Ein Gastbeitrag von Dr. Dunja Sabra
Fünf Jahre "Wir schaffen das": "Geduld ist besser als Skepsis"

Dr. Dunja Sabra | Foto: Linah Sabra
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(tk). "Wir schaffen das!", hat Bundeskanzlerin Angela Merkel vor fünf Jahren gesagt, als die Sorge von Deutschen größer wurde, wie die tägliche Ankunft vieler Neubürger zu bewältigen ist. Haben wir es geschafft und was müssen wir noch schaffen? Im WOCHENBLATT schreibt Dr. Dunja Sabra darüber. Die Buxtehuderin engagiert sich auf vielen Ebenen für eine gelingende Integration. Sie gehört zu den Gründerinnen der "Stadtteileltern" in Buxtehude, die für ihre Integrationsarbeit bereits mehrfach ausgezeichnet worden sind. Wir drucken Dunja Sabras Beitrag ungekürzt und ohne redaktionelle Bearbeitung ab.

"Ich glaube, dass das Thema heute wie damals extrem emotionsbeladen ist. Dabei hat Deutschland als Staat und die Aufnahmegesellschaft Unglaubliches geleistet. Deutschland und seine Bürger dürfen sich auf die Schultern klopfen. Ich weiß noch, wie im Herbst 2015 ganz viele Helferinnen und Helfer sich im Kreishaus in Stade eingefunden hatten, um Geflüchtete, die in Bussen den langen Weg von der deutsch-österreichischen Grenze in den Landkreis Stade hinter sich gebracht hatten, zu versorgen, für sie zu übersetzen und zu helfen. Ehrenamtliche sammelten und verteilten Kleidung, unterrichteten Deutsch und kümmerten sich um die Sorgen und Nöte von Menschen, die alles verloren hatten.

Und ich glaube, dass sich all die Zuwendung und Mühe gelohnt hat. Die Integration dieser Neuzugewanderten ist gut vorangeschritten, die meisten haben mittlerweile die deutsche Sprache erlernt, die Kinder kommen in den Schulen zurecht und viele haben eine Ausbildung begonnen, einen Arbeitsplatz gefunden oder sich in Einzelfällen selbständig gemacht – aber längst nicht alle. Sind wir am Ziel? Nein, natürlich nicht! Es ist und bleibt ein langer Weg, denn Inte-gration ist ein Prozess und für viele wahrscheinlich auch eine Lebensaufgabe. Es gibt noch viel zu tun auf allen Ebenen. Je mehr Kontakte Zugewanderte mit Fluchterfahrung in die Mehrheitsgesellschaft habe, umso schneller werden sie sich integrieren können.
Angst und Skepsis gegenüber diesen Menschen sind fehl am Platz. Ich möchte die Zweifler bitten, sich vorzustellen, selber in einem fremden Land, mit fremder Sprache und unbekannten Schriftzeichen und undurchschaubaren Gesetzen und Regeln Fuß fassen zu müssen. Wie weit wäre man da wohl in fünf Jahren gekommen?

Würde es Deutschland ohne diese Menschen besser gehen? Ich glaube nicht! Zu oft sind wir in unserem Urteil defizitorientiert. Ich behaupte, dass diese Menschen viele unterschiedliche Ressourcen mitgebracht haben, und es liegt an uns, sie weiterhin zu fordern und zu fördern, damit sie ihr Potenzial entfalten und einen positiven Beitrag zu dieser Gesellschaft leisten können.

Geduld ist daher besser als Skepsis. Wir sollten aufhören zu fragen, woher jemand stammt und warum er oder sie gekommen ist und uns eher dafür interessieren, was Zugewanderte bereit sind, für diese Gesellschaft zu tun und zu leisten. Uns sollte nicht die Vergangenheit interessieren, sondern die Zukunft!"

Redakteur:

Tom Kreib aus Buxtehude

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