Zwei Extremwanderer aus Hollenbeck quälten sich 100 Kilometer durch Hamburg
Die ganz harte Tour
jd. Hollenbeck. So weit die Füße tragen: Eric Ebeling (39) und Sascha Bett (48) absolvierten einen Gewaltmarsch, der es in sich hatte. Die beiden Männer aus Hollenbeck nahmen in Hamburg am "Megamarsch" teil. Diese Wandertour kann selbst für zähe Burschen zur Tortur werden. Die 100 Kilometer lange Strecke führte rund um die Hamburger City. Die zwei gingen die Herausforderung ganz unterschiedlich an: Eric zog sein Ding durch und erwies sich als richtig "harte Sau", während Sascha spätestens ab der Hälfte der Strecke Schritt für Schritt mit seinem inneren Schweinehund zu kämpfen hatte. "Diese Extremmärsche liegen derzeit voll im Trend", berichtet Eric. Die Teilnehmer solcher Quäl-Dich-Touren per pedes wollen ihre Grenzen ausloten - sowohl körperlich als auch mental. Es hat sich eine richtige Szene entwickelt, und Eric gehört dazu. Der Industriemeister reist an Wochenenden quer durch die Republik, um Kilometer abzureißen. Ein paar Veranstalter haben sich mittlerweile auf solche Wanderevents spezialisiert. Die steigenden Teilnehmerzahlen zeigen, dass das Interesse an solchen Aktionen groß ist.
In Hamburg gingen rund 4.500 Wanderer an den Start. Doch gerade mal 1.000 erreichten innerhalb der vorgegebenen 24 Stunden das Ziel. "Das Ganze ist eben kein Zuckerschlecken und viele überschätzen sich", meint Eric, der bei allen seinen Märschen bisher zu den "Finishern" gehörte. Ankommen ist für ihn alles, nur "dabei sein" nichts. Und wer Sprüche klopft wie "Der Weg ist das Ziel", weiß gar nichts von der Psyche eines Megamarschierers. "Die Willenskraft ist entscheidend, wenn man ankommen will, und nicht die Kondition", lautet Erics Credo.
Im Gegensatz zu "Kilometerfresser" Eric ist Sascha blutiger Anfänger. Der Fotograf ging ohne große Vorbereitung an den Start und musste dafür bitter Lehrgeld zahlen. Bereits 20 Kilometer nach dem Start in Finkenwerder konnte Sascha das Tempo seiner vier Weggefährten aus dem Hollenbecker Team nicht mithalten. Er marschierte in seinem eigenen Trott weiter und kämpfte die restliche Strecke dagegen an, einfach stehenzubleiben und aufzugeben. "Es war die Hölle", sagt Sascha. "Erst wollte ich schon bei 40 Kilometern aufhören, dann habe ich mir gesagt, 20 Kilometer schaffst du noch und dann ist Schluss."
Doch es kam anders: Eine andere Gruppe, die später gestartet war, gabelte Sascha auf - mit den Worten: "Dich ziehen wir mit durch!" Aufgeben war für den Hollenbecker nun nicht mehr drin. "Das war eine Gang aus dem Fitnessstudio. Die haben mich gar nicht groß gefragt, ob ich noch weiterlaufen will." Den schlimmsten Durchhänger habe er eine Stunde vor Morgengrauen gehabt. "Die Nacht wollte einfach nicht enden." Doch der Sonnenaufgang sei ein richtiger Motivationsschub gewesen. Ein zusätzlicher Ansporn war für Sascha schließlich die Nachricht, dass seine Frau mit den beiden Kindern am Ziel auf ihn wartet.
Da war Eric schon längst angekommen: Er benötigte rund 19 Stunden für die 100 Kilometer-Distanz. Seine Taktik: laufen, laufen, laufen - und auf keinen Fall einen Stopp an den Versorgungsstationen einlegen, die alle 20 Kilometer aufgebaut waren. Als Verpflegung hatte er leichte Kost dabei: zwei geschälte Äpfel. Dazu drei Liter Wasser, versehen mit Salz und einem Schuss Apfelsaft, damit er das "Gemisch" überhaupt hinunterbekommt.
Ganz anders als der Profi-Marschierer vorn, machte es der Amateur-Wanderer: Sascha nutzte jeden Zwischenstopp, legte zusätzliche Raucherpausen ein. Sich danach wieder in Bewegung zu setzen, kostete jedesmal Überwindungskraft, auch wegen der schmerzenden Blasen an den Füßen. Bei Eric hingegen von Blasen keine Spur. Sein Geheimnis: Die Füße mit Hirschtalg einreiben und die empfindlichen Stellen tapen.
Eric hat sich bereits für fünf weitere Märsche angemeldet, Sascha weiß noch nicht, wie er mit der frisch gemachten Erfahrung umgehen soll. Kurz nach seiner Ankunft im Ziel habe er noch gedacht: "Diesen Scheiß mache ich nie wieder." Einen Tag später habe er bereits gegoogelt, wo das nächste Event stattfindet. "Mal sehen, ob ich mich noch mal quälen will."
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