Zum Schuljahresstart: Lehrer auf dem Verschiebebahnhof
Die Abordnungen von Gymnasiallehrern an andere Schulen sind chaotisch und schlecht geplant / Kritik daran hört Landesschulbehörde nicht gern
tk. Landkreis. In Niedersachsen fehlen Lehrer. Um den Mangel zumindest zu lindern, wurden jetzt in einer Art Last-Minute-Aktion vom Kultusministerium Pädagogen von Gymnasien an andere Schulen, darunter auch Grundschulen, abgeordnet. Das geschah in vielen Fällen sehr kurzfristig. Widersprechen können die Betroffenen nicht. Die Abordnungen sind per Erlass vorgeschrieben.
"Lehrer werden verschoben wie Schachfiguren auf dem Brett", kritisiert ein Schulleiter aus der Region. Die Abordnung an Grundschulen, die Mitte der Woche für Schlagzeilen sorgte, sei dabei nur die Spitze des Eisbergs bei der Lehrer-Verschiebung. Schon vorher kam es zu diversen "Marschbefehlen". Gymnasiallehrer wurden dutzendfach an Real- und Gesamtschulen geschickt, um dort die Unterrichtsversorgung zu gewährleisten. Kritik an diesen Abordnungen ist nicht erwünscht. Die Landesschulbehörde reagiert sehr empfindlich, wenn sich Schulleiter öffentlich kritisch äußern. Der Redaktion sind Fälle bekannt, bei denen den Betroffenen von der Landesschulbehörde mit disziplinarischen Konsequenzen gedroht wurde. Namen von Schulen oder deren Leitern nennt das WOCHENBLATT daher nicht.
Kritik äußern Schulleiter aber aus gutem Grund. Denn die Art und Weise der angeordneten Pädagogen-Versetzung bezeichnen sie teilweise als fehlerhaft und chaotisch.
Beispiele: In einem Fall wurde eine verstorbene Gymnasiallehrerin abgeordnet. Oder es wurden Lehrer herangezogen, die an der betroffenen Schule gar nicht unterrichten.
Ein anderer Fall: Die Mail mit der Anordnung der Abordnung kam genau zu der Zeit, zu der das Sekretariat nicht besetzt war. Die bereits zuvor erfolgten Abordnungen war darin nicht berücksichtigt. Der eine Mitarbeiter aus der Landesschulbehörde hatte keinen Zugriff auf die Daten des anderen. Eine Klärung war schwierig, die entsprechenden Sachbearbeiter weilten im Urlaub.
Hinzu kommt aus Sicht vieler Schulleiter ein weiterer Kritikpunkt: Um die Versorgung mit Lehrern an jeder Schule einzuschätzen, werden Prognosezahlen an die Behörde übermittelt. Dabei gilt ein Stichtag. Wenn aber zum Beispiel drei Monate später eine Lehrerin oder ein Lehrer in Elternzeit geht, erfasst die Erhebung das nicht. Die Prognose hat daher nur begrenzte Aussagekraft.
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