausschließlich auf Konzertkultur fixiert ist. Und wir bieten etwas an, an dem sich alle Menschen sämtlichen Alters erfreuen können. Das würde nicht gelingen, wenn es uns keinen Spaß machen würde. Das zeichnet das Kulturforum auch aus, dass alle Mitarbeitenden, uns eingenommen, Spaß bei der Arbeit haben.

WOCHENBLATT: Was wünschen Sie sich langfristig von der Politik?

MKH: Wir appellieren an die Bundespolitik, gerade jetzt im Wahlkampf die Kultur nicht aus den Augen zu lassen. Das betrifft nicht nur das kleine Buxtehude, sondern jedes Kulturhaus. Kultur sollte man fördern, weil es Nahrung für die Seele ist und die brauchen wir in Zeiten wie diesen, in denen sich sehr viele Menschen Sorgen über die Zukunft machen. Das ist ein Appell, dass die Kultur auch zu den großen Themen, wie Wirtschaft, gezählt werden sollte. Davon zehren wir letzten Endes alle.

Dazu gehören auch Förderprogramme. Es ist gar nicht so unmöglich, Mittel zu bekommen für Gegenstände. Wenn wir einen neuen Computer brauchen, dann wird das gefördert. Wenn wir aber Mitarbeiter brauchen – die wir dringend brauchen – zum Beispiel einen Tontechniker, wird das nicht im Programm gefördert. Und das betrifft auch die Künstler. Das sind hochqualifizierte, ausgebildete Leute, die gerne von ihrer Arbeit leben würden. Aber auch da sind die Förderprogramme heruntergefahren. Das führt dazu, dass sich dann auch immer mehr gute Leute aus der Branche verabschieden. Und so trocknet sie letztendlich aus. Das können wir uns als Gesellschaft nicht leisten, denn Kultur ist das, was uns voran bringt, was unsere Kreativität voranbringt.

SW: Und es ist etwas, das auch die Lebensfreude erhält. Und das ist ausgesprochen wichtig.

Redakteur:

Pauline Bellmann aus Buxtehude

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