Das große Zittern um Werder
bc. Assel. Einer wie Gerd Wetegrove (57) ist eine seltene Spezies. Seit mehr als 40 Jahren schlagen zwei Herzen in seiner Brust. Das eine pocht für den Fußball-Bundesligisten Hamburger SV, das andere für den Erzrivalen Werder Bremen. Letzterer Verein ist vor dem finalen Spieltag akut abstiegsgefährdet. Gegen Eintracht Frankfurt muss im Weserstadion (Anstoß heute um 15.30 Uhr) ein Sieg her, nur dann ist der Klassenerhalt sicher. "Notfalls gehe ich mit Werder in die 2. Liga. Das habe ich 1980 schon einmal mitgemacht", sagt der Mann aus Assel im Kehdinger Land.
Üblicherweise sind sich HSV- und Werder-Fans spinnefeind. Der eine gönnt dem anderen nicht das Schwarze unter dem Fingernagel. Bei Gerd Wetegrove ist das anders. Er ist seit über vier Dekaden Besitzer von Dauerkarten für beide Clubs, hat rund 1.700 Spiele in der Liga, im Pokal und im Europapokal gesehen.
An diesem Samstag fiebert er aber nur mit den Bremern, die Hamburger haben keine Abstiegssorgen mehr. "Mit den Jahren bin ich gelassener geworden, aber aufgeregt bin ich natürlich trotzdem."
Wie immer geht es um 12 Uhr los. Rituale sind wichtig. Am P+R-Platz "Hemelinger Hafendamm" steigen er und sein Bruder Udo, der ebenfalls Fan beider Vereine ist, in den Shuttle-Bus. Der Kribbel-Faktor nimmt zu. Zur Beruhigung gibt es ein, zwei Haake-Beck und eine Wurst. Wie immer am gleichen Stand vor dem Stadion. Danach nehmen die Brüder ihre Sitzplätze unweit der Pressetribüne ein.
Gerd Wetegrove ist ein Fußball-Fan alter Schule. Er nennt sich selbst einen Dinosaurier. Eine über die Jahrzehnte leicht sparkig gewordene Kutte voller Aufnäher, ein selbstgestrickter Schal und die grün-weiße Schieber-Mütze sind Standard-Bestandteile seines Stadion-Outfits. Weil Wetegrove kein Anhänger von Werders Hauptsponsor ist, einem großen Gefügelproduzenten, ("Ich ess doch keine Hähnchen"), hat er sich extra ein Trikot mit "Becks"-Werbung anfertigen lassen.
Genauso geht Gerd Wetegrove auch heute ins Stadion. Wie ein echtes Urgestein eben. Vermutlich wird er dann wieder nicht drum herumkommen, fotografiert zu werden. "Ich musste mich schon oft mit japanischen Fans knipsen lassen. Aber dass mache ich gerne."
Wir bleiben erstklassig
(kb). Beim WOCHENBLATT herrscht schon aus Prinzip Optimismus. "Werder gewinnt gegen Frankfurt", sind sich Katja Bendig und Martin Roesnick sicher. Das einzige, was die hoffnungsgeladene Stimmung der Bremen-Fans derzeit trübt, sind die Kollegen aus der HSV-Fraktion. Nach zwei qualvollen Jahren in der Relegation nutzen sie die ungewohnt entspannte Situation am Saisonende für den einen oder anderen spöttischen Unken-Ruf. Am Ende sind sich aber doch alle einige: Noch einen Nord-Club aus der Bundesliga zu verlieren, das wäre fatal. "Wir bleiben
erstklassig"
Redakteur:Björn Carstens aus Buxtehude |
Kommentare
Sie möchten kommentieren?
Sie möchten zur Diskussion beitragen? Melden Sie sich an, um Kommentare zu verfassen.