Altersteilzeit mit 58 - aber nur für verbeamtete Lehrer
tk. Landkreis. Mit dem vollendeten 58. Lebensjahr Rentner werden. Das können künftig verbeamtete Lehrerinnnen und Lehrer in Niedersachsen. Ein neues Modell zur Altersteilzeit, das der Landtag Ende Dezember beschlossen hat, sieht diesen frühen Übergang ins Rentnerdasein vor. Voraussetzung: Der Pädagoge ist einverstanden, dass er während der Altersteilzeit bis zur regulären Pensionierung 70 Prozent der letzten Nettobezüge bekommt. Angesichts der aktuellen Debatte, ob freiwillige Arbeit bis zum 70. Lebensjahr ein Zukunftsmodell sein könnte, ist dieser Vorstoß überraschend.
So funktioniert das neue Blockmodell: Lehrer gehen mit ihrer Arbeitszeit in Vorleistung. Das heißt: 100 Prozent Arbeit bei 30 Prozent geringeren Bezügen. Diese Phase dauert sechs Schulhalbjahre. Danach folgt die Freistellungsphase bei gleicher Bezahlung. Freistellung bedeutet: Nicht weniger, sondern gar keine Stunden mehr. Der Antrag auf Altersteilzeit kann ab dem 55. Lebensjahr gestellt werden. Grundsätzlich, so das Kulturministerium, bleibe es bei der Rente mit 60. Neben diesem Blockmodell sind weitere nach Schuljahren gestaffelte Übergänge in die Altersteilzeit möglich.
Das Niedersächsische Kultusministerium erklärt auf WOCHENBLATT-Nachfrage: "Keine andere Berufsgruppe kann auf ein solches Modell zurückgreifen." Die Lehrergewerkschaft GEW begrüßt das neue Modell grundsätzlich. Bisherige Regelungen zur Altersteilzeit seien unattraktiv gewesen.
Ist das Blockmodell ein Zukunftsmodell oder eine Beruhigungspille für Lehrer, die sauer auf Rot-Grün sind, weil Mehrarbeit - etwa an Gymnasien - für das gleiche Geld geleistet wird? Kultusministerin Frauke Heiligenstadt (SPD) wird in vielen Medien mit den Worten zitiert, dass Lehrer, deren Job im Alter mit Belastungen verbunden sei, nun spürbar entlastet werden. Lehrerverbände führen dagegen ins Feld, dass der Verzicht auf 30 Prozent des Einkommens nicht hinnehmbar sei und vom Beamtenbund kommt die Forderung, diese Regelung auch anderen Staatsdienern möglich zu machen.
Probleme dürfte dieser Weg vor allem den Schulen bereiten. Schätzungen zufolge wollen mindestens 1.000 verbeamtete Lehrer pro Jahr von der neuen Altersteilzeit Gebrauch machen. In Altersteilzeit sind bislang nur rund 300 Lehrer pro Jahr gegangen. Zudem richtet sich das neue Blockmodell auch ausdrücklich an Schulleitungen. Ein Sprecher des Kultusministeriums berichtet, dass die Anfragen von Lehrern und Schulleitern in den vergangenen Wochen zugenommen habe.
Praktiker aus den Reihen der Schulleiter, mit denen das WOCHENBLATT gesprochen hat, befürchten einen Aderlass bei den Leitungen kleiner Grundschulen auf dem Land. "Da geht doch keiner hin", so ein Schulleiter. Er kenne genug Kollegen, die darüber nachdenken, diese neue Altersteilzeit zu nutzen. Schon heute sind 144 von 1.648 Schulleiterstellen in Niedersachsen unbesetzt, so die offiziellen Zahlen aus dem Ministerium. Außerdem, so der Schulleiter, weite sich der Fachkräftemangel aus. "Bestimme Fachlehrer müssen wir erst gar nicht suchen. Es gibt sie nicht", sagt er.
Der CDU-Landtagsabgeordnete Kai Seefried, schulpolitischer Sprecher seiner Fraktion, zweifelt nicht daran, dass Lehrer entlastet werden müssen. Neben Grundsatzkritik an der rot-grünen Bildungspolitik sieht er jedoch einen weiteren Haken: Wenn die Stellen der Lehrer in Altersteilzeit in der Statistik weitergeführt werden, werden sie nicht neu besetzt. Dann käme es in der Tat bei Schulleitungen und Fachlehrern zum Mangel. Das Kultusministerium sieht darin kein Problem: Ältere Lehrkräfte machten Platz für Jüngere. Das gelte auch für Schulleiterstellen.
Die 30 Prozent Einkommenseinbußen, so ein Schulleiter gegenüber dem WOCHENBLATT; könne er zu Not ausgleichen. "Dann gebe ich eben Volkshochschulkurse." Der Pädagoge sieht im neuen Blockmodell ohnehin keine Wohltat für Lehrer: "Je mehr auf 30 Prozent Einkommen verzichten, desto stärker werden die Kassen des Landes entlastet."
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