Buxtehude ist Vorreiter beim Wissensmanagement
Pensionierungswelle in Kommunen: Wissen und Erfahrungen erhalten
tk. Buxtehude. "Wir kommen wir an das Wissen in den Köpfen ran, so dass es nicht verlorengeht?", stellte Thorsten Lange als zentrale Frage in den Raum. Lange gehört einer Arbeitsgruppe in der Buxtehuder Stadtverwaltung an, die sich seit drei Jahren mit dem Thema Wissensmanagement befasst. Die Hansestadt kann dabei Vorbild für andere Kommunen sein. Dieses Projekt ist dringend nötig und keine Arbeitsbeschaffungsmaßnahme. Denn: Aufgrund der Altersstruktur der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter ist absehbar, dass es in einigen Jahren zu Pensionierungswellen kommt. Wenn Fachkräfte gehen, dann verliert die Stadtverwaltung auch deren Wissen - es sei denn, es wird vorher mit anderen geteilt. Der Innere Ausschuss ließ sich kürzlich über dieses Projekt informieren, das unter dem Oberbegriff Wissensmanagement läuft.
Ein Blick auf die Zahlen macht deutlich, wie wichtig das Vorhaben ist: Von insgesamt 652 Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern der Stadtverwaltung (dabei sind auch Kitas und Bauhof enthalten) sind 283 älter als 50 Jahre (Stand November 2018). 45 gehören zur Altersgruppe 61 bis 65 Jahre, stehen also dicht vor der Pensionierung. Die zahlenmäßig stärksten Altersgruppen sind die der 51- bis 55-Jährigen (128) und der 56- bis 60-Jährigen (110).
"Wo gibt es Expertenwissen und wie kritisch ist es, wenn dieses Wissen schlimmstenfalls nur in einem Kopf vorhanden ist", beschrieb Lange die zentrale Fragestellung. Wenn es vorkomme, dass fünfhundert Mal in einem Jahr ein bestimmter Arbeitsablauf nur von einer einzigen Person erledigt werde, dann sei das "kritisches Wissen", so Lange. Der Stadt könnte, wenn dieser Wissensträger von Bord gehe, Schaden entstehen. "Vom Imageschaden, weil plötzlich etwas nicht mehr klappt, bis hin zum Personenschaden und finanziellen Schaden, wenn die Auswirkungen sehr gravierend sind."
Eine Arbeitsgruppe aus der Verwaltung hat daher ein Maßnahmenpaket ersonnen. Auf externe Dienstleister werde bewusst verzichtet, weil das Wissensmanagement am besten intern angegangen werde.
So funktioniert das konkret: Alle einzelnen Arbeitsprozesse, die im Stadthaus anfallen, werden ermittelt. Lange schätzt, dass das 4.000 bis 5.000 sind. Anschließend wird jeder dieser Prozesse in einem Steckbrief erfasst. Diese gesammelten Informationen landen in einer Datenbank. Die wiederum kann sehr schnell per Knopfdruck ermitteln, wo es das sogenanntes kritische Wissen gibt. Aktuell läuft im Stadthaus die Analyse der Arbeitsprozesse. Innerhalb eines Jahres sollen alle Fachgruppen damit durch sein. Thorsten Lange rechnet damit, dass die Datenbankanalyse 2020 vorliegen wird.
Doch was passiert danach? Von der Erkenntnis über kritisches Wissen hin zu dessen Sicherung kommt es schließlich nicht von allein und kein Mitarbeiter kann per USB-Kabel am Kopf seinen Erfahrungsschatz anderen zur Verfügung stellen.
Fachbereichsleiter Ralf Dessel nennt diesen letzten, wichtigen Schritt im Wissensmanagement die Wissenslandkarte. Dort wird im Detail festgehalten, von einzelnen Arbeitsschritten bis hin zu wichtigen Kontakten für eine Aufgabe, was ein einzelner Mitarbeiter wie macht. "Dabei fließt auch ein, was über Fachwissen hinaus für eine bestimmte Fragestellung wichtig ist", so Dessel. Das können zum Beispiel durch lange Jahre erworbene Erfahrungen sein. "Wenn dieses Wissen hinterlegt wird, dann kann es nicht verloren gehen", sagt der Fachbereichsleiter.
Der ganze Verfahren hat einen positiven Nebeneffekt: Es wird sichtbar, wenn etwas nicht gut läuft. Thorsten Lange spricht in diesem Fall von "Prozessoptimierung". Es werde zudem auch auffallen, wenn es unnötige Doppelstrukturen gebe oder aber wenn bestimmte Aufgaben viel besser fachgruppenübergreifend bewältigt werden können.
Eins können die schlaue Datenbank und die Wissenslandkarten aber nicht: Den Fachkräftemangel beheben, von dem inzwischen auch alle Kommunen massiv betroffen sind.
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