Eine Gerichtsentscheidung mit weitreichenden Folgen
Kommt die STRABS durch die Hintertür zurück?
tk. Landkreis. Kommt durch die Hintertür wieder herein, was vielerorts schon abgeschafft wurde? Nämlich die Straßenausbau-Beitragssatzung, kurz STRABS? Von Hanstedt im Landkreis Harburg bis Stade wurde über die Abschaffung gestritten oder die Satzung, die von Bürgern teils fünfstellige Beträge nach Straßensanierungen einfordert, wurde schon gekippt. Eine aktuelle Gerichtsentscheidung könnte aber zur Wiedereinführung der STRABS führen.
Das ist der Hintergrund: die Stadt Laatzen wollte die Gebühr abschaffen und hatte zur Finanzierung von Straßensanierungen Kredite eingeplant. Die zuständige Kommunalaufsicht der Region Hannover hatte das in der Haushaltsgenehmigung untersagt und vor dem Oberverwaltungsgericht (OVG) Lüneburg Recht bekommen. Ein sogenanntes Hauptsacheverfahren vor dem Verwaltungsgericht Hannover steht noch aus. Wobei Juristen kaum erwarten, dass Hannover eine komplett andere Entscheidung fällen wird, als durch Lüneburg vorgezeichnet wurde.
Im Innenministerium in Hannover und in vielen Landkreisen in Niedersachsen wird aktuell diese Entscheidung des OVG diskutiert. Das hatte, vereinfacht erklärt, geurteilt: Wenn eine Kommune die STRABS abschaffen will oder schon abgeschafft hat, kann die Kommunalaufsicht - also der jeweilige Landkreis - die Genehmigung eines Haushalts verweigern. Konkret dabei die Höhe der Kreditaufnahme, wenn damit Straßensanierungen bezahlt werden sollen.
"In Städten und Gemeinden, in denen über die Abschaffung der STRABS diskutiert wird, kommt jetzt Schwung in die Debatte", sagt der Volljurist Ralf Dessel, Fachbereichsleiter der Buxtehuder Stadtverwaltung. Denn: Jeder Kämmerer erwartet in den kommenden zwei Jahren einen drastischen Einnahmerückgang durch die finanziellen Folgen der Pandemie. Das Geld wird knapper und der öffentliche Druck, die STRABS zu kippen, nimmt landesweit zu. Das vorläufige OVG-Urteil birgt daher Sprengstoff.
Es gebe eine sogenannte Rangfolge der Finanzmittelbeschaffung für Kommunen, erklärt Ralf Dessel. Eine der vorgeschriebenen Einnahmequellen sind Entgelte und Gebühren. Darunter fällt auch die STRABS. Kann nicht alles in einer Stadt oder Gemeinde finanziert werden, müsse zuerst über Steuererhöhungen und erst nachfolgend über neue Kredite nachgedacht werden.
An dieser Stelle komme die STRABS ins Spiel, so Dessel. Wenn eine hochverschuldete Kommune die Gebühr abgeschafft hat oder kippen will, darf die Kommunalaufsicht, in der Regel der jeweilige Landkreis, eine Kreditaufnahme für Straßensanierungen untersagen. Das heißt: Weder Gericht noch Landkreis erzwingen die Wiedereinführung der STRABS - das geschieht über die Hintertür. Ralf Dessel erklärt: Wenn eine Kommune zehn Millionen Euro Kreditaufnahme plant und dafür bei abgeschaffter STRABS drei Millionen Euro für Straßensanierungen vorgesehen sind, kann der Landkreis diese drei Millionen Euro Kredite verbieten. Was im Endeffekt nichts anderes bedeuten würde, als dass die STRABS wieder eingeführt oder gar nicht erst abgeschafft wird.
Die STRABS ist in vielen Kommunen abgeschafft worden, weil die Bürger, vor allem bei der Sanierung von Anwohnerstraßen, mit teils exorbitant hohen Beiträgen beteiligt worden sind. Gegenwehr war fast immer zwecklos. Wenn es eine solche Satzung gibt, muss nach ihr abgerechnet werden.
Rechtssicher der STRABS den Garaus zu machen sei nur möglich, so Juristen, wenn das Land diese Gebühr nicht nur kippt, sondern sogar untersagt. Wenn sozusagen die Sanierung von Straßen zur allgemeinen Daseinsfürsorge gehören würde. Gründe dafür gibt es jede Menge: Im "Idealfall" sind es nur einige Tausend Euro, die ein Bürger bezahlen muss. Es gibt haarsträubende Einzelfälle, in denen hohe fünfstellige Beträge zusammenkommen. Wenn etwa auf dem Land ein Weg mit weit auseinanderliegenden Höfen saniert wird.
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