Neue Wege der Bürgerbeteiligung: Demokratie wird "flüssig"

Starre Formen der politischen Mitwirkung werden flüssig - das bedeutet "Liquid Democracy"
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  • hochgeladen von Tom Kreib

tk. Stade/Winsen. "Bürgerbeteiligung ist kein Luxus - sie ist ein Muss." Dieser Satz steht in einer Verwaltungsvorlage. Allerdings kein Papier vom Landkreis Stade oder Harburg, sondern vom Kreis Friesland. Der geht beispielhaft bei der Einbeziehung seiner Bürger voran. Über das Internet kann jeder Friesländer mitreden, mitbestimmen und eigene Themen in die Politik einbringen. Wenn genug Bürger zu einem Thema etwas zu sagen haben, muss sich die Kreispolitik damit befassen.

Dieses Mitbestimmungsmodell heißt neudeutsch "Liquid Democracy". Von dieser Offenheit im Umgang mit seinen Bürgerinnen und Bürgern sind die Landkreise Harburg und Stade noch meilenweit entfernt (Lesen Sie dazu auch "Der Landkreis Stade hinkt hinterher").
Darum geht es: Liquid Democracy soll es Bürgern ermöglichen, sich gezielt zu einzelnen Themen einzubringen und mitzuentscheiden. Starre Formen werden verflüssigt - daher kommt der Name Liquid Democracy, also "flüssige Demokratie". Damit werden nicht Entscheidungen gewählter Volksvertreter ersetzt. Es geht um ergänzende Wege, Bürger mitzunehmen und vor Entscheidungen ein breiteres Meinungsspektrum zu erhalten. Außerdem soll auf diesem Weg der Sachverstand von Wählern genutzt werden, die vielleicht neue Lösungsansätze für kommunale Problem haben.
In einem Zwischenfazit spricht der Landkreis Friesland von einem "zusätzlichen Angebot" der Bürgerbeteiligung, das Menschen erreiche, die traditionelle Wege - etwa Ausschusssitzungen - nicht nutzen.

Das Interesse an Liquid Friesland ist groß

Es gibt bereits mehrere Softwareangebote, meist nicht-kommerzielle Projekte, die Bürgerbeteiligung und Kommunalpolitik im Internet zusammenbringen. Der Kreis Friesland zahlt im ersten Jahr rund 12.000 Euro für sein Projekt "Liquid Friesland". Wird es fortgeführt, rechnet die Kommune mit Kosten von rund 7.000 Euro im Jahr.
Themen, die auf "Liquid Friesland" diskutiert wurden, reichen von Nahverkehr über die Einführung alter Kfz-Kennzeichen bis hin zur Verbesserung der musischen Bildung. Das Vorhaben steckt noch in den Kinderschuhen: Innerhalb eines halben Jahres haben sich rund 700 Nutzer registrieren lassen und 470 nahmen aktiv teil.
Kritiker halten solche Zahlen für so klein, dass nicht von Mitbestimmung gesprochen werden könne. Außerdem verweisen sie darauf, dass Politiker gewählt werden und damit das demokratisch legitimierte Mandat haben, zu entscheiden.
Das Interesse aus ganz Deutschland am Modellprojekt "Liquid Friesland" zeigt aber, dass viele Kommunen auf der Suche sind, wie sie Bürgersachverstand- und beteiligung hinbekommen. Abendliche Ausschusssitzungen und Debatten mit vielen Fensterreden sind eben nicht jedermanns Sache.

Lesen Sie zu diesem Thema auch die Artikel Bürger besser beteiligen und Wie gut sind die Landkreise Stade und Harburg in Sachen Bürgerbeteiligung aufgestellt

Redakteur:

Tom Kreib aus Buxtehude

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