Die Werft hat seit Monaten keine Löhne mehr gezahlt
Pella Sietas: Insolvenz trotz guter Aufträge

Die Pella Sietas Werft an der Estemündung wird in die Insolvenz gehen | Foto: sla
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tk. Neuenfelde. Eine zumindest zufriedenstellende Auftragslage und dennoch der Weg in die Insolvenz: Die Pella Sietas Werft in Neuenfelde hat am Donnerstag einen Antrag auf die Eröffnung eines Insolvenzverfahrens gestellt. Corona und die allgemein schwierige Lage auf dem Schiffbausektor hätten zu Liquiditätsproblemen geführt, so Werftchefin Natallia Dean. Sie geht aber davon aus, dass Deutschlands älteste Werft trotz der aktuell finanziellen Schieflage eine Zukunft hat. Für das Unternehmen ist es die zweite Insolvenz in kurzer Zeit. 2014 hatte die in St. Petersburg ansässige Pella Shipyard die Sietas Werft übernommen.

Pella Sietas: Auf der Werft wird weiter gearbeitet

Emanuel Glass, Zweiter Bevollmächtigter der IG Metall Region Hamburg, ist vom Schritt in die Insolvenz nicht überrascht:. "Seit April wurden schon keine Löhne mehr gezahlt." Zurzeit arbeiten noch 290 Menschen auf der Werft. Aufgrund der ausbleibenden Lohnzahlungen hätten bereits einige Mitarbeiter Pella Sietas verlassen.
Hauptgrund für den Insolvenzantrag: ein Liquiditätsengpass. Es habe keine weiteren Kredite mehr gegeben, so der IG Metall-Vertreter. Die Hausbank habe kein Geld mehr geben wollen und der Eigentümer, Pella Shipyard aus Russland, konnte die Löcher nach Angaben von Glass ebenfalls nicht mehr stopfen. Das sei in den vergangenen Jahren mehrfach geschehen. Ein weiteres wirtschaftliches Problem war anfangs die Ausrichtung der Werft: Pella Shipyard wollte in Deutschland für den russischen Markt bauen lassen. Nach der Annexion der Krim durch Russland 2014 brachten die Sanktionen der EU diesen Plan zu Fall.

Auf der anderen Seite: Die Auftragsbücher sind unter anderem mit einem Eisbrecher und einem Saugbagger sowie einer Fähre gefüllt. Das heißt: Die Werft könnte mit einem neuen Investor eine Zukunft haben. "Wir fordern daher einen starken Insolvenzverwalter", sagt Emanuel Glass, der auf die Fortführung des Unternehmens setzt.

Sowohl die IG Metall jetzt als auch früher schon Werftchefin Natallia Dean hatten in den vergangenen zwei Jahren immer wieder darauf hingewiesen, dass das Schlickproblem gelöst werden müsse. Das Hafenbecken der Werft ist so stark verschlickt, dass ein problemloses Ausdocken häufig nicht möglich ist. Erst mit einer kostenaufwändigen Spülung wird das Hafenbecken frei. Dafür ist aber jedes Mal eine Sondergenehmigung notwendig. Dean hatte vehement Hilfe vom Hamburger Senat gefordert, um den Standort zu sichern. Pella Sietas hatte vor rund zwei Jahren deswegen schon erwogen, die finanziell angeschlagene FSG Werft in Flensburg zu übernehmen, um freien Zugang zum Wasser zu bekommen. Das aber hätte zu einem Jobabbau in Neuenfelde geführt. Die Pläne sind jedoch gescheitert. IG-Metall-Vertreter Glass spricht davon, dass es zielführende Gespräche dazu gegeben habe und eine Spülleitung in Planung sei. "Das ist entscheidungsreif", so Glass. Was wiederum eine entscheidende Voraussetzung für einen Investor sein dürfte, der Pella Sietas aus der Insolvenz holen will.

"Wir sind überzeugt, dass Pella Sietas eine Zukunft hat"

(tk). Pella-Sietas-Geschäftsführerin Natallia Dean nimmt Stellung zur Eröffnung des Insolvenz-verfahrens.
Wie es ist zum Weg in die Insolvenz gekommen?
Natallia Dean: "Die durch die Corona-Pandemie verursachten Liquiditätsengpässe und die dramatische wirtschaftliche Situation im deutschen Schiffbau haben leider zur Zahlungsunfähigkeit geführt. Das ist für uns ein äußerst schmerzhafter Schritt. Wir haben mit aller Kraft dafür gekämpft, dass so etwas nicht nötig wird. Die teilweise historisch beispiellosen Ereignisse der letzten Monate lassen uns leider keine andere Möglichkeit."

Wie hoch sind die Verbindlichkeiten und warum gab es keinen Liquiditätskredit mehr?
"Bitte haben Sie Verständnis dafür, dass wir hierzu zum gegenwärtigen frühen Zeitpunkt des Prozesses aus rechtlichen und formalen Gründen sowie grundsätzlichen Erwägungen keine Auskunft geben können."

Wie beurteilen Sie die Zukunftsaussichten von Pella Sietas?
"Wir sind überzeugt, dass Pella Sietas eine Zukunft hat. Unsere Werft verfügt auch im Vergleich über eine hervorragende Auftragslage für die kommenden Jahre. Das ist eine gute Grundlage, auf der wir aufbauen können. Wir werden daher das Insolvenzverfahren nutzen, um uns für die Zukunft neu aufzustellen und die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit wieder zu stärken."

Natallia Dean | Foto: Pella Sietas
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Gibt es aus Ihrer Sicht mittlerweile eine Lösung für das Schlickproblem?
"Wir sind weiterhin in Gesprächen mit der Hamburger Wirtschafts- und der Umweltbehörde und haben gute Signale, dass zeitnah ein tragfähiges Lösungskonzept genehmigt wird. Wir hoffen sehr, dass dieses lang andauernde Problem damit dann endlich abgeschlossen ist."

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Natallia Dean | Foto: Pella Sietas
Redakteur:

Tom Kreib aus Buxtehude

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