Dow-Chemiefabrik - ein ökologischer Musterknabe?
bc. Stade. Dow gehört schon fast zu Stade wie die Obstbauern zum Alten Land. Entsprechend häufig wird die riesige, ca. 550 Hektar große Industrieanlage auf Bützflethersand von hochrangigen Politikern besucht. So wie in der vergangenen Woche gleich zweimal: Am Mittwoch war Bernd Althusmann da, CDU-Spitzenkandidat für die Landtagswahl im Januar. Am Freitag verschaffte sich dann SPD-Ministerpräsident Stephan Weil einen Überblick über die scheinbar endlosen Rohrleitungen der Chemiefabrik. Sein - bewusst etwas übertrieben formuliertes - Fazit klingt für viele überraschend: „Die Dow entwickelt sich ja offenbar zum ökologischen Musterknaben.“ Umweltschützer würden diesen Satz vermutlich so nicht unterschreiben.
Denn man muss wissen: Die Dow in Stade ist verantwortlich für ein Prozent des nationalen Stromverbrauchs. Auch deswegen plant das Unternehmen seit Jahren ein eigenes Industriekraftwerk. Noch bewegen sich allerdings dort, wo nach ursprünglichen Dow-Planungen in diesem Jahr mit dem Bau begonnen werden sollte, etliche Bäume im Wind.
Wie berichtet, legte Ende 2015 ein Bündnis mit dem Umweltverband BUND an der Spitze Klage gegen den von der Stader Politik 2014 beschlossenen Bebauungsplan für das Kraftwerk ein. Laut Auskunft von Stades Bürgermeisterin Silvia Nieber, die beim Weil-Termin am Freitag mit dabei war, soll die Verhandlung vor dem Oberverwaltungsgericht aber erst im Herbst beginnen. Dabei geht es auch um formale Fehler bei der Festsetzung des Sondergebietes im B-Plan.
Die Dow ist stolz darauf, dass sie ein besonders innovatives Konzept entwickelt hat. Es soll ein modernes Kraftwerk mit einem Brennstoff-Mix aus Kohle, Gas, Wasserstoff und Biomasse gebaut werden. Die ganzjährige Kraft-Wärme-Koppelung ergebe eine hohe Gesamt-Energieausbeute mit einem Wirkungsgrad bis zu 60 Prozent. Stephan Weil zeigte sich beeindruckt.
Auch der Besuch von CDU-Mann Althusmann stand unter dem Motto „Energie“. Seine Botschaft: „Wir wollen, dass der Industriestandort Stade nicht nur erhalten, sondern nachhaltig gestärkt wird.“ Insbesondere die Entwicklung der Strompreise spiele dabei eine entscheidende Rolle. Für das Industriekraftwerk sicherte Althusmann seine politische Unterstützung zu. Überhaupt geben die Produktionsverfahren bei Dow ideale Beispiele, wie die Energiewende gelingen könne, betonte der CDU-Politiker. Am Standort Stade könnte zukünftig durch das Prinzip „power to gas“ überschüssige Windenergie in Wasserstoff umgewandelt und so speicherbar werden. Darüber hinaus bietet sich das Dow-Werkgelände für ein nationales LNG-Terminal (Flüssiggas) an.
Strategisch wichtiger Chemie-Standort
Das Dow-Werk in Stade ist nach eigenen Angaben das bedeutendste Chemie-Werk Niedersachsens. Der Seehafen und die Steinsalzvorkommen in der Region tragen dazu bei, dass Stade mit seinen 16 Produktionsanlagen ein strategisch wichtiger Standort für die chemische Industrie ist. Rund 1.200 Menschen arbeiten in Stade direkt für Dow, rund 500 für Partnerfirmen auf dem Gelände (Olin, Trinseo). Ein Vielfaches an Arbeitsplätzen bei Fremdfirmen und Zulieferern hängt von Dow in Stade ab. Das Gesamt-Produktionsvolumen beträgt netto 2,7 Mio. Tonnen.
Redakteur:Björn Carstens aus Buxtehude |
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