Darauf sind viele scharf: In den Kommunen lagern Datenschätze
Warum ein Verwertungsvorschlag auf Ablehnung stößt
tk. Landkreis. Gerd Landsberg, der Chef des Deutschen Städte- und Gemeindebundes, hat kürzlich für Aufsehen gesorgt. Er hatte vorgeschlagen, dass die Kommunen Daten in anonymisierter Form an Dritte verkaufen und damit Geld einnehmen sollten. Daten seien das Öl des 21. Jahrhunderts, hatte Landsberg argumentiert, davon könnten Städte und Gemeinden und damit deren Bürger profitieren. Der Protest kam unmittelbar, denn unlängst hatte Facebook den millionenfachen Missbrauch von Nutzerdaten einräumen müssen und steht seitdem am Pranger. Was ist erlaubt, wo liegen Grenzen, wollte das WOCHENBLATT wissen.
Der Buxtehuder Fachgruppenleiter Ralf Dessel ist bekennender Fan von E-Government und Online-Bürgerservice. Den Vorschlag von Landsberg hält er aber für nicht umsetzbar. Es gebe einen gravierenden Unterschied zu Facebook und Co. und den Daten, die Bürger bei ihren Kommunnen angeben. "Bei Facebook geschieht das freiwillig, bei der Kommune nicht." Wer sich bei einer Stadt oder Gemeinde anmelde, müsse schließlich seine persönlichen Daten hinterlassen.
Für Unternehmen, die mit Daten handeln, sind es ungehobene Schätze, über die Städte und Gemeinden verfügen. Von jedem Bürger sind Alter, Adresse, Familienstand, Wohneigentum und eventuell auch Gewerbeanmeldungen oder die Anzahl von Hunden bekannt. Wer ein Kind in einer kommunalen Kita hat, muss zur Berechnung seiner Beiträge auch seine Finanzen offenlegen.
"Das Bundesmeldegesetz legt einen engen Handlungsrahmen für die Weitergabe von Daten vor", sagt Dessel. Parteien dürfen etwa die Adresse von Erstwählern oder Wählern über 65 Jahre bekommen. Eine genauere Filterung sei schon verboten. In Buxtehude wollte zum Beispiel eine Partei vor einer Wahl die Anschriften von EU-Ausländern erfahren. Das hatte die Stadtverwaltung als rechtswidrig abgelehnt.
"Datenschutz wird auch innerbehördlich sehr wichtig genommen", sagt Dessel. Beispiel: Wer mit der Grundsteuer befasst sei und seinen Arbeitsplatz wechsele, verliere sofort den Zugriff auf diese Daten.
Auch in der Nachbarstadt Buchholz wird der Landsberg-Vorstoß skeptisch gesehen. "Wir befürworten das nicht", sagt Bürgermeister Jan-Hendrik Röhse. Die gewinnbringende Weitergabe von Daten sei nicht die Aufgabe von Kommunen. "Wir sollten besser intelligentere Einnahmequellen erschließen", so Röhse.
Wichtig für alle Menschen, die auf ihre Daten achten: Bei der Anmeldung im Einwohnermeldeamt kann jeder Bürger der Weitergabe seiner Daten an Dritte widersprechen. Das kann auch nachträglich geschehen.
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