53. Buxtehuder Bulle
„Über den Dächern von Jerusalem“ gewinnt

Torsten Lange (Hanse Stadt Buxtehude) und Autorin Anja Reumschüssel | Foto: Hansestadt Buxtehude
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  • Torsten Lange (Hanse Stadt Buxtehude) und Autorin Anja Reumschüssel
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(nw). Das gab es in der über 50-jährigen Geschichte des Buxtehuder Bullen noch nie: Gleich zwei nominierte Autorinnen der Shortlist waren beim gestrigen Preisentscheid persönlich dabei. Vor rund 130 Gästen im Stieglitzhaus blieb es bis zum letzten Jurystimmzettel spannend, bis Torsten Lange, Leiter der Fachgruppe
Kultur, Tourismus und Stadtmarketing der Hansestadt Buxtehude, schließlich das Gesamtvotum verkündete.

Mit insgesamt 102 Punkten setzte sich das Jugendbuch „Über den Dächern von Jerusalem“ von Anja Reumschüssel (erschienen im CARLSEN Verlag) durch. Die Favoritin der Erwachsenenjury erhält für ihre generationenüberspannende Geschichte über den Nahost-Konflikt den mit 5.000 Euro dotierten Jugendliteraturpreis.
„Ich bin aufgeregt, man gewinnt ja nicht jeden Tag einen Buchpreis“, sagte die Gewinnerin des 53. Buxtehuder Bullen nach der Bekanntgabe. Ebenfalls im Publikum mitgefiebert hatte die in Buchholz lebende Autorin Yasmin Dreyer, die sich mit ihrem Buch „Arcadia – Die Auserwählten“ den zweiten Platz sichern konnte und vor allem bei den Jugendlichen punktete.

Auf der diesjährigen Shortlist standen außerdem: Holly Bourne: Orte, an denen ich geweint habe (wegen dir) (dtv), Aimée Carter: Royal Blood (ONE Verlag) und Astrid Sy: Nenn keine Namen (GERSTENBERG).

Zehn Jahre ist es her, dass sich ein deutschsprachiger Originaltitel beim Buxtehuder Bullen durchsetzen konnte. Damals, im Jahre 2014, gewann mit David Safiers "28 Tage lang", ebenfalls ein fiktiver, aber auf historischen Ereignissen beruhender Titel. 

Siegertitel ist aktueller denn je

Aktueller denn je: Weit vorher geschrieben und erschienen im Februar 2023, also vor dem Angriff der Hamas auf Israel am 7. Oktober 2023, beleuchtet Reumschüssels Romandebüt historische Fakten und Ursprünge des Nahost-Konflikts. „Dabei fühlt es sich nicht so an, als würde ich ein Geschichtsbuch lesen“, so Moderatorin Anne Sauer und hob das geschickt eingeflochtene Sachwissen der in Stendal (Sachsen-Anhalt) lebenden Journalistin Reumschüssel hervor. „Dieses Buch ist wie ein Gespräch – und eine Geschichte hat immer zwei Seiten“.

Der Roman, der auf zwei Zeitebenen – 1947/1948 und 2023 – in Jerusalem spielt und in dem sich vier Menschen begegnen, gibt Hoffnung. Immer dann, wenn sich Menschen persönlich begegnen; sich sehen und wahrnehmen, (über den Dächern) miteinander sprechen.
Die Faszination des Lesens brachten während der rund eineinhalbstündigen Preisentscheidung Schüler:innen des neunten Jahrgangs der Halepaghen-Schule Buxtehude mit einem kurzen Theaterstück und dem ohrwurmverdächtigen Rap „Der Leser“ auf den Punkt.

Zwei Jugendliche gehörten auch zu den Viellesern der diesjährigen Jury, die sich über sieben Bundesländer verteilte. Sie lasen bis zu 40 Bücher der 80 Titel umfassenden Longlist. In diesem Jahr gab es außerdem eine „traumhafte Männerquote mit drei Männern bei den Erwachsenen und vier bei den Jugendlichen“, so Projektleiterin Melanie Hainke. Auch das gab es vorher noch nie.

Die offizielle Preisverleihung des „Buxtehuder Bullen“ mit den beliebten „BullenKulturTagen“ ist für den 7. November geplant.

Das Buch

2023: Anat hat ihren Wehrdienst angetreten und trifft bei einer Übung im Westjordanland auf Karim, einen jungen Palästinenser. Beide sind wie gelähmt vor Angst, doch Karim bringt sie im Schutz der Dunkelheit zurück nach Jerusalem. Als er selbst bei einer Demonstration festgenommen wird, setzt sich Anats Mutter für ihn ein …
1947/1948: Tessa kommt als Halbwaise nach Palästina und begegnet in Jerusalem Mo, dessen Familie von dort vertrieben wurde. 1947/1948: Tessa kommt als Halbwaise nach Palästina und begegnet in Jerusalem Mo, dessen Familie von dort vertrieben wurde. Sie freunden sich an, doch in den Kämpfen nach der Staatsgründung Israels trennen sich ihre Wege. Wird es ihren Enkeln gelingen, sich zu versöhnen?

Der Preis

Der Buxtehuder Bulle ist einer der renommiertesten und traditionsreichsten deutschen Literaturpreise. Er wurde 1971 von dem Buxtehuder Buchhändler Winfried Ziemann initiiert. Der Preis ist mit 5.000 Euro dotiert. Ziel des Buxtehuder Bullen ist es, Jugendliche für das Lesen zu begeistern und die Verbreitung guter Jugendbücher zu fördern. Durch die traditionell paritätische Zusammensetzung der Jury aus elf Jugendlichen und elf Erwachsenen bildet der Preis seit über 50 Jahren erfolgreich die Schnittstelle zwischen literarischer Qualität, Lektürevorlieben Jugendlicher sowie Themen, die Jugendliche und Literaturexperten gemeinsam bewegen. In seiner Zielsetzung und seinem Verfahren ist der Preis einzigartig im deutschsprachigen Raum.

Die Autorin

Anja Reumschüssel, geboren 1983, arbeitet als Autorin und Reporterin in Deutschland und weltweit. Sie hat Publizistik, Soziologie und Theologie studiert, die renommierte Henri-Nannen-Journalistenschule in Hamburg absolviert und längere Zeit in Israel gelebt und recherchiert. Als freie Journalistin schreibt und produziert sie Videos, unter anderem für den STERN, GEO Wissen, ze.tt und Spiegel Online. Für ihr Jugendsachbuch über „Extremismus“ wurde sie bereits mit dem Deutschen Jugendliteraturpreis ausgezeichnet.„Über den Dächern von Jerusalem“ ist ihr erster Jugendroman, für den sie ebenfalls für den Deutschen Jugendliteraturpreis 2024 nominiert ist.

Anja Reumschüssel
Über den Dächern von Jerusalem
CARLSEN | 329 Seiten | 16 Euro
Empfohlen ab 14 Jahre

Redakteur:

Nicola Dultz aus Buxtehude

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