Damit Job und Kind zusammenpassen: Zum Schlafen in die Kita?
Sind 24-Stunden-Kitas ein Zukunftsmodell? Die Reaktionen in der Region sind gemischt
tk. Landkreis. "Gute Nacht mein Schatz, morgen früh hole ich Dich wieder ab." Nach der Verabschiedung gehen Mutter oder Vater zur Nachtschicht. Das Kind bleibt in der "Rund-um-die-Uhr-Kita". Sieht so die Betreuung der Zukunft aus, um Job und Familie unter einen Hut zu bringen? Bundesfamilienministerin Manuela Schwesig (SPD) hat ein 100-Millionen-Euro-Programm aufgelegt, damit es künftig mehr 24-Stunden-Kitas gibt. 300 in Deutschland sind das Ziel. Die Reaktion auf den Vorstoß könnte bei Kita-Betreibern aus den Kreisen Harburg und Stade unterschiedlicher nicht ausfallen: "Diese Chance nutzen wir" bis hin zu "das Geld wäre anders besser investiert."
Pastorin Karin Altenfelder, Vorsitzende des Kindertagesstättenverbands im Kirchenkreis Buxtehude: "Flexible Betreuungszeiten sind wichtig. " Aber: Das Leben der Kinder in der Familie darf nicht zu kurz kommen. Auch eine 24-Stunden-Kita habe einen Bildungsauftrag. "Das bedeutet einen hohen Aufwand an geschulten Personal", so die Pastorin.
Der AWO-Bezirksverband Hannover, unter dessen Regie viele Kindergärten in der Region betrieben werden, geht nicht von der großen Masse aus, die auf eine solche 24-Stunden-Betreuung angewiesen sind. Die Bezirksvorsitzende Kerstin Tack, selbst SPD-Bundestagsabgeordnete: "Zeitliche Flexibilität bei der Betreuung ist wichtig, aber dafür könnten auch die Rahmenbedingungen der Tagespflege verbessert werden." Eine Idee wäre es, einen Pool an zertifizierten und qualifizierten Tagespflegestellen aufzubauen, die einspringen, wenn Schichtdienst, Krankheit oder etwas anderes eine Betreuung über Nacht erfordern. Wenn 24-Stunden-Kita, dann nur mit hohen Standards: "Das darf keine reine Aufbewahrung sein."
Ralf Inzelmann, Geschäftsführer der "agilo gGmbH", die unter anderem eine große Kita in Buchholz betreibt, sieht in der 24-Stunden-Kita eine Chance. "Wir werden einen Antrag darauf stellen." Diese Betreuung sei weder flächendeckend erforderlich, noch das pauschale Zukunftsmodell. "agilo" wird das Konzept mit einem Krankenhaus gemeinsam erarbeiten. "Besonders für Alleinerziehende in bestimmten Jobs in größeren Städten ist so ein Angebot wichtig." Das dürfe aber nur die Ausnahme sein. Von einer Übernacht-Betreuung als Regelfall hält Inzelmann überhaupt nichts.
Ein Problem sieht er bei den Kosten: "Das kommt für die Eltern zu den Gebühren noch obendrauf." Inzelmann hat Zweifel daran, dass sich jeder, der das Angebot nutzen wolle, auch leisten könne.
Alle drei WOCHENBLATT-Gesprächspartner weisen gemeinsam auf ein Problem hin: Eine 24-Stunden-Kita braucht besonders qualifiziertes Personal. Doch schon heute werde es immer schwieriger, freie Stellen zu besetzen.
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