Hochschule 21: Zoff am Buxtehuder Erfolgsmodell
tk. Buxtehude. "Es brodelt", sagt Jörg Orlemann, Aufsichtsratsvorsitzender der Hochschule 21 (HS21) über einen heftigen Streit an der privaten Buxtehuder Hochschule. Akademische und kaufmännische Leitung sollen sich überworfen haben. "Wir müssen uns Gedanken machen und handeln", fügt Orlemann hinzu. Diesen Aussagen werden alle an dem Zerwürfnis Beteiligten zustimmen. Wie es zu den Auseinandersetzungen kam und welche Konsequenzen jetzt notwendig wären, sind dagegen Fragen, die alle Akteure unterschiedlich beantworten.
Die Ausgangslage: Vor einem Jahr hat Geschäftsführer Ulrich Freitag seinen Job an der HS21 angetreten. Er soll federführend vom Aufsichtsrat ausgesucht worden sein, der für die Rekrutierung einen externen Dienstleister, nämlich die Unternehmensberatung Kienbaum, eingeschaltet hatte. Freitag hat einen Drei-Jahrs-Vertrag bekommen, nach WOCHENBLATT-Informationen ohne Vereinbarung einer Probezeit.
Über die Folgen der Personalentscheidung gehen die Meinungen auseinander: Das Führungsduo Ulrich Freitag und Präsident Prof. Dr. Martin Betzler sollen nicht miteinander klarkommen. "Die beiden müssen unbedingt an einem Strang ziehen", sagt Orlemann. Das ist eine Interpretation des Zwists, die vor allem im Aufsichtsrat und von den Gesellschaftern der HS21 kommuniziert wird.
Weil es keine offiziellen Stellungnahmen der am Streit beteiligten Akteure gibt, gründet sich die andere Sichtweise auf Insider-Aussagen. Demnach soll sich Geschäftsführer Freitag binnen weniger Monate mit vielen Hochschul-Mitarbeitern in Lehre und Verwaltung überworfen haben. Der Senat der HS21, das ist das wichtigste akademische Leitungsgremium, soll überwiegend hinter Präsident Betzler stehen.
Der Konflikt schwelt seit Monaten
Seit Sommer 2013 schwelt der aktuelle Streit. Mitarbeiter der HS21 hatten damals den Aufsichtsrat um ein Gespräch gebeten. Als Ergebnis und Schritt in Richtung Konfliktlösung wurde eine Mitarbeiterbefragung an der HS21 durchgeführt. Die Anregung dazu kam vom Aufsichtsrat. Verantwortlich für die Umsetzung war wieder die Unternehmensberatung Kienbaum. Laut Aufsichtsratschef Orlemann war die Beteiligung an dieser Untersuchung extrem hoch.
Die Folgen der Mitarbeiterbefragung waren zumindest teilweise das Gegenteil des Gewünschten. Statt die Diskussion zu versachlichen, wurde offenbar Öl ins Feuer gegossen. Nach Informationen, die dem WOCHENBLATT vorliegen, empfehlen die Kienbaum-Autoren unter anderem die Abberufung Freitags und Betzlers. Und: Die Loyalität und Leistungsbereitschaft der verbleibenden Dozenten sei zu hinterfragen und über eine Verjüngung der Professorenschaft nachzudenken. Für einige der Lehrenden brachten diese "Handlungsempfehlungen" das Fass zum Überlaufen.
Parallel zur Mitarbeiterbefragung entwickelte sich ein "Nebenkriegsschauplatz": Mehrere Professoren der HS21 sind offiziell von der Hochschule Hildesheim nach Buxtehude abgeordnet. Das ist ein Relikt aus der Zeit, als die private HS21 noch eine staatliche Fachhochschule unter der Regie des Landes Niedersachsen war. Die Verträge über die Abordnung haben eine fünfjährige Laufzeit.
Wird der Präsident ein Bauernopfer?
Nach unbestätigten Informationen soll die Geschäftsführung die Länge der Verträge hinterfragt und eine Verkürzung ins Auge gefasst haben. Das haben einige der betroffenen Professoren als Affront gewertet. Die Verkürzung der Befristung ist vom Tisch und Aufsichtsrats-Chef Orleman spricht von "großen Verdiensten dieser Mitarbeiter". Diese Gruppe der Lehrenden war es, die mitgeholfen hat, den Weg von der staatlichen zur privaten Hochschule zu ebnen.
Wie es weitergeht? Am kommenden Donnerstag werden Aufsichtsrat und Senat gemeinsam tagen. Die Kienbaum-Studie und die Suche nach Konfliktlösungen sind das Thema. Im Anschluss an dieses Treffen will der Aufsichtsrat die HS21-Mitarbeiter über die Ergebnisse der Befragung informieren. Jörg Orlemann will vor allem verhindern, dass weiteren Gerüchten Nahrung gegeben wird.
Mehrere Szenarien sind denkbar: Geschäftsführer Freitag wird von seinen Aufgaben ganz oder teilweise entbunden. Sein Vertrag läuft noch zwei Jahre. Im Gegenzug erwarten Aufsichtsrat und Gesellschafter nach WOCHENBLATT-Informationen aber auch eine Reaktion des Senats. Das könnte heißen: Martin Betzler soll als Präsident abberufen werden. Damit wären die beiden exponierten Protagonisten dieser Auseinandersetzung entweder weg oder würden in die zweite Reihe zurücktreten.
Hochschulintern wird ein Abgang Betzlers von einigen Mitarbeitern als "Bauernopfer" bezeichnet. Der Imageschaden sei jetzt schon groß. Und Sorge macht sich breit, dass die HS21 ohne Führung dastehen könnte. Und das zu einem ungünstigen Zeitpunkt: Zwei neue Studiengänge sollen ihre Zulassung durch das Wissenschaftsministerium bekommen.
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